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Melissa Pimentel - Das Dating-Projekt

Melissa Pimentel im Interview über "Das Dating-Projekt"

…sondern das wie: Melissa Pimentel über ihren höchst amüsanten Debütroman „Das Dating-Projekt“

Melissa Pimentel
© Ryan Bowman 2014 c/o Penguin Books Ltd.
Auf die Idee zu Ihrem Debütroman kamen Sie durch Ihre eigene jahrelange Erfahrung als Bloggerin über Londons Dating-Szene. Nun entstand „Das Dating-Projekt“ – allerdings erzählt aus der Perspektive Ihrer Hauptfigur Lauren. Wie viel „Melissa“ steckt aber in „Lauren“?

Es gibt sicherlich viele Parallelen zwischen Lauren und mir. Wir beide sind Amerikanerinnen, wir beide leben in London und tatsächlich haben auch wir beide Erfahrungen mit dem „Dating-Projekt“ gesammelt. Bevor ich mich dazu entschied, das Buch zu schreiben, habe ich schließlich genau das gemacht, was Lauren in dem Roman macht: Ich habe verschiedene Dating-Ratgeber und -Theorien getestet und dann darüber geschrieben.

Aber warum entschieden Sie sich dann dazu, das Buch aus einer fiktiven, statt aus Ihrer eigenen Sicht zu schreiben?

Da Lauren und nicht ich selbst zu Wort kam, ließ ich mir damit die Möglichkeit offen, sie etwas forscher an die Sache herangehen zu lassen, als ich es damals tat. Lauren ist mutiger, beherzter: Situationen, vor denen ich persönlich zurückgeschreckt wäre, ließ ich Lauren durchleben. Für einen Roman schien mir das sinnvoller.

Hinzu kam, dass ich selbst nicht genügend „echtes“ Material zusammen gehabt hätte, um aus dem Ganzen etwas Autobiografisches zu machen. Tatsächlich habe ich das Projekt über einen Zeitraum von etwa vier Monaten geführt – und eigentlich hatte ich vor, es mindestens ein Jahr durchzuziehen. Doch dann verliebte ich mich in eines meiner „Test-Objekte“ (lacht). Also musste ich das Projekt abbrechen und fing stattdessen eine Beziehung an.

Für Sie persönlich verlief das Projekt also durchaus zufriedenstellend …

Absolut! So habe ich schließlich meinen Mann kennengelernt, mit dem ich gerade fantastische Flitterwochen verbracht habe. Durch das Buch konnte ich das Projekt dann quasi fiktiv zu Ende führen und mich noch einmal in die verschiedenen Test-Situationen einfühlen.

Und dank welchem Ratgeberbuch lernten Sie Ihren heutigen Mann kennen?

Es hieß „Sex and the Single Girl“ und wurde in den 1960er-Jahren von Helen Gurley Brown geschrieben, einer späteren Redakteurin des US-Magazins „Cosmopolitan“. Im Roman kommt dieses Buch nicht vor, denn generell sind die Tipps, die darin gegeben werden, sehr elementar: Demnach brauchst du nur einen Job sowie ein eigenes Appartement und solltest regelmäßig ausgehen, um so viel wie möglich zu flirten. Für das Buch wäre das zu langweilig gewesen – aber in der Realität traf ich dadurch auf meinen Mann.

In Zeiten des Online-Dating wirken Ratgeberbücher fast antiquiert. Heutzutage geht man einfach ins Netz, surft durch das schier unendliche Angebot potenzieller Partner und tritt unkompliziert im Schutz der Anonymität des Internets in Kontakt. Bücher zu lesen, scheint fast überflüssig zu sein. Was meinen Sie: Warum werden dennoch immer wieder neue Ratgeber veröffentlicht, die vermeintlich revolutionäre Tipps und Theorien bieten wollen?

Einfacher ist Dating durch den Online-Markt, meiner Meinung nach, nicht geworden. Im Gegenteil: Es ist heute komplizierter denn je, den passenden Partner zu finden. Mit dem wachsenden Angebot im Netz sind auch die vermeintlichen Regeln zahlreicher geworden, die man beachten „muss“, um wirklich zum Traumpartner zu finden. Und gerade in der vorherrschenden Situation eines gewissen „Überangebots“ kann es doch sehr beruhigend sein, Tipps von anderen – zum Beispiel von Ratgeber-Autoren – zu bekommen, die sich offenbar bewährt haben. An ihnen kann man sich orientieren. Und dieses Bedürfnis ist durchs Online-Dating umso größer geworden.

Was ich allerdings selbst beim Lesen so vieler verschiedener Ratgeber feststellen musste, war außerdem: Ganz gleich, ob die Bücher nun in längst vergangenen oder modernen Zeiten entstanden, so haben sie doch Vieles gemein. Im Kern sagen sie aus, dass man ganz bei sich sein soll, um sich einem anderen öffnen zu können. Dieser Tipp scheint zeitlos und universell gültig zu sein.

Apropos Tipps: Aufgewachsen sind Sie zwar in Massachusetts, gelebt und gedatet haben Sie dann allerdings über zehn Jahre in London – was Sie zweifellos zu einer „London-Dating-Expertin“ macht. Was also ist Ihr Tipp für all die Frauen, die in London auf die Suche nach dem Mann fürs Leben gehen wollen?

