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Amy Tan im Interview zu »Das Kurtisanenhaus«

»In Shanghai erfasst mich immer Ehrfurcht«

Amy Tan über ihre Wurzeln und die Ideen hinter ihrem neuen Roman "Das Kurtisanenhaus"

Amy Tan
© Julian Johnson
DAS KURTISANENHAUS spielt überwiegend in Shanghai, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Was verbindet Sie mit dieser Stadt?

Ich sehe mich selbst als Amerikanerin, weil ich in Amerika geboren und aufgewachsen bin. Aber in mir sind auch die Wurzeln des Geistes und Selbstverständnisses einer Shanghaier Familie. Viele meiner Verwandten lebten, arbeiteten, liebten, litten und entwickelten ihr Selbstverständnis in Shanghai. Ihre Lebensverhältnisse und Entscheidungen wurden von einem einzigartigen Ort geprägt – einer internationalen Stadt, die weltoffen, aufregend und auf mondäne Weise exklusiv war. In Shanghai wurden in einer Periode des explosiven Außenhandelswachstums die Maßstäbe für sozialen Status und Macht neu definiert. Die Menschen machten ihr Glück und schmiedeten Allianzen mit Fortwirkungen bis in die heutige Zeit. In meiner Familie gibt es sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits Mitglieder, die im Außenhandel beschäftig waren und Englisch gelernt hatten. Andere spielten in politisch bewegten Zeiten eine wichtige Rolle.

Meine Shanghaier Seele zeigt sich in meiner Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen und Chancen. Aber sie dringt auch als Warnung aus einer früheren Zeit zu mir durch: hellsichtig und wachsam gegenüber Leuten zu sein, die nach dem Niedergang anderer trachten; sich bewusst zu sein, dass einem alles, was man besitzt – seien es Reichtum, Ansehen oder der Mensch, den man liebt – von einem Moment auf den anderen genommen werden können; dass das, was die Leute von einem halten, weniger zählt als das, was sie von sich selbst halten, und dass man folglich gut daran tut, sich selbst zu kennen, um dort draußen überleben zu können. Diese Warnungen entstammen dem Vermächtnis der Frauen meiner Familie und dem, was ihnen in Shanghai widerfahren ist.

Zwischen der Veröffentlichung Ihres letzten Buches „Der Geist der Madame Chen“ („Saving Fish from Drowning“) und dem Erscheinen von DAS KURTISANENHAUS („The Valley of Amazement“) liegen acht Jahre. Sie haben auch deshalb so lange für Ihren neuen Roman gebraucht, weil Sie zunächst an einem anderen Manuskript gearbeitet hatten, bis Sie eine unerwartete Entdeckung dazu brachte, über das Schicksal einer Kurtisane zu schreiben. Bitte erzählen Sie etwas darüber, wie Sie auf das Thema Ihres neuen Romans stießen?

Ich hatte schon 200 Seiten eines anderen Romans geschrieben, als ich in einem Buch über Shanghai Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts auf ein bemerkenswertes Foto stieß: Es zeigte zehn Frauen, die die für Kurtisanen typische Kleidung trugen – ein mit kleinen Perlen besticktes Haarband, eine enge Jacke mit Stehkragen und figurbetonte Hosen. Dieselbe Kleidung trägt meine Großmutter auf dem Foto, das auf meinem Schreibtisch steht. Es wurde etwa zur selben Zeit aufgenommen, im Jahr 1910. Sie können sich vorstellen, wie verblüfft ich war. Warum trug meine sittsame Großmutter diese Kleidung? Man hatte mir immer erzählt, sie sei eine traditionsbewusste, altmodische, wortkarge Frau gewesen, die zurückgezogen in ihrem Haus lebte, nachdem sie Witwe geworden sei.

