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SPECIAL zu David Foenkinos

Eine Liebe auf den ersten Blick

David Foenkinos und die deutsch-jüdische Malerin Charlotte Salomon

Kennen Sie Charlotte Salomon?

Seit vielen Jahren treibt die junge Frau David Foenkinos um, raubt ihm nachts den Schlaf, geistert durch seine Romane. Sie könnte heute zu den bedeutenden deutschen Künstlern des 20. Jahrhunderts gehören, mit Paula Modersohn-Becker, Marc Chagall und anderen in einem Atemzug genannt werden. »Die Vorstellung, was aus ihr hätte werden können, wäre sie nicht ihrer jüdischen Herkunft wegen von den Nazis ermordet worden, ist zum Verzweifeln« (FAZ). Wie durch ein Wunder überlebten ihre Bilder den Krieg und befinden sich heute im Joods Historisch Museum in Amsterdam. Charlotte Salomon hatte sie 1942 kurz vor ihrer Deportation im südfranzösischen Exil einem Vertrauten übergeben mit den Worten »Das ist mein ganzes Leben«.
Was ist es nun an diesem kurzen Leben, das einen französischen Bestsellerautor der Gegenwart nicht loslässt? 1917 in Berlin geboren, wächst Charlotte als einziges Kind in einer bürgerlichen Familie auf. Als sie neun Jahre alt ist, nimmt sich ihre Mutter das Leben. Fortan wird das in sich gekehrte, verträumte Kind von wechselnden Kindermädchen betreut – allein Fräulein Hase gelingt es, ihr Herz zu erobern. Nach der Heirat des Vaters, eines angesehenen Chirurgen, mit der gefeierten Opernsängerin Paula Lindberg gehen eine Zeit lang berühmte Künstler und Wissenschaftler bei den Salomons ein und aus.
Doch die Machtergreifung der Nazis 1933 bereitet dem illustren Treiben ein jähes Ende. Der Vater verliert seine Lehrbefugnis, die Stiefmutter ihre Engagements, Charlotte muss kurz vor dem Abitur die Schule verlassen. Glücklicherweise entdeckt sie im selben Jahr ihre Begeisterung für die Malerei und findet damit einen Weg, der düsteren Wirklichkeit zu entfliehen. Dank ihrer außergewöhnlichen Begabung gelingt es ihr, als eine der letzten Jüdinnen 1935 an der Berliner Kunstakademie zugelassen zu werden. Doch die politische Lage spitzt sich zu, 1939 flieht sie zu den Großeltern nach Villefranche in Südfrankreich.
Dort malt sie in einem wahren Schaffensrausch einen Zyklus mit über tausend Gouachen expressionistischen Stils, in denen sie ihr ganzes Leben wie in einer Bildergeschichte erzählt. Leben? Oder Theater? betitelt sie dieses »Singspiel«. Sie verliebt sich in einen österreichischen Exilanten, heiratet. 1943 werden die beiden denunziert, und Charlotte wird – im fünften Monat schwanger – in Auschwitz vergast.

»Ein Werk voller Sinnlichkeit, Schönheit und Klarheit« – David Foenkinos‘ Faszination für Charlotte Salomon

Über sechzig Jahre später sieht David Foenkinos ihre Bilder in einer Ausstellung. Die jüdische Malerin war ihm bis dahin nicht bekannt, doch beim Anblick ihrer Gemälde ist er überwältigt vom Gefühl einer alten Vertrautheit. Es ist, so Foenkinos, eine Liebe auf den ersten Blick. In Charlotte Salomons Werk erkennt er ein Thema, das ihn seit Jahren bewegt:
Wie man Trauer überwinden, wie man nach oder im Angesicht der Katastrophe weitermachen kann. Denn wenngleich seine bisherigen Romane als »Inbegriff der legendären französischen Leichtigkeit « gelten (Deutschlandradio) und in einem heiter-burlesken Ton über die Liebe mit all ihren Begleiterscheinungen räsonieren, ist ihnen immer auch etwas Existenzielles zu eigen. Die FAZ schrieb einmal, sie seien »so etwas wie literarische Pendants zu dem Kinofilm Ziemlich beste Freunde«, und Foenkinos selbst sagte in einem Interview: »Man muss, koste es, was es wolle, die Dinge ins Positive drehen.«
Im Leben Charlotte Salomons ist für ihn dieser Gedanke gewissermaßen auf die Spitze getrieben. Denn durch die Kunst gelang es ihr nicht nur, der fatalen familiären Veranlagung zum Selbstmord zu widerstehen, sondern noch in größter Bedrängnis den Mut nicht zu verlieren. Foenkinos begibt sich also in den folgenden Jahren auf ihre Spuren, reist an die Orte ihres Lebens, macht unablässig Notizen und ringt um die richtige Form, die richtige Sprache, um über sie zu schreiben.

Im Herbst 2014 ist es endlich so weit, Charlotte erscheint in Frankreich. Und verblüfft mit seiner ungewöhnlichen Form: Jeder Satz beginnt in einer neuen Zeile. Foenkinos begründet dies mit dem Bedürfnis, beim Erzählen innezuhalten, Atem zu holen. Doch nicht nur in dieser Hinsicht ist der Text überraschend. Häufiger als sonst meldet der Autor sich in diesem Roman zu Wort, erzählt von Erlebnissen und Begegnungen während seiner jahrelangen Recherchen. Foenkinos wagt viel – und gewinnt: Mit seiner poetisch reduzierten Sprache, seiner hohen Emotionalität, der Mischung von Tatsachen und Fiktion begeistert das Buch Leser und Kritiker. Kurz nach Erscheinen führt es die Top Ten der französischen Bestsellerliste an, erhält den renommierten Prix Renaudot und den Prix Goncourt des lycéens und verkaufte sich mittlerweile eine halbe Million Mal.
Im Leben Charlotte Salomons gab es immer wieder Menschen, die sie unterstützten, die an sie glaubten. Mit seinem neuen Roman reiht David Foenkinos sich unter sie ein, denn schon jetzt hat das Buch dazu beigetragen, dass sich Charlottes Spuren in der Gegenwart verdichten. Noch dieses Jahr werden in Südfrankreich Plaketten angebracht an Orten, an denen sie lebte – in Gegenwart von Foenkinos. Sein Wunsch, dass noch viele Menschen ihre einzigartige Geschichte kennenlernen, scheint sich zu erfüllen ...

Charlotte

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