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»Die Liebenden im Chamäleon Club« - Anmerkungen von Francine Prose

»Mein neuer Roman ›Die Liebenden im Chamäleon Club‹ begann mit einem Foto von Brassaï, das ich zu einer Museumsausstellung in Washington sah. Das Foto ›Lesbisches Paar im Le Monocle, 1932‹ war mir vertraut: ein Porträt zweier Frauen an einem Tisch in einer Bar, die eine im schimmernden Abendkleid, die andere gekleidet als kesser Vater, mit kurzem Haar und Smoking. Aber der Begleittext verriet mir etwas, das ich nicht gewusst hatte, nämlich dass die Frau im Smoking, eine Profisportlerin namens Violette Morris, während der deutschen Besatzung von Paris für die Gestapo gearbeitet hatte und später von der französischen Résistance erschossen wurde.

Einige Recherchen ergaben eine sogar noch interessantere Geschichte. Morris war einst eine Olympiahoffnung und professionelle Autofahrerin gewesen. Als ihr von der französischen Regierung die Lizenz zur Teilnahme an Sportwettkämpfen wegen lesbischer Neigungen und dem Tragen von Hosen in der Öffentlichkeit entzogen wurde, bekam Hitler irgendwie Wind davon und lud Morris als seinen Ehrengast zu den Olympischen Spielen 1936 nach Berlin ein. Zurückgekehrt nach Frankreich, spionierte sie nicht nur für die Deutschen, sondern war auch diejenige, die ihnen verriet, wo die Maginot-Linie endete – wo sie die französischen Verteidigungslinien durchbrechen konnten. Während der deutschen Besatzung arbeitete sie tatsächlich für die Nazis und wurde 1944 von der Résistance erschossen.

Diese Geschichte war so unglaublich, dass ich zunächst erwog, ein Sachbuch zu schreiben, doch bald entschied ich, dass ich mehr Freiheiten haben würde und es für mich und meine Leser wesentlich spannender gestalten konnte, wenn ich einen Roman daraus machen würde. Während des Schreibens verlor die Geschichte zunehmend ihren linearen Charakter, und neben der Person Violette Morris (im Roman Lou Villars genannt) flossen viele weitere Dinge und Personen mit ein.

Wie immer, endet der Roman an einem völlig anderen Ort als dem, an dem er seinen Anfang nahm. Ich begann über eine Frau im Smoking zu schreiben und endete damit, über Kunst, Liebe, das Böse, Geld, Autorennen, Spionage, Schlaflosigkeit, Verführung und Verrat zu schreiben – und wie Geschichte sich verändert, abhängig davon, wer sie erzählt.«