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Die Kriminalromane von Berni Mayer

Trailer zu "Black Mandel"

Schauspieler: Markus Kavka, Berni Mayer
Footage: Giggi Rettberg, Bjørmar Vik Moldskred
Musik: Dark Reich, The Gebruder Grim
Regie: Berni Mayer

Es ist verteufelt wenig los in der Detektei der ehemaligen Musikjournalisten Mandel und Singer. Doch gerade als der Lagerkoller einsetzt, werden sie nach Bergen in Norwegen auf ein Konzert eingeladen. Nach einem hemmungslosen Besäufnis finden sie sich mitten in einem Clankrieg der dortigen Black-Metal-Szene wieder. Auf der Suche nach dem verschwundenen Musiker Baalberith machen sie Bekanntschaft mit Kirchenbrandstiftern, Kultführern, Okkultisten und grotesken Fischgerichten.


Berni Mayer zu "Black Mandel"

Lieber Leser,

Berni Mayer
ich weiß nicht, ob Sie “Mandels Büro” gelesen haben, aber erlauben Sie mir noch ein paar Worte dazu. “Mandels Büro” war ein Zwitter aus Kriminalroman, Mediengroteske und der Geschichte einer langsam zum Teufel gehenden Freundschaft. Wenn ich das Buch heute in die Hand nehme, sehe ich auch die Satire und eine sanfte Entblößung der Musikindustrie darin - als ich es geschrieben habe, ging es mir nahezu ausschließlich um die Evolution oder eher die Regression der Beziehung zwischen Max Mandel und Sigi Singer. Am Ende des ersten Romans war mir klar, dass er lediglich den Anfang einer Entwicklung bei meinen Charakteren darstellt, und ich fühlte mich förmlich gezwungen, den Figuren weiter zu folgen. Max Mandel, der nie ganz greifbaren Lichtgestalt, den selbst der missmutigste Kommentar des Erzählers Sigi Singer nicht zu entzaubern vermag und eben Sigi Singer selbst, der Underdog, der Im-Windschatten-Boxer, der ewig zweite Detektiv.

Klar war: Für einen zweiten Fall muss die Konstellation bestehen bleiben und trotzdem alles anders werden. Die beiden müssen weg aus ihrem Büro, aus ihrer Stadt, die ja für die beiden Süddeutschen ohnehin schon ein Exil darstellt. Die beiden müssen noch weiter in die Fremde, so weit, bis aus der Fremde eine feindliche Umgebung wird, in der nicht nur ihre Freundschaft, sondern auch ihr musikalischer Sachverstand und ihr kriminalistisches Gespür nicht mehr ausreichen, um Herr der Lage zu bleiben. Eine Umgebung, in der sie gezwungen sind, sich mit den drei elementaren Dingen ihres Daseins als Rock'n'Roll-Detektive auseinander zu setzen. Bin ich schon zu alt für Rock'n'Roll? Wogegen rebelliere ich noch? Was zum Teufel tu ich hier überhaupt?

Der Dokumentarfilm “Until The Light Takes Us” über die norwegische Black-Metal-Szene der 90er Jahre und was von ihr übrig blieb, lieferte mir das Szenario für diese Fragen. Die Geschichte des norwegischen Black Metals ist nicht nur eine Geschichte voller Grausligkeiten und morbider Kriminalfälle, sondern auch die Geschichte einer gesellschaftlichen Entfremdung. Sie ist spannend, brutal und politisch zugleich. Mandel und Singer poltern mitten in diese Historie hinein und müssen am Ende nicht weniger aufarbeiten als die Vergangenheit einer extremen Jugendbewegung und ihre eigene Jugend gleich mit dazu.

In “Black Mandel” ermitteln Mandel und Singer in Bergen. Ich war dort. Die Leute sind freundlich, es regnet das ganze Jahr und die Stadt wird von Felsen und schlechtem Wetter belagert, so dass nur wenig Licht in sie eindringt. Sie ist sauber und schön designt, aber ihr hängt eine gewisse Traurigkeit an, die dazu führt, die Dinge mit mehr Humor und Kaltschnäuzigkeit zu nehmen als wir das hier in Deutschland tun. Und es scheint fast so, als brächten Mandel und Singer mit ihrer Anwesenheit in Norwegen einen Knoten zum Platzen, der nicht nur sie selbst, sondern eine ganze Stadt dazu zwingt sich die alten Fragen zu stellen: Bin ich schon zu alt für Rock'n'Roll? Wogegen rebelliere ich noch? Was zum Teufel tu ich hier überhaupt?

Viel Vergnügen mit “Black Mandel”.

Herzlich,
Ihr Berni Mayer


Black Dylon

Der Berni Mayer. Der war mal Musikredakteur. Ist er nicht mehr. Dafür schreibt er jetzt Bücher. Über zwei Musikredakteure. Die es auch nicht mehr sind. Jetzt versuchen sie sich als Detektive. Was gar nicht so einfach ist. Im ersten Fall (Mandels Büro) waren sie auf der Spur des Mörders eines Berliner Rockstars. Und in Black Mandel, ihrem Debüt bei Heyne Hardcore, verschlägt es sie nach Norwegen. Dem Land des Regens und der grotesken Fischgerichte. Diesmal sind sie auf der Suche nach einem verschwundenen Black-Metal-Sänger. Ach ja, der Berni Mayer spielt auch in einer Metal-Band, den Gebruder Grim. So schließt sich der Kreis. Hier schreibt er über eine weitere interessante Querverbindung.