Ich fand noch mehr Bilder von ihr, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren aufgenommen worden waren, jedes ungefähr so klein wie ein Daumennagel. Ich vergrößerte sie und sah weitere Details, die mich erschütterten – eng anliegende Kleidung, eine aufreizende Pose, gewagte Frisuren, eine herausfordernde Aufmachung. Gewiss war meine Großmutter weder altmodisch noch sah sie aus, als habe sie brav zu Hause gesessen. Ich befragte Verwandte, um Einzelheiten über das Leben meiner Großmutter und ihrer Familie herauszufinden. Und ich las alles, was ich über Kurtisanen und das Leben in Shanghai zu dieser Zeit in die Hände bekommen konnte. Schließlich gab ich den anderen Roman auf und begann einen neuen, der in einem Kurtisanenhaus spielt.

Kurtisanen waren alles andere als gewöhnliche Prostituierte. War es erstrebenswert für eine junge Frau, diese Laufbahn einzuschlagen?

Ich glaube nicht, dass die meisten jungen Mädchen es anstrebten Prostituierte zu werden. Vielleicht hatten sie verklärte Vorstellungen über Kurtisanen, die so etwas waren wie heutige Popstars – vergängliche Ikonen der Popularität. Vielleicht waren sie neidisch auf die Freiheiten der Kurtisanen, die damals größer waren als die Freiheiten aller anderen Frauen in der Gesellschaft, einschließlich der Ehefrauen. Sie entschieden, wer von ihren Verehrern in den Genuss von Intimitäten kam. Sie nahmen sich Liebhaber, oft auch heimlich, wenn sie mit einem Patron einen Vertrag geschlossen hatten. Sie konnten sich ohne Begleitung in der Öffentlichkeit bewegen und trugen ausgefallene Modekreationen, die sie selbst entworfen hatten. Sie feierten bis in die Nacht hinein und standen erst mittags auf. Sie ließen sich fertige Speisen liefern. Aber diese ganzen Freiheiten genossen sie nur vorübergehend. Wenn ihre Blütezeit vorbei war, hatten die „Blumen“ ihre Schuld zu begleichen und sich aus dem Beruf zurückzuziehen. Im Idealfall hatten sie genug gespart, um ihr eigenes Kurtisanenhaus eröffnen zu können, oder sie hatten einen Patron gefunden, der bereit war, sie als Konkubine (Zweitfrau) zu nehmen. Aber einige Kurtisanen weigerten sich, ihre Erwartungen an das künftige Leben zurückzuschrauben. Eine der beliebtesten Kurtisanen des frühen 20. Jahrhunderts landete opiumsüchtig in der Gosse und starb jung.

DAS KURTISANENHAUS enthält eine umfangreiche Passage unter dem Titel „Etikette für die Schönheiten des Boudoirs“. Es handelt sich dabei um eine Art „Kurtisanen-Knigge“, der alle wichtigen Verhaltensregeln bis hin zur Anwendung sexueller Praktiken umfasst.
Wie haben Sie dieses Wissen recherchiert?


Ich stützte mich dabei auf drei wissenschaftliche Bücher über Kurtisanenkultur. Die Autoren waren darüber hinaus so nett, sich per E-Mail mit mir auszutauschen. Ihre Forschungen eröffneten mir, was sich in einem Kurtisanenhaus abspielte – wer das Haus führte, wie die Einnahmen verteilt wurden, wie Kurtisanen angeworben oder gefangen wurden und an welchen Merkmalen man ein erstklassiges Kurtisanenhaus erkennen konnte. Ich erhielt Einblick in Statistiken über das Durchschnittsalter, in dem Mädchen ihre Laufbahn als Kurtisane begannen und in dem sie wieder aus dem Geschäft gedrängt wurden. Darunter befanden sich auch Statistiken, auf welche Art Mädchen in die Prostitution verstrickt wurden und wie viele Kurtisanen lesen und schreiben konnten.

