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Die Kriminalromane von Berni Mayer

Buchtrailer zu "Der große Mandel"

DESTROYER - Sigi's Song

Die Freundschaft von Max Mandel und Sigi Singer wird auf eine harte Probe gestellt: Wegen mieser Auftragslage muss ihr Detektivbüro schließen. Um zwischenmenschlich wieder auf Kurs zu kommen, bucht Singer bei dem legendären Wrestler Big Walter Wylde ein Anfängerseminar – aber noch bevor beide Bodyslam sagen können, müssen sie doch wieder als Ermittler ran. Um der Erpressung eines Catchers nachzugehen, touren Mandel und Singer mit einer kleinen Wrestling-Liga durch Deutschlands schlimmste Provinzstädte. Herzinfarkte, Hetzkampagnen und Intrigen treiben die beiden immer tiefer in die kriminalistische und menschliche Krise – und schließlich in den Ring …


Kurz & knapp

IN DER PROVINZ HÖRT DICH KEINER SCHREIEN


FÜR WEN IST DAS?
Berni Mayer ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Literaturszene. Seine Bücher sind immer am Puls der Zeit, spielen in verschiedenen kauzigen Szenen und gehen bei allem Kultfaktor auch in die Tiefe. In Der große Mandel kombiniert Mayer satirisch-pointierten Witz mit faszinierender Milieubeschreibung, die eine Stimmung wie im Mickey-Rourke-Film The Wrestler aufkommen lässt. Nicht zuletzt ist dies aber auch ein großer Roman über Freundschaft und die Kraft des Scheiterns.

FAKTEN
Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller spielt Berni Mayer in der Heavy-Metal-Band The Gebruder Grim, in der er seine inneren Dämonen ausleben kann. Berni Mayer ist seit 30 Jahren Wrestlingfan – für ihn die große existenzialistische Metapher schlechthin.

WAS SAGEN ANDERE?

»Sympathischer Irrsinn.« Neon
»Die beiden Detektive Mandel und Singer sind die vielleicht sympathischsten Ermittler, die es in der deutschsprachigen Kriminalliteratur in der letzten Zeit gegeben hat.« Interview
»Sehr unterhaltsam! Hoffentlich verfilmt das jemand!« Bela B

WARUM DER LEKTOR DIESES BUCH MAG
Es gibt selten einen Autor, bei dessen Büchern man immer wieder aufschreien möchte: »Ja, genau ins Schwarze getroffen, nur hätte ich selbst das so nie sagen können!« Ob Musik, Liebe, die Wahl des angemessenen Drinks, existenzialistische Gelassenheit oder die lakonische Verarbeitung unserer absurden Welt. Berni Mayer legt seinen Figuren Weisheiten und Irrtümer in den Mund, die uns immer wieder begeistern – von seinen genialen Geschichten einmal abgesehen! Einer unserer Favoriten!


Berni Mayer über "Der große Mandel"

DER GROSSE CM PUNK von Berni Mayer

Bisher haben sich die selbsternannten Rock‘n‘Roll-Detektive Sigi Singer und Max Mandel für ihre Fälle jeweils in ein Musikmilieu (Massenpunkrock, Black Metal) verirrt – im kommenden Roman Der große Mandel verschlägt es sie ins Seilgeviert einer schlecht geführten oberpfälzischen Wrestling-Organisation. Warum eigentlich Wrestling? Und noch dazu in der Oberpfalz? Warum nicht ein Ritualmord in der Neo-Klezmer-Szene von Frankfurt Süd (keine Ahnung, ob es dort so eine Szene gibt) oder der Amoklauf einer World-Of-Warcraft-Süchtigen auf einer brasilianischen Psych-Funk-Party im ostfriesischen Wittmund?