Black Metal und Bob Dylan haben viel gemeinsam.

Mit dieser These will ich gar niemanden hinterm Musikkritiker-Kamineck hervorprovozieren, aber es ist mir beim Schreiben der letzten beiden Bücher aufgefallen. Schauen wir uns den Vergleich spaßeshalber doch mal an.

Bob Dylan war zu seiner Anfangszeit ein sogenannter Protestsänger. Er schrieb und sang, weil ihm etwas an der Gesellschaft stank. Anfang der Sechziger engagierte er sich mit seiner Musik für die Bürgerrechts-bewegung. Black Metal – und wir reden hier vom mythenbildenden norwegischen Black Metal der Neunziger – stank ebenfalls so einiges an der Gesellschaft. Seine Bewegung hatte auch etwas mit Bürgerrechten zu tun, sie richtete sich gegen die konfessionelle und traditionelle Bevormundung durch die Staatskirche.

Bob Dylan ist freilich nicht anti-religiös, ganz im Gegenteil, er hat eine dezidierte Vorstellung von göttlicher Gerechtigkeit, aber mit seinen bis heute wiederkehrenden Bibelmotiven proklamiert er eine sehr graswurzelartige, traditionalistische Spiritualität. Die Black-Metaller mögen Anti-Katholiken sein und das Christentum zur Hölle wünschen, aber auch sie liefern mit Naturglauben und der Bewahrung heidnisch-ur-nordischer Traditionen eine Alternative zur zugrunde geheuchelten Staatsreligion.

Bob Dylan macht aus einer musikalischen Untertreibung eine Kunstform. Er nölt und ächzt sich durch seine Folksongs, die Produktion spielt kaum keine Rolle, es geht primär um die Stimmung, die Atmosphäre. Der Black Metal zelebriert das ganz ähnlich. Sein Statement ist die Lo-Fi-Produktion, das hässliche Geschrei, die repetitiven Gitarren und die brutale Monotonie der meisten Stücke. Atmosphäre über Songwriting ist sein Credo.

Der frühe Bob Dylan und der norwegische Black Metal sind Jugendbewegung und Protestmusik, bei der es den Protagonisten aber schon auch darum geht, cool auszusehen. Dylan der Dandy und die bleichen Spukgestalten mit der Leichenschminke, die am Fjord herum-stehen wie bestellt und nicht abgeholt – jeder will auf seine Art wirken. Natürlich hat Bob Dylan weder Leute umgebracht noch Kirchen angezündet, und von einer aggressiv-rechtsgerichteten Weltanschauung ist er so weit weg wie McCarthy vom Kommunismus, aber die gemeinsame Basis lässt sich nicht ganz leugnen.

Das findet auch der Musikjournalist gone Privatdetektiv Max Mandel in seinem zweiten Fall Black Man-del, und das erklärt vielleicht seine Faszination für das Sujet, und warum er sich bis zuletzt so tief in die Blödheiten einer extremistisch angehauchten Nachwuchs-Black-Metal-Kapelle hineinziehen lässt. Sein Partner Sigi Singer erliegt nur anfangs und nur ästhetisch dem Gesamtkunstwerk Black Metal, diesem avantgardistischen Wutanfall, aber dann erkennt er sehr schnell, dass sich auch hinter dieser Rebellion schneller der Selbstzweck hervorschält, als man »Es brennt« schreien kann.

Vielleich ist Black Mandel auch eine Art Anti-Reiseführer für Bergen in Norwegen geworden. Als ich eines Abends dort im Garage bei einem unfassbar teuren Bier sitze, mit einer krakenartigen Erkältung am Hals, und es seit Tagen regnet, bekomme ich auch langsam das Gefühl, mich wehren zu müssen. Dabei bin ich erst ein paar Tage hier. Und obwohl die Leute unglaublich freundlich sind, jedes Haus und jeder Park in bestem Zustand ist, und das Gesamt-Landes-Design dem Auge schmeichelt, spüre ich doch eine gewaltige Enge, hier in dem bedrückenden Wohlstand, eingezwickt zwischen Bergen und Meer. Ich kann mir schon vorstellen, dass man irgendwann auf den Tisch hauen möchte, einfach nur so, das genaue Motiv überlegt man sich dann hinterher. Doch Gott sei Dank ist die Welt und Norwegen in der Überzahl nicht mit Arschlöchern bevölkert, sodass Brandstiftungen und Amokläufe die Ausnahme bleiben. Die meisten machen’s dann doch wie ich an dem Abend im Garage: Sie unterhalten sich mit einem hübschen Mädchen, trinken noch ein paar Bier zu viel, gehen auf ein Konzert und hören zum Ein-schlafen noch ein bisschen den alten Bob Dylan.