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»Den Mund voll ungesagter Dinge« von Anne Freytag (Heyne fliegt)

»Den Mund voll ungesagter Dinge«. Weil manche Bücher nötig sind.

Essay von Anne Freytag

Anne Freytag
© Michael Tasca
Eigentlich sollte es egal sein, in wen man sich verliebt. Mit wem man schläft. Für wen sich das Herz entscheidet, für wen es schneller schlägt. Es sollte keine Rolle spielen, wer dieser andere Mensch ist. Es sollte nur darum gehen, wie man sich mit ihm fühlt, und was dieses Gefühl mit einem macht. In einer perfekten Welt würde sich niemand einmischen. In unserer hat jeder eine Meinung. Auch, wenn er gar nicht danach gefragt wird. Menschen mischen sich ein und manchmal trennen sie, was zusammen gehört. Es ist schwer anders zu sein, obwohl wir doch eigentlich alle anders sind – und alle gleich.

Ich weiß, dass es teilweise kompliziert ist, siebzehn zu sein. Was ist man denn, wenn man weder Kind noch erwachsen ist? Verwirrt. Unter Druck. Und unsicher. Dieses Thema beschäftigt mich immer wieder. Dieses Mal aus einer anderen Perspektive. Wie ist es wohl, siebzehn zu sein und sich in ein Mädchen zu verlieben? Wenn man zuvor mit Jungs geschlafen hat und sich dann aus heiterem Himmel zu einem Mädchen hingezogen fühlt? Wenn aus Freundschaft plötzlich mehr wird? Wie geht man damit um? Wie fühlt es sich an, etwas zu wollen und es gleichzeitig nicht (wahrhaben) zu wollen? Wenn alles auf einmal anders ist. Man plant es ja nicht, es passiert einfach. Überkommt einen. Man sucht sich nicht aus, wen man liebt, man lebt damit.

Ich werde immer wieder gefragt, ob es mir schwerer gefallen ist, eine Liebesgeschichte über zwei Mädchen zu schreiben. Die Antwort lautet: Nein. Das ist das Schöne an Liebe. Sie schert sich nicht um unsere Meinung. Liebe verbindet, bringt Menschen zusammen – das ist ihre Natur. Menschliche Werte stellen sich ihr in den Weg.

Ich wünschte, es wäre egal, in wen man sich verliebt, ich wünschte, Bücher wie „Den Mund voll ungesagter Dinge“ wären nicht nötig, aber ich glaube, dass sie es sind. Ich glaube, es ist wichtig, gerade jungen Menschen zu zeigen, dass es in Ordnung ist, man selbst zu sein, dass es okay ist, sich als Mädchen in ein Mädchen und als Junge in einen Jungen zu verlieben. Ich glaube, es ist wichtig, ihnen zu zeigen, dass es nicht um normal oder nicht normal geht, sondern um Respekt und Akzeptanz. Darum, dass nicht mit ihnen etwas nicht stimmt, sondern mit Gesellschaften, die ein Problem mit ihnen haben.

Ich verstehe den Wunsch von Jugendlichen, gut genug zu sein. Den Wunsch, von ihren Eltern geliebt und ihren Freunden anerkannt zu werden. Den Wunsch, irgendwo dazuzugehören, Teil von etwas zu sein, ernst genommen und gebraucht zu werden. Und deswegen verstehe ich auch die Angst, die viele davor haben, sie selbst zu sein – weil sie selbst zu sein bedeuten könnte, andere zu verletzen, zu enttäuschen, unglücklich zu machen. Es ist schwierig, wenn man sich selbst sucht und dabei etwas findet, das man nie finden wollte. Es ist schwierig, ehrlich zu sich selbst zu sein und noch schwieriger zu Anderen, wenn man mit Ablehnung, Enttäuschung und Unverständnis rechnen muss. Aber ein Leben in der Lüge ist nur halb gelebt.

In meinem neuen All Age Roman geht es um Sophie. Um ihre Ängste und Zweifel. Es geht um die großen Fragen nach dem „Wer bin ich?“ und dem „Bin ich gut so wie ich bin?“. Es geht um eine Liebe, die alles auf den Kopf stellt, um Familie, um alte Wunden und Neuanfänge. Es ist eine Geschichte über das Leben und über die Liebe. Eine Geschichte, in der die Hauptfiguren beides Mädchen sind.

Anne Freytag

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