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SPECIAL zu Trudi Canavan

Was vor der „Gilde der Schwarzen Magier“ geschah

Eine Rezension von Carsten Hansen

Die Australierin Trudi Canavan ist so etwas wie eine „fantasy native“, eine Ureinwohnerin des Genres – auch wenn ihr Berufsleben mit Tätigkeiten als Illustratorin, Grafikerin und Kartografin begann. Später wechselte sie zum australischen Fantasy- und Science-Fiction-Magazin „Aurealis“. Hier unternahm sie mit Kurzgeschichten ihre ersten Schritte als Autorin. Der Rest ist Geschichte: Es folgte die Trilogie „Die Gilde der Schwarzen Magier“. Alle drei Bände wurden zuerst in Australien zu Bestsellern und eroberten anschließend den Rest der Welt. „Magie“ knüpft an die große Saga an, ist ihr chronologisch aber vorgeschaltet.

Eine besondere Gabe
In „Magie“ lernen wir Tessia kennen. Sie ist die Tochter des Heilers Veran, der Arzt, Schamane und Weiser in einer Person ist und mit seiner Kunst den Herrschern des Landes ebenso wie den einfachen Bauern helfen muss. Veran hält nichts davon, dass Tessia – als Frau – in seine Fußstapfen treten will. Und ihre Mutter sähe es ohnehin am liebsten, würde Tessia einfach einen anständigen Ehemