Martin Wehrle

"Ich könnte ihn erwürgen!"

Schwierige Menschen können einen zur Weißglut treiben. Sie schwätzen dumm und scheißen klug, motzen und nörgeln, intrigieren und lästern. Ihre Maßstäbe sind nicht gerecht, nur selbstgerecht. Als Stinkstiefel und Besserwisser, Nervensägen und Dauerredner, Schwarzseher und Schlechtes-Gewissen-Macher verhageln sie einem die gute Laune. Und sie lauern überall: am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, im Bekanntenkreis, im Internet und sogar als Qual-Verwandtschaften in der eigenen Familie. Doch jetzt gibt es Hilfe: Martin Wehrle zeigt gewohnt fundiert und humorvoll, wie man mit schwierigen Menschen umgeht.

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Leseprobe

Dieser Typ macht mich wahnsinnig!

Mein Kollege war ein gnadenloser Egoist. Wann immer eine spannende Dienstreise zu vergeben war: Er riss sie sich unter den Nagel. Wann immer ein Termin mit Branchengrößen winkte: Er war schon auf dem Weg, bis wir anderen nur davon erfuhren. Wann immer lästige Aufgaben anstanden, die Schweiß auf der Stirn, aber keinen Ruhm versprachen: Er schob sie elegant auf Nachbarschreibtische ab.
Mit Vorliebe nahm er „Ausgleichstage“ (wofür eigentlich?), schnappte sich die Renommier-Arbeiten oder rief bei Dienstreisen von traumhaften Orten im Büro an, um uns durch staubige Archive zu scheuchen – er brauchte noch ein paar Fakten, wozu hat man schließlich Kollegen?
Zu Hochform lief er auf bei Konferenzen. Seine Arbeitslast? Ganz enorm. Seine Dienstreisen? Eine Tortur, die er nur „im Interesse des Teams“ in Kauf nahm. Irgendwie gelang es ihm auch noch, vor den Chefs als Leistungsträger zu glänzen.
War dieser Kollege ein „schwieriger Menschen“? Fest steht: Er brachte mich zur Weißglut. Und jedes zweite Flurgespräch handelte von ihm: welche Privilegien er sich gekrallt, welche Aufschneidereien erlaubt und welche Kollegen er untergebuttert hatte.
Wir anderen waren die weißen Ritter, moralisch einwandfrei. Und er war der schwarze Ritter, moralisch verkommen. So gesehen erfüllte er sogar eine soziale Funktion: Je unkollegialer er sich verhielt, desto kollegialer durften wir uns fühlen; je mehr er uns zurückdrängte, desto enger rückten wir durch das gemeinsame Feindbild zusammen.
Es gibt Menschen, die überall anecken und deren Persönlichkeit als gestört gilt. Aber nicht jeder, der uns schwierig erscheint, ist ein Fall für den Psychiater. Das galt auch für meinen Kollegen.
Warum habe ich mich so über ihn aufgeregt? Die Antwort fand ich Jahre später beim Psychoanalytiker Carl Gustav Jung: Jeder Mensch, sagt er, hat einen „Schatten“, einen Anteil seiner Persönlichkeit, der abweicht von seinem Selbstbild – und den er deshalb mühsam unterdrückt.

Weißglut-Test: Welcher Typ treibt dich auf die Palme?

Bitte lesen Sie die folgenden Punkte erst komplett durch und vergeben Sie dann jeweils eine Zahl von eins bis sieben als »Weißglut-Faktor«, umso höher, je mehr Sie das beschriebene Verhalten aufregt. Jede Zahl dürfen Sie nur einmal vergeben, sodass eine Reihenfolge entsteht – die 7 für das Verhalten, das Sie am meisten trifft, die 6 für jenes, das Sie am zweitmeisten trifft usw. In der Auswertung erfahren Sie, welcher Persönlichkeitstyp hinter einem Verhalten steckt. Je höher Ihre Punktzahl, desto relevanter sind die Tipps für den Umgang mit diesem Typ für Sie.

1. Er kippt seine negative Stimmung über mir aus. Er fantasiert Katastrophen herbei, dramatisiert Risiken und blockt Neues ab. Unbeschwertheit ist ein Fremdwort in seiner Gegenwart.
WEISSGLUT-FAKTOR_____

2. Er stellt sich selbst immer in den Mittelpunkt, verträgt keine Kritik und manipuliert mich: Erst ist er charmant und macht Komplimente – aber sobald ich den Köder geschluckt habe, nutzt er mich aus.
WEISSGLUT-FAKTOR_____

3. Er reitet auf seinen Prinzipien herum, verliert sich in Details, klammert sich an Anleitungen, bereitet ewig vor – aber schließt Vorgänge nicht ab, macht alles kompliziert und ist so unspontan wie eine Eiszeit.
WEISSGLUT-FAKTOR_____

4. Er schubst mich herum: will bestimmen, wo’s langgeht. Schnell ist ihm nicht schnell genug, er sitzt mir im Nacken, erwartet stets Steigerungen, ist undiplomatisch und kümmert sich nicht um Feinheiten.
WEISSGLUT-FAKTOR_____

