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Wie kaum ein Schriftstellerleben ist die Biographie Walter Kempowskis von der Geschichte der beiden deutschen Staaten geprägt. Seine Erzählung »Im Block« ist die unbestechliche Momentaufnahme einer Zwangsgemeinschaft am Rande der Gesellschaft.

Im Jahr 1948 wird der 19jährige Walter Kempowski aus Rostock wegen angeblicher Spionage von einem sowjetischen Militärgericht zu 25 Jahren Haft verurteilt. Acht Jahre sitzt er im berüchtigten DDR-Zuchthaus Bautzen. Dann wird er begnadigt. 1969 erscheint sein beklemmender literarischer Bericht aus einer Welt außerhalb des bürgerlichen Alltags. »Im Block«, das ist ein Leben in drangvoller Enge, isoliert, passiv, inhaltsarm. Die Häftlinge bilden eine eigene Gesellschaft, die geprägt ist vom Eingeschlossensein, von qualvoll gedehnter Zeit und von seltenen Augenblicken, die nur entfernt an das Glück eines erfüllten Daseins erinnern. Entstanden sind eindringliche, scharf ausgeleuchtete Bilder einer Existenz, die den Betroffenen all das verweigert, was menschliche Selbstverwirklichung ausmacht: Arbeit, Liebe, Besitz. 1987 erschien dieser Bericht, der den Beginn der schriftstellerischen Existenz Walter Kempowskis markiert, erstmals im Knaus Verlag, ergänzt um während der Haft angefertigte Zeichnungen des Autors.

"Das Ungewöhnliche dieses Buches liegt in seinem stilistischen wie moralischen Gestus. Ohne Sentimentalität oder Pathos wird hier eher kühl, in jedem Fall leidenschaftslos und daher umso eindringlicher registriert."

Fritz J. Raddatz anlässlich der Verleihung des Lessing-Preises

Sonderausgabe, Leinen, 320 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
30 s/w-Abbildungen
ISBN: 978-3-8135-0236-7
Erschienen am  16. March 2004
Lieferstatus: Dieser Titel ist lieferbar.

Rezensionen

Ein Haftbericht

Von: Anne-Marit Strandborg

19.02.2018

Im Block ist sein erstes Werk, es erschien 1969. "Im Morgengrauen holten sie mich aus dem Bett. Zwei trugen Lederjacken. Da hast du was zu melden, wenn du wieder rüberkommst, dachte ich." So beginnt Walter Kempowskis Bericht über seine Verhaftung und spätere Inhaftierung in der Haftanstalt Bautzen I, dem sogenannten "Gelben Elend". Unrühmliche Bekanntheit erlangte Bautzen I als „Speziallager Nr. 4“ der Sowjetischen Militäradministration. Schon in diesen ersten drei Sätzen blickt Kempowskis trockener Humor durch, bei dem mir oftmals das Lachen steckenbleibt. Er hätte gerne einen Pfarrer gesprochen, damit der seine Mutter hätte warnen können. Nach zehn Tagen macht er die Sowjets darauf aufmerksam, dass sein Interzonenpass bald ablaufe, was bei denen für Heiterkeit sorgt. Immer wieder wird er nach spionischen Agenten gefragt, bis er sich welche ausdenkt: "Die Namen entlehnte ich aus Shakespeares Dramen." Er hat Wachträume, gute wie schlechte, z. B. darf er jeden Monat ein Paket empfangen, erhält zehn Jahre Freiheitsentzug, die er in einem Büchermagazin absitzen muss. Oder er wird verstoßen und verraten, liegt krank auf einem Lumpenhaufen und fleht um Wasser. Ein Versuch, sich das Leben zu nehmen, scheitert. Dann endlich kam ein Bündel von zu Hause: Schuhe, Wäsche, ein Kopfkissen und sogar eine Zahnbürste. Ende Juli 1948 gab es einen Protokoll-Abschluss. Sie wurden ihm alle vorgelesen. "Da war ich aber doch erstaunt. Das alles sollte ich ausgesagt haben?" Ende August fand die Gerichtsverhandlung statt. Ohne Verteidiger. 25 Jahre Zwangsarbeit. Bautzen. Zu der Zeit gab es sogar für das Weitergeben von Westzeitungen 25 Jahre wegen antisowjetischer Propaganda. In den Blöcken bildeten die unterschiedlichsten Männer eine Zwangsgemeinschaft. Und es war schwer, neue Bekanntschaften anzuknüpfen. Um sich zu beschäftigen, gründeten einige Männer eine Chorgemeinschaft und probten täglich. Lesen konnte Kempowski nur heimlich: „‚Ditte Menschenkind‘. Der war´s auch nicht besonders gut gegangen.“ – „‚Krieg und Frieden‘: Daß sich das riesige Vermögen des Grafen Besuchow wieder um ein Drittel vermindert hat.“ Später durfte man über Kultur diskutieren: „Anregend waren abendliche Diskussionen. Ob Jazz Kunst ist. Ob der Schlager als Volkslied unserer Zeit bezeichnet werden könne? Ob Jugendliteratur nach Karl May überhaupt noch möglich sei?“ Ab 1951 ging es etwas humaner zu. Eine Bibliothek wurde eröffnet. Nun konnte man legal lesen. „Wir lasen mit rasender Geschwindigkeit, weil wir dachten, die Entlassung kommt dazwischen.“ Nach acht Jahren wurde Walter Kempowski vorzeitig entlassen und ging zu seiner Mutter nach Hamburg. Unmittelbar nach seiner Entlassung fertigte er 48 Monotypien an. Einige davon sind in diesem Buch erstmals veröffentlicht worden. Eine Wertung für dieses Buch mag ich nicht anstellen. Ob diese 25 Jahre zu Unrecht bestanden, ich weiß es nicht. Als Kempowski verhaftet wurde, war er gerade mal 19 Jahre alt, kam aus dem Krieg und wollte irgend etwas arbeiten. Auf jeden Fall war es ein interessantes Lesen. Die Haftbedingungen so kurz nach dem Krieg waren natürlich grausig. Die Männer gingen täglich hungrig schlafen, Hygiene war ein Fremdwort und es gab keine vernünftige Beschäftigung. Ein wenig besser wurde es nach der Gründung der DDR und als Kempowski von „humaner“ schrieb, war das die Zeit, als Walter Ulbricht die Führung in der DDR innehatte. Vielleicht deute ich dort zu viel rein, aber zeitlich passt es.

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Vita

Walter Kempowski wurde am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Er besuchte dort die Oberschule und wurde gegen Ende des Krieges noch eingezogen. 1948 wurde er aus politischen Gründen von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach acht Jahren im Zuchthaus Bautzen wurde Walter Kempowski entlassen. Er studierte in Göttingen Pädagogik und ging als Lehrer aufs Land. Seit Mitte der sechziger Jahre arbeitete Walter Kempowski planmäßig an der auf neun Bände angelegten "Deutschen Chronik", deren Erscheinen er 1971 mit dem Roman "Tadellöser & Wolff" eröffnete und 1984 mit "Herzlich Willkommen" beschloss. Kempowskis "Deutsche Chronik" ist ein in der deutschen Literatur beispielloses Unternehmen, dem der Autor das mit der "Chronik" korrespondierende zehnbändige "Echolot", für das er höchste internationale Anerkennung erntete, folgen ließ.

Walter Kempowski verstarb am 5. Oktober 2007 im Kreise seiner Familie. Er gehört zu den bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit. Seit 30 Jahren erscheint sein umfangreiches Werk im Knaus Verlag.

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Walter Kempowski
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