Für das nötige Insiderwissen untersuchte ich zahlreiche Quellen – angefangen bei alten Fotografien in einem Museum über Bücher zu erotischen Praktiken in China sowie über erotische chinesische Malerei von Konkubinen und Kurtisanen bis hin zu Hinweisen in Shanghaier Boulevardzeitungen, die Klatsch über Kurtisanen verbreiteten. Außerdem las ich den Roman Jin Ping Mei, von dem man sagen könnte, dass er, in ungekürzter Form zumindest, Chinas größter literarischer Roman ist. Bei den Editionen allerdings, die auf die Sexszenen beschränkt sind, handelt es sich um den in China am häufigsten verbotenen pornografischen Roman.

Eine der erhellendsten Quellen war ein Roman, der in der englischen Übersetzung „The Sing Song Girls of Shanghai“ heißt. 1894 von Han Bangging veröffentlicht, einem Shanghaier Journalist und Stammgast in Kurtisanenhäusern, könnte man das Buch als fiktionalisierte Memoiren bezeichnen, die auf den nächtlichen Streifzügen des Autors durch Kurtisanenhäuser beruhen. Es vermittelte mir einen Einblick in die turbulenten Beziehungen, die Kurtisanen untereinander, aber auch zu ihren Kunden, Bediensteten, Konkurrentinnen und Geliebten unterhielten. Ich konnte dadurch sowohl die Geschäfts- als auch die Gefühlsseite dieser Welt kennenlernen.

Ist es Ihnen schwergefallen, ausführlich und detailliert über Sex zu schreiben?

Aus verschiedenen Gründen fand ich es abschreckend, detailliert über Sex zu schreiben. Einer ist, dass es eine Menge Romane mit miserablen Sexszenen gibt – entweder sind sie zu verschämt, zu plastisch, zu wollüstig oder zu klischeehaft. Außerdem war ich befangen, weil viele Leser glauben, meine Geschichten seien alle autobiographisch. Beim Lesen der Sexszenen kämen Sie vielleicht auf die Idee, ich vollzöge literarisch Striptease.

In der Welt der Kurtisanen kultivieren die Frauen eine Sprache der Diplomatie, sie verschleiern Gefühle geschickt durch Schauspielerei und verwenden blumige Umschreibungen, statt Dinge direkt beim Namen zu nennen. Wie ist es Ihnen gelungen, diesem Kommunikationsstil auf die Spur zu kommen und die passenden Ausdrücke zu finden?

Jede Subkultur hat ihre eigenen Codewörter, ihre unausgesprochenen Verhaltensregeln, ihre Umschreibungen, ihre nonverbalen Zeichen, ihre diskrete Art, Bedürfnisse, Zustimmung, Missfallen usw. zum Ausdruck zu bringen. So verhält es sich auch in der Welt der Kurtisanen. Mit anderen Worten, jeder Beteiligte weiß, was der andere versucht mitzuteilen und kann das entweder bewusst übergehen oder den Ball aufnehmen. Die Kurtisanen in meinem Roman verhalten sich nur dann scheu, wenn eindeutig feststeht, dass jeder weiß, worum es geht. Als geschickte Unterhändlerinnen steuern sie ein Ziel nie direkt an. Ihre diplomatische Sprache zeugt nicht von ehrlicher Zurückhaltung oder gespielter Sittsamkeit, sondern beruht allein auf psychologischem Geschick.

Im Zentrum Ihres Romans stehen drei Frauen: Die Amerikanerin Lulu, die in Shanghai ein angesehenes Kurtisanenhaus erster Klasse betreibt, ihre Tochter Violet und „Zauberkürbis“, die chinesische Mentorin und mütterliche Freundin Violets. Es sind starke Frauen, die eine besondere Eigenschaft auszeichnet. In China würde man diese Frauen als „Lihai“ bezeichnen. Können Sie erklären, was darunter zu verstehen ist?