5. Er spielt sich auf. Immer will er Aufmerksamkeit, alle Blicke auf sich ziehen. Er übertreibt seine Gefühle, agiert theatralisch, hört schlecht zu und hat von den Details meist keine Ahnung.
WEISSGLUT-FAKTOR_____

6. Er ist scheinbar freundlich, aber attackiert mich durch die Blume, etwa mit bissigen Andeutungen. Er sagt zu, was er nicht einhält, lässt mich auflaufen, verweigert sich – und lästert hinter meinem Rücken.
WEISSGLUT-FAKTOR_____

7. Er klammert sich fest an mir und macht mich zu seinem Babysitter: Jeden Schritt soll ich ihm vorgeben, immer ist mein Rat gefragt und entscheidend, nie bin ich sicher vor seinen Anrufen und Hilferufen.
WEISSGLUT-FAKTOR_____

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Martin Wehrle
© André Heeger

Martin Wehrle ist Deutschlands bekanntester Karriere- und Gehaltscoach. Seine Bücher sind in zwölf Sprachen erschienen und haben rund um den Globus begeisterte Leser gefunden. Mit »Ich arbeite in einem Irrenhaus« und dem Folgeband »Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus« landete er gefeierte Bestseller, zuletzt erschien der Spiegel-Bestseller »Noch so ein Arbeitstag und ich dreh durch«. An seiner Hamburger Karriereberater-Akademie bildet er Karrierecoaches aus.

Kurzinterview mit dem Autor

In Ihrem neuen Buch skizzieren Sie sieben verschiedene Persönlichkeits-Typen? Zu welchem Typ würden Sie sich selbst zählen?
Da geht das Problem doch schon los! Denn für „schwierig“ hält man gewöhnlich die anderen, nicht sich selbst. Mich nerven zum Beispiel Menschen, die ich als unzuverlässig und schlampig empfinde. Aber diese würden bestimmt von sich behaupten: „Wir sind flexibel und lassen Fünfe gerade sein.“ Also sagt meine Abneigung etwas über mich selber aus: Ich bin Perfektionist, habe einen hohen Anspruch an mich selbst und andere.

Narzisst, Selbstdarsteller, Machtmensch, Trotzkopf – mehr als die Hälfte Ihrer Persönlichkeits-Typen kommen extrovertiert, laut und unempathisch daher. Ist das ein Ausdruck unserer Zeit? Und erfordert unser digitales Zeitalter solche Typen?
Die sozialen Medien wirken sich auf das menschliche Miteinander wie ein Platzregen auf ein Picknick aus. Wir leben in einem narzisstischen Zeitalter, einem pausenlosen Wettbewerb, gera-de in den sozialen Medien: Wer postet die tollsten Urlaubsfotos, trumpft mit dem attraktivsten Partner auf, sammelt die meisten Likes? Das eigene Leben wird gnadenlos schöngelogen, Laut-stärke ersetzt Wahrhaftigkeit. Dabei bräuchten wir gerade jetzt Menschen, die sich aufrichtig für andere interessieren, ihnen ihr Ohr und ganz viel Herz schenken. Einige tun das noch. Zum Glück.

Sie arbeiten seit über 20 Jahren als Coach, haben Tausende von Menschen in Coachings bera-ten und eine Bandbreite an unterschiedlichen Persönlichkeits-Typen kennengelernt. Welcher Persönlichkeits-Typ sucht am häufigsten Ihren Rat und warum?
Zum Beispiel habe ich es oft mit Schwarzmalern zu tun, mit Menschen, die sich rund um die Uhr-Sorgen machen. Hasst ihr Chef sie? Wackelt ihr Arbeitsplatz? Muss ihre Familie bald hungern? Ihr Pessimismus zieht nicht nur sie selber, sondern auch ihre Mitmenschen runter. Meine Lieb-lingsmethode: Ich fordere Schwarzmaler auf, ihre Sorgen zu einem Hollywood-Katastrophenfilm zuzuspitzen. Und wer sich einmal ausgemalt hat, dass sein Chef ihn mitsamt Familie nach Sibirien verdammt, natürlich als Eisbären-Futter, der kann auf einmal über seine eigenen Sorgen schmunzeln – weil die Wirklichkeit im Vergleich harmlos wirkt.

Sie schreiben, dass Menschen, über die wir uns besonders aufregen können, oft Persönlich-keitsmerkale besitzen, von denen wir insgeheim gern mehr hätten bzw. welche wir unbewusst unterdrücken. Welches Verhalten kann Sie so richtig „auf die Palme“ bringen?
Wenn jemand rücksichtslos für seinen eigenen Vorteil eintritt – zum Beispiel eine Teamleistung als seine eigene präsentiert. Tatsächlich habe ich mich in jungen Jahren unter Wert verkauft. Ich habe anderen den Vortritt gelassen, es dann aber schnell bereut und heimlich gedacht: „Das hätte ich selbst besser gekonnt!“ Eines Tages bin ich dann aus der zweiten Reihe nach vorne getreten. Das war der wichtigste Schritt in meinem Leben. Oft lohnt es sich, eine kleine Scheibe von Menschen abzuschneiden, die man eigentlich nicht mag.

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