Interview mit Peter Wohlleben und Pierre Ibisch
Lieber Peter Wohlleben,
Sie haben über 20 Jahre als Förster gearbeitet und leiten nun die von Ihnen gegründete Waldakademie in der Eifel. Sie engagieren sich für den Naturschutz und vermitteln als Autor, Redner und Dozent allgemeinverständlich und empathisch Wissen über das Ökosystem Wald und seine weltweite Bedrohung. Zusammen mit dem Biologen Pierre Ibisch, Professor für Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung, haben Sie das umfassende Werk „Waldwissen“ veröffentlicht.
Wie ist die Idee zu diesem Buchprojekt entstanden?
Pierre und ich sind uns zwar auch schon früher begegnet, haben uns aber zum ersten Mal so richtig anlässlich der Dreharbeiten zum Kinofilm „Das geheime Leben der Bäume“ ausgetauscht. Damals ging es um Waldbrandflächen in Brandenburg und einen der ältesten Wälder Deutschlands. Wir merkten schnell, dass wir sehr ähnlich ticken. Wir arbeiten seitdem häufig zusammen, und so fiel uns auf: Es gibt ja gar kein Grundlagenbuch für den Wald!
Pierre Ibisch, für wen haben Sie es geschrieben und was möchten Sie erreichen?
Das Buch haben wir für alle Leserinnen und Leser geschrieben, die sich für unsere Umwelt und unsere Rolle in ihr interessieren. Wald ist spannender als jeder Krimi! Wer das Buch gelesen hat, wird noch mehr Freude an der Natur empfinden und verstehen, warum Wald für unsere Zukunft so wichtig ist.
Wann ist Ihre Leidenschaft für den Wald erwacht und was fasziniert sie an diesem komplexen Ökosystem?
Peter Wohlleben: Meine Leidenschaft ist mit Beginn meiner Tätigkeit als Förster erwacht (Natur habe ich vorher schon geliebt). Je mehr ich mich mit Wald beschäftigte, desto klarer wurde, wie ungeheuer komplex dieses Ökosystem ist. Wälder, die Regen machen, die ganze Landschaften kühlen, die unzählige Arten beherbergen – da kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Pierre Ibisch: Bei mir ging es wohl mit den Waldspaziergängen mit meinen Eltern los. Später hatte ich die Chance, lange in Südamerika zu leben, noch völlig unbekannte Wälder zu erforschen und dort sogar unbekannte Arten zu entdecken. Ich durfte Wald auf verschiedenen Erdteilen erleben und schützen. Immer mehr faszinierte mich nicht allein die Formenvielfalt, sondern auch die Frage: Wie funktioniert Wald eigentlich unter ganz verschiedenen Lebensbedingungen?
Pierre Ibisch, inwiefern wirkt die Natur – und besonders der Wald – auf den Menschen?
Die Wälder stabilisieren das Weltklima und stellen uns das wichtigste Lebensmittel zur Verfügung, das Wasser. Wir sind auch ein Teil der Natur – zum guten Leben gehört der Kontakt zu anderen Lebewesen. Es ist nicht verwunderlich, dass Pflanzen, Tiere und natürlich der Wald positive, ja, messbare gesundheitsfördernde Wirkungen haben.
Peter Wohlleben, was wünschen Sie sich für unsere Welt?
Ich wünsche mir vor allem mehr Empathie und Toleranz – unter den Menschen, aber auch unser Mitwelt gegenüber. Wir müssen unseren Verbrauch an Rohstoffen drastisch reduzieren, um wenigstens auf einem Teil der Landfläche funktionstüchtige und entwicklungsfähige Wälder zu erhalten. Weniger materiellen, dafür mehr immateriellen Konsum, vor allem Naturerlebnisse - das ist die richtige Richtung.