Lihai würde man mit “stark” oder „leidenschaftlich“ übersetzen. Aber die genaue Bedeutung erschließt sich erst aus dem Zusammenhang. Eine Mutter würde ihre wilde, ungehorsame Tochter lihai nennen. Als lihai beschreibt man auch jemanden, der schlechtgelaunt, stur und widerspenstig ist. Eine Frau würde eine andere aber auch anerkennend als lihai bezeichnen, weil sie hartnäckig dafür gekämpft hat, etwas durchzusetzen, das ihr rechtmäßig zusteht. All diese Bedeutungsnuancen findet man im Wesen meiner drei Hauptfiguren wieder. Sie sind rebellisch, haben einen unbändigen Freiheitsdrang und kämpfen unermüdlich für sich selbst und die, die sie lieben.

Eine der markantesten Persönlichkeiten Ihres Romans ist die ehemalige Kurtisane „Zauberkürbis“ (“Magic Gourd“). Sie ist nicht nur Lehrerin, Beschützerin und Mutter-Ersatz für Violet, sondern durch sie werden auch ernüchternde Wahrheiten über das Los chinesischer Frauen enthüllt. Wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, Violet diese Begleiterin an die Seite zu stellen?

Ich hatte nie vor, Zauberkürbis eine so wichtige Rolle im Buch zu geben. Sie trat auf den Plan, als ich einen Etikette-Ratgeber für Kurtisanen aufnehmen wollte. Indem ich Zauberkürbis die Rolle der Ratgeberin übertrug, konnte ich die Einzelheiten freimütig, humorvoll und geschäftsmäßig ausführen. Und kaum dass sie ihre Aufgabe erfüllt hatte, hatte sich Zauberkürbis bereits unabkömmlich mitten im Roman festgesetzt. Es gefiel mir, mit ihrer Stimme zu erzählen. Ich hörte sie sprechen wie meine Mutter. Zauberkürbis ist unschuldig und verletzlich, aber zugleich klug und pragmatisch. Wenn sie versucht, augenscheinlich zaghaft zu sein, wirkt sie unfreiwillig komisch. Sie beurteilt die menschliche Natur scharfsinnig und wahrhaftig. Sie kann die Beweggründe der Menschen erkennen und nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie ist angeberisch, aber sich auch ihrer Schwächen bewusst. Sie ist schnell gekränkt, aber ebenso rasch bereit zu verzeihen. Sie ist die ideale Begleiterin für Violet und dient ihr bei ihrem Reifeprozess als Spiegelbild.

1925 verschlägt es Violet im Alter von Anfang 30 in ein einsam gelegenes Bergdorf fernab von Shanghai. Gibt es für diesen Ort ein Vorbild und falls ja, können Sie etwas mehr darüber erzählen, wo der Ort liegt und wie Sie ihn entdeckt haben?

2007 besuchte ich Dimen, ein Dorf der in China lebenden Volksgruppe der Dong. Es liegt in der Bergregion von Guizhou, einer der abgelegensten und ärmsten Provinzen Chinas. Die Gesangskultur der Dong und die Architektur der Häuser, Tempel und Brücken zogen mich in den Bann. Ich beschloss, über Dimen einen Beitrag für National Geographic zu schreiben. Noch bevor ich damit anfangen konnte, brannte ein Fünftel des Dorfes nieder, ein alter Mann kam ums Leben und sein Sohn wurde in einen Kuhstall verbannt. Über diese Geschichte berichtete ich später für das Magazin. Und der von Rauchwolken verhangene Ort wurde zur Inspiration für das Dorf Mondteich in meinem Roman.

Darüber hinaus machte ich Station in einem kleinen Dorf in der Provinz Anhui, wo ich in einem vierhundert Jahre alten Herrenhaus Quartier bezog, das über Generationen hinweg einem Kaufmann, seinen männlichen Nachkommen und deren zahllosen unglücklichen Frauen gehört hatte. Mein Zimmer war winzig und das Mobiliar war original aus dem frühen 20. Jahrhundert – was heißen soll, dass es abgeschlagen, verschrammt und morsch war. Der feuchtkalte Frühlingswind fegte durch die Bretter und Fensterläden und ich fror bis auf die Knochen. Obwohl ich fünf Kleidungsschichten übereinander trug, wurde mir nie warm. Genau so sind das Zimmer und das Haus in meinem Roman. Violet friert darin genauso wie ich.

