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SPECIAL zu Peter Longerich

Interview mit Peter Longerich zu seinem Band "Hitler"

Jede Epoche hat ihr eigenes Hitler-Bild: Welche neuen Erkenntnisse über Hitler und seine Herrschaft bietet Ihre Biographie – vierzig Jahre nach Joachim Fest, siebzehn Jahre nach Ian Kershaw?

In meiner Biographie betone ich, dass Hitler sich durch sein eigenes Handeln eine exorbitante Machtstellung schuf, die es ihm ermöglichte, die von ihm vorgefundenen historischen Ausgangsbedingungen zu sprengen. Ich zeige das im Einzelnen für die verschiedenen Politikbereiche. Damit steht der Faktor der Persönlichkeit im Mittelpunkt: Hitler erscheint als handelnder Akteur, und nicht vorwiegend durch Strukturen und äußere Umstände geprägt. Es geht im Kern darum, nicht nur die Kräfte darzustellen, die Hitler ermöglichten, sondern vor allem diejenigen, die Hitler selbst in Bewegung setzte.

Sie haben bereits viel beachtete Biographien über Heinrich Himmler und Joseph Goebbels publiziert. Welche besondere Herausforderung ergibt sich bei der biographischen Beschäftigung mit Adolf Hitler?

Bei den Biographien von Himmler und Goebbels ging es vor allem auch darum, über diese Personen die Themenbereiche „SS-Apparat“ bzw. „NS-Propaganda“ neu zu betrachten. Bei Hitler stellt sich die Herausforderung, einen Blick auf das gesamte Phänomen Nationalsozialismus zu entwickeln. Die NS-Forschung ist ja mittlerweile thematisch sehr weit aufgefächert und entwickelt sich im Rahmen von Spezialdiskursen. Schreibt man nun eine Geschichte des Nationalsozialismus mit dem Fokus auf dem Mann an der Spitze, dann besteht die Aufgabe darin, dies alles wieder zusammenzuführen.

Eine Hitler-Biographie wirft immer auch Fragen zur Mitschuld der Deutschen an seinem Regime auf: Wie beurteilen Sie die Rolle der „Volksgemeinschaft“ – wie die Nazis sie genannt haben – in der Nazi-Diktatur?
Ohne Zweifel hatte Hitler eine gefestigte, fanatische Kernanhängerschaft und bestimmte Aspekte seiner Politik trafen vor allem in den Vorkriegsjahren sicher auch auf breite Zustimmung in der Bevölkerung. Bei der Frage nach der – in letzter Zeit in der Forschung häufig diskutierten – Anziehungskraft der „Volksgemeinschaft“ und nach dem „Charisma“ Hitlers werden häufig die typischen Mechanismen der Diktatur ausgeblendet: Kontrolle der Öffentlichkeit, Überwachung des Alltags, Repression. Die „Identität von Volk und Führung“ war vor allem ein Produkt der NS-Propaganda. Das dürfen wir nicht vergessen, wenn wir von Hitlers damaliger Popularität sprechen.

Der Nationalsozialismus ist mittlerweile gründlich erforscht: Welche wichtigen Fragen sind bis heute noch nicht zufriedenstellend beantwortet?

Die Vorstellung, dass eine Epoche irgendwann abschließend ausgeforscht wäre, ist ebenso weit verbreitet wie falsch: Im Gegenteil, je intensiver die Forschung auf einem Gebiet, desto lebhafter die Debatten, desto nachdrücklicher die Suche nach neuen Fragen und Antworten. Was waren die Antriebskräfte dieser mörderischen Diktatur? Meine Biographie bietet eine Antwort auf diese Frage.

Ende Dezember 2015 läuft die Schutzfrist von „Mein Kampf“ aus: Könnte die Diskussion um die Freigabe eine neue Debatte über den Umgang mit dem Erbe des Nationalsozialismus auslösen?


Diese Debatte findet ja täglich statt und wird durch die Publikation der kommentierten Ausgabe von „Mein Kampf“ sicher neue Impulse erhalten. Die – im Informationszeitalter völlig sinnlosen – Versuche, solche Texte irgendwie unter Verschluss zu halten, haben doch letztlich einen gegenteiligen Effekt: Das Interesse an dem Machwerk steigt eher noch und man will verstehen, warum ihm solche gefährlichen Wirkungen zugeschrieben wurden.

Hitler

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