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Chuck Palahniuk - Diva

SPECIAL zu Chuck Palahniuk

Fragen an Chuck Palahniuk zu seinem Roman »Diva«

Deutsch von Werner Schmitz

Chuck Palahniuk
© Doris Poklekowski
Ein zufälliger Beobachter wäre vielleicht überrascht, welch profundes Wissen Sie über die Filme der 50er Jahre in »Diva« an den Tag legen. Wo haben Sie das her?
Die ungeheuren Informationsmengen zum Film der Fünfziger kommen von meinem Lektor Gerry Howard (der schon sein ganzes Leben lang in Gene Tierney verknallt ist; Sie können ihn gern damit aufziehen. Er hat immer noch ein Foto von ihr in seiner Brieftasche.) Ursprünglich hatte ich »Diva« mit Anspielungen auf Stummfilmstars aus der Zeit von 1910 bis 1930 vollgestopft, aber Gerry meinte, die seien viel zu esoterisch und alle längst vergessen. Zu Stummfilmstars können Sie mich alles fragen – wussten Sie, dass Lon Chaney deshalb eine so brillante Gebärdensprache hatte, weil seine Eltern beide taubstumm waren? –, da quatsche ich Sie mit Anekdoten zu, bis Sie weinen wie ein kleines Mädchen.

Was ist Ihr Lieblingsfilm aus dieser Zeit, und warum?
Alles von Douglas Sirk. Ich brauche nur Earl Grant zu hören, wie er die ersten Zeilen des Titelsongs von Imitation of Life [Solange es Menschen gibt] singt, und schon zerschmelze ich zu einem heulenden Häufchen Elend. Oder wenn Susan Kohner sich auf den Sarg mit ihrer toten Mutter wirft ... das ist Kino-Magie!

Wer ist Ihr Lieblingsstar aus dieser Zeit, und warum?
Gloria Grahame, und nie möchte ich irgend etwas Intimes über sie wissen. Für mich muss sie immer wunderbar und vollkommen bleiben. Insbesondere will ich NICHT wissen, ob ihr Gesang in Oklahoma! synchronisiert wurde.

Was ist Ihr Lieblingsschwarzweißfilm, und warum?
Eine absolut unfaire Frage. Fast alle meine Lieblingsfilme sind schwarzweiß: Wuthering Heights [Stürmische Höhen] („Ich bin Heathcliff!“), Suddenly Last Summer [Plötzlich im letzten Sommer] („Dann kamen wir nach Cabeza de Lobo ...“) und The Last Picture Show [Die letzte Vorstellung] (Hank Williams ist ein Gott) sind zur Zeit alles meine Lieblingsfilme. Nein, Halt, jetzt ist mein neuer Liebling Mildred Pierce [Solange ein Herz schlägt]. Sie sehen ... das ändert sich von Minute zu Minute.

Wie unterscheiden sich die Filme dieser Ära von den Verfilmungen Ihrer Bücher, »Der Simulant« und »Fight Club«?
Damals waren die Studios wild entschlossen, jedem Film ein Happy End zu verpassen. Heute sind wir bereit, auch mal etwas Realistischeres zu akzeptieren, das heißt: am Ende sind alle geschieden oder tot.

Was hat sich seither am Status der Filmprominenz geändert?
Ich vermute, durch die explosionsartige Ausbreitung der Massenmedien – Internet, Kabelfernsehen – ist die Promiwelt in immer kleinere Bruchstücke von Ruhm zerfallen. Das Monster Massenmedien braucht so viele neue „Stars zum Anfassen“, dass praktisch die ganze Welt zu Schwab's Drugstore [ein ehemaliger Treffpunkt der Filmprominenz am Sunset Boulevard, wo Lana Turner entdeckt worden sein soll] geworden ist. Hey, wenn ich eine Anspielung auf Lana Turner einbauen will, dann schaff ich das auch.