In Amerika gibt es zum Beispiel eine riesige Menge an unausgesprochener Regeln, die jeder kennt. Eine ist etwa, dass ein Mann erst Interesse hat, wenn er dich nach deiner Nummer fragt. Aber in London läuft Flirten und Daten etwas ungezwungener ab. Das macht es gleichzeitig schwerer herauszufinden, ob du gerade jemanden „datest“, oder ob man sich auf freundschaftlicher Basis trifft. Der wichtigste Tipp, den ich geben kann, lautet also: Man darf das Ganze nicht zu ernst nehmen. Das gilt auch ganz generell in Bezug auf die Partnersuche. Oftmals geht man zu verbissen an die Sache heran, statt das Ganze einfach auf sich zukommen zu lassen. Wer es so sieht, erkennt nämlich auch: Selbst wenn aus einem Date nichts Ernstes wird, hast du zumindest eines davon: eine lustige Geschichte, die du deinen Freunden erzählen kannst.

Demnach wäre das Geheimnis unbedingten Dating-Erfolgs also der Grundsatz „Verliere niemals deinen Humor!“ …

Genau! Denn letztendlich ist es doch auch so: Niemand hat Lust jemanden zu daten, der das Ganze als Vorstellungsgespräch versteht und die Situation zu ernst nimmt. In erster Linie möchte man doch Spaß mit dem potentiellen neuen Partner haben. Es geht um eine entspannte Grundstimmung, um Authentizität, um Natürlichkeit.

Was war der beste Tipp, den Sie jemals von einer Freundin oder von einer Ihnen nahestehenden Person bekommen haben?

Als ich im College war, entwickelten meine Mitbewohnerin und ich eine Art Spiel, es hieß „Wrong or Funny“. Grundsätzlich ging es darum, dass wir – wann immer wir uns in einer blöden Dating-Situation mit einem Typen befunden hatten – uns anschließend alles erzählten und dann entschieden, ob das Ganze nun „wrong or funny“ war. Da wir das Ganze so mit Humor nehmen konnten, haben wir uns zugleich vor großen Enttäuschungen geschützt. Wir konnten nach einem missglückten Date einfach zurückkommen, über das Ganze reden und ebenso darüber lachen. Für mich war genau das die beste Taktik, mit der Partnersuche umzugehen.

Da Sie sich so viel mit Dating, Ratgebern und Theorien beschäftigt haben: Glauben Sie in puncto Partnersuche nun an Romantik, an Wissenschaftlichkeit oder an den Zufall?

Ich glaube daran, dass Glück das essentiellste ist, wenn es darum geht, den perfekten Partner zu finden. Und dass man immer offen für dieses Glück sein muss. Ich beschreibe das Ganze gerne mit folgendem Sinnbild: Männer und Frauen sind ein bisschen wie die typischen Londoner Taxis. Manchmal ist das Licht an, man schaut sich um und jemand Neues kann einsteigen, aber manchmal ist das Licht eben aus und das Taxi fährt weiter durch Londons Straßen. Glück haben diejenigen, die genau dann auf den richtigen Partner treffen, wenn ihr Licht gerade an ist. Es geht also einerseits darum, zur „richtigen Zeit am richtigen Ort“ zu sein, andererseits muss man aber auch offen für das Glück sein, das an der nächsten Straßenecke warten könnte.

Wie schätzen Sie den Wahrheitsgehalt der so zahlreichen Partnersuch-Theorien ein?

Es ist schwer, das allgemein zu sagen. Ich denke, dass die meisten Theorien einen wahren Kern haben. Und das gilt sogar für Ratgeber wie „The Rules“, das ich selbst als am wenigsten hilfreich empfand, weil es Frauen nahelegt, sich kleiner zu machen, als sie sind. Im Kern aber empfehlen dir alle Ratgeber doch eines: Dass du nichts erzwingen solltest – denn genau das ist bei jemandem, der dich wirklich mag, überhaupt nicht nötig. Und das ist wahr!

Wem würden Sie Dating-Ratgeber denn grundsätzlich empfehlen?

Naja, das hängt natürlich sehr von dem entsprechenden Ratgeber ab. Aber prinzipiell würde ich denjenigen empfehlen, zum Ratgeber zu greifen, die sich im Dating-Labyrinth etwas verloren fühlen. Genau dann kann es schließlich hilfreich sein, sich damit auseinanderzusetzen, was andere über das Thema denken oder welche Erfahrungen sie gemacht haben.

Und apropos Erfahrungen: Was war das schlimmste Date, das Sie jemals hatten?

Oh, das ist eine schwere Frage. Ich meine, mein bestes Date hatte ich natürlich mit meinem jetzigen Ehemann (lacht). Er ging mit mir in sein Lieblingstheater und das fand ich durchaus romantisch. Aber mein schlimmstes Date? Oh, ich erinnere mich an eine fast schon traumatisierende Dating-Situation (lacht), die ich während meiner College-Zeit erlebt habe – mit einem meiner Professoren. Ich wusste nicht, dass das Ganze ein Date sein sollte, bis er versuchte, sich und mich in seiner Küche einzuschließen und vorschlug, er könne mein „Sugardaddy“ werden. Heute kann ich zwar darüber lachen, aber ja: Das war vermutlich das schlimmste Date meines Lebens.


Das Gespräch führte Sara-Lena Niebaum.
© Manhattan Verlag

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