Im Roman wird immer wieder ein Gemälde beschrieben, das ein Tal, umgeben von hohen Bergen zeigt: „Das Tal der Verwunderung“ („The Valley of Amazement“). Es birgt großen emotionalen Wert für Lulu und Violet und trägt eine hohe symbolische Bedeutung. Gibt es ein Bild, das Sie zur Beschreibung dieses Gemäldes inspiriert hat?

Vor etwa sieben Jahren besuchte ich während eines kurzen Berlinaufenthalts im Schnelldurchlauf mehrere Museen, darunter auch die Alte Nationalgalerie. Eines der Gemälde, die ich dort sah, zeigte eine phantastische Landschaft. Im Vordergrund stand ein Mann auf einem Felsvorsprung und blickte über ein Tal. Die Szene spielte sich entweder bei Sonnenaufgang oder in der Abenddämmerung ab, und ein Sturm zog gerade herauf oder flaute ab. Man konnte nicht sagen, ob der Mann im Begriff war zu kommen oder zu gehen. Die Stimmung war unheilverkündend und hoffnungsvoll zugleich. Von dieser Zweideutigkeit ging etwas Verstörendes und doch Vertrautes aus.

Der Bildtitel war ins Englische übersetzt worden und lautete “The Valley of Amazement”. Ich bedauere, dass ich mir den Namen des Künstlers nicht notiert habe. Obwohl ich viel recherchiert habe, konnte ich noch nicht herausfinden, um welches Bild genau es sich handelte. Aufgrund des phantastischen Stils und des Bezugs zu Motiven aus der Klassik, vermute ich, dass der Künstler der deutsche Landschaftsmaler Carl Blechen war.

Wenn Sie das Shanghai Ihres Romans mit der heutigen Millionenstadt vergleichen, was fasziniert Sie dann am gegenwärtigen Shanghai?

In Shanghai erfasst mich immer Ehrfurcht. Shanghai ist ständig im Begriff, sich selbst zu erneuern, und behält dadurch seinen ursprünglichen Charakter als weltoffene Stadt, die die Maßstäbe für Mode, Status, Macht und herausragenden Erfolg neu definiert. Durch die Skyline aus vielseitigen gigantischen Bauten, jeder gekrönt von einem architektonisch besonders gestalteten Dach, hat die Stadt ihrem Image ein Denkmal gesetzt. Doch das ist nicht das Shanghai meiner Phantasie oder meiner Vorfahren. Dieses Shanghai gibt es nicht mehr. Vor kurzem wurde das Haus meiner Mutter abgerissen, um Platz für eine U-Bahn-Station zu schaffen. Die Insel, auf der sich meine Großmutter gefangen fühlte und sich das Leben nahm, weil sie keinen anderen Ausweg sah, ist nicht mehr von der Welt abgeschnitten. Es gibt eine Brücke, auf der man in zwanzig Minuten von Shanghai zur Insel und zurück fahren kann. Meine Schwester wohnt nicht mehr dort, sondern dauerhaft in Wisconsin, außer zwei Wochen im Jahr, die wir gemeinsam verbringen. Wenn ich heute nach Shanghai fahre, suche ich keine Geister in den glänzenden neuen U-Bahn-Stationen. Ich verhalte mich genauso wie andere Reisende, die nicht der Vergangenheit nachhängen, sondern fasziniert davon sind, wie Shanghai sich wandelt, vibriert und die Sinne überwältigt.


© Goldmann Verlag, Elke Kreil

Das Kurtisanenhaus

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