Apropos Kitty Kelley: Was halten Sie von dem Rummel um Oprah Winfrey?
Ich finde, Oprah sollte mich in ihre Show einladen und mich mit Lobeshymnen überschütten. Sie und ich werden die besten Freunde und ziehen dann über Jonathan Franzen her. Als ihr neuer bester Freund verspreche ich, ihr beim Abnehmen zu helfen.

Lieblingsfilme aus neuerer Zeit?
Notes on a Scandal [Tagebuch eines Skandals]. The Hunger [Begierde]. Paper Moon. Moment, welches Jahr haben wir? Ist George Cukor schon tot?

Was halten Sie von Avatar?
Den habe ich noch nicht gesehen. Ich warte auf das Remake von Douglas Sirk mit Lana Turner und Sandra Dee. Was für eine Vorstellung ... Sandra Dee in 3-D. Wenn Troy Donahue die Schwarze zusammenschlägt, werde ich das Gefühl haben, er prügelt mich durch die Gegend.

Was lesen Sie zur Zeit?
Ehrlich gesagt, ungelogen, lese ich Bücher von Judy Blume. Natürlich nur, um ihren Stil und ihre „Stimme“ zu studieren, aber darüber hinaus weiß ich jetzt, wie es sich anfühlt, wenn ich von einem Highschoolboy entjungfert werde, der mich eigentlich gar nicht so sehr geliebt hat. Seufz.

Was für Musik hören Sie?
Im Internet gibt es eine Seite, die heißt Pandora, und da läuft bei mir Blondies „Heart of Glass“. Ansonsten heißt mein Gott Hank Williams. Irgendwie mag ich sowohl Country als auch New Wave ... dafür hätte ich eigentlich einen Parkausweis für Behinderte verdient.

Irgendwelche besonderen Herausforderungen oder Glücksgefühle beim Schreiben dieses Romans?
Alles, was mit einer Tastatur zu tun hat, ist für mich eine Herausforderung. Und Rechtschreibung. Glücksgefühle hatte ich hauptsächlich, weil ich über 75 Joan-Crawford-Biographien lesen musste und die alle von der Steuer absetzen konnte.

Sie bringen seit einiger Zeit jedes Jahr ein Buch heraus. Ist das eine Gangart, die Ihnen aus irgendeinem bestimmten Grund besonders entgegenkommt? Schon mal überlegt, ob Sie mehr oder weniger schreiben sollten?
Sobald ich etwas entdecke, was mir mehr Spaß macht als Schreiben – und ich rede NICHT von Drogen –, werde ich so schnell mit dem Schreiben aufhören, dass Ihnen schwindlig wird. Ich bin süchtig danach, mir Geschichten auszudenken, zu recherchieren, zu schreiben. Ich schreibe buchstäblich, bis der Arzt kommt. Mein einziger anderer Traumjob wäre, als Oprahs Butler zu arbeiten.

Möchten Sie schon etwas zu Ihrem nächsten Roman sagen?
Mein nächster Roman, der für 2011 – argh, mein Leben ist so festgelegt – soll »Damned« heißen und handelt von einem elfjährigen Mädchen, das sich in der Hölle wiederfindet und lernt, das korrupte System der Dämonen und Körperflüssigkeiten zu manipulieren. Stellen Sie sich vor, Shawshank Redemption [Die Verurteilten] hätte ein Kind von The Lovely Bones [In meinem Himmel], das von Judy Blume aufgezogen würde, dann haben Sie mein nächstes Projekt. Wie frustrierend für die Kleine, Madison heißt sie, wenn sie erkennt, dass sie niemals erwachsen werden wird ... und glauben Sie mir, ich weiß genau, wie sie sich fühlt. Jeden einzelnen Tag betrachte ich im Badezimmerspiegel meine Brust, von der Seite, und hoffe, sie ist größer geworden. Vielleicht könnte man mal einen 3-D-Spiegel erfinden ...

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