     Deshalb: Weil für die überstrapazierte Freundschaft von zwei Sinnsuchenden und vom Leben überforderten DIY-Detektiven nichts besser als Metapher herhält als ein Sport, in dem man gegeneinander antritt, um es so aussehen zu lassen, als würde man dem anderen furchtbar wehtun. Und sich am Ende dann tatsächlich fürchterlich wehzutun, weil man ja keine 25 mehr ist.
     Dazu die herrlich traurige Atmosphäre eines Wanderzirkus’, eines reisenden Kuriositätenkabinetts auf dem Weg durch die Niederungen der deutschen Provinz. Auf der Suche nach Heimat und einem besseren Catering.
     Aber auch, weil Wrestling unglaubliche Geschichten erzählen kann. Das hier ist vielleicht die beste, die ich in dreißig Jahren als Wrestlingfan miterlebt habe. Es ist die Geschichte eines Aufbegehrens.
     Sie geht so: CM Punk ist ein Wrestler. Für seinen Beruf ist er ein bisschen zu schmal. Er legt keinen Wert darauf, mit allen aus dem Kader befreundet zu sein, vom Management will ich gar nicht reden. Dafür ist er ein großartiger Athlet, ein Ringgeneral, ein hochbegabter Mime und vielleicht der Beste am Mikrofon, den die amerikanische Wrestling-Liga WWE je hervorgebracht hat. Doch er bleibt das Gegenteil des typischen WWE-Superstars, wie die Liga ihre Protagonisten verklärend nennt. CM Punk trägt keine teuren Anzüge und kauft keine Häuser und Schnellboote. CM Punk hört mit Kopfhörern in seiner Wohnung Punkrock, geht auf Konzerte, verbringt seine spärliche Freizeit mit dem Gitarristen von Rancid, seinen Kumpels aus kleinen Wrestling-Promotions, und fährt mit dem Fahrrad durch seine Heimatstadt Chicago. Er isst kein Fleisch und trinkt keinen Alkohol. CM Punk ist straight edge. Aber was für einen Corporate Wrestler das schlimmste und ungewöhnlichste ist: er sagt ständig seine Meinung, ist ein regelrechter Grantler.
     Bei aller Nonkonformität hat er sich in der Liga den Arsch aufgerissen. Aber egal, ob er als fanatischer Prediger die Leute gegen sich aufgebracht oder als sympathischer Underdog die Etablierten geärgert hat, man sägt ihn immer knapp vor dem Gipfel ab. Jetzt ist CM Punk an einem Punkt, an dem er keine Lust mehr hat. Sein Vertrag läuft ohnehin aus, er fühlt sich ausgebrannt und angeschlagen, und er steht kurz vor einem letzten Kampf mit Vorzeige-Wrestler und company man John Cena, den er natürlich verlieren muss. Punk kündigt sowohl dem Publikum als auch dem Management an, dass er seinen Vertrag nicht verlängern wird, weil er keine Lust mehr auf die Scheiße hat, auf die alten Stereotypen vom virilen Superhelden, auf die Steine, die man ihm in den Weg legt. Ihm, der härter arbeitet als die meisten, ihm, der die besten Geschichten im Ring erzählt. Vielleicht aus Angst, dass CM Punk seinen letzten großen Kampf sabotiert, aber wahrscheinlich sogar, weil man Potenzial in seinem Grant erkennt, gibt man ihm am Ende einer TV-Show ein Mikrofon und lässt ihn gewähren. Eine unübliche Praktik in einer Branche, in der beinahe jedes Wort eines Wrestlers geskriptet und vom Chef persönlich abgesegnet wird.
     Jetzt schlägt die Stunde des CM Punk. In aller Seelenruhe setzt er sich im Schneidersitz vor die große Monitorwand gegenüber dem Ring und zählt auf, was ihn an der WWE ankotzt. Eigentlich ist er der Heel – der Bösewicht –, aber die Leute fangen an ihn zu bejubeln. Er bricht ein scheinbares Tabu nach dem anderen, er erwähnt andere Ligen, fremde Wrestler, spricht über Backstage-Politik und wünscht dem Management und dessen Familie die Pest an den Hals. Seine Brandrede schafft den nahtlosen Übergang von einer Wrestling-Promo zu einer Metakritik am gesamten Geschäft. Das Publikum ist erst baff, dann begeistert: In nur wenigen Sätzen ist CM Punk zum gefeierten Revolutionär geworden. Als man ihm das Mikro abdreht, ist CM Punk plötzlich der
Wrestling-Superstar, der er immer sein wollte. Er kündigt an, in seinem letzten Match den Titel zu gewinnen und ihn mit in den Ruhestand zu nehmen.
     Dann kommt die Nacht in der Allstate Arena in Rosemont, Illinois. CM Punk betritt als Erster die Halle und wird begrüßt wie der Messias höchstpersönlich. John Cena ist vereinzelte Buhrufe gewöhnt, schließlich ist er der Prototyp des weißen High-School-Gewinnertypen, der mit lustigen T-Shirts, bunten Baseball-Caps, pubertären Witzen und anamorphischer Muskelmasse die Liga dominiert, aber das ist eine neue Dimension der Ablehnung. Für eine Nacht steht das Wertesystem der WWE Kopf. Cena und Punk liefern sich das beste Match ihrer Karriere, es ist eines der wenigen WWE-Matches, das vom
Wrestling-Analytik-Guru Dave Meltzer fünf Sterne erhält. CM Punk gewinnt den Titel, gibt seinem Chef Vince McMahon einen symbolischen Handkuss und verschwindet durch das Publikum – sein Publikum – in die Nacht. Zuhause stellt der den Weltmeistergürtel erstmal in den Kühlschrank.
     Wenn zum nächsten Sommeranfang Der große Mandel erscheint, mein dritter und letzter Teil der Mandel-Reihe, wird das freilich keine Abhandlung über Wrestling sein. Es ist eine Geschichte übers Älterwerden, über das Ergreifen von Chancen und übers Nachhausekommen. Wie immer bei den Mandelgeschichten wird mehr gescheitert als gewonnen, aber eins ist klar: Selbst wenn du mit dem Rücken zur Wand stehst, musst du noch eine gute Show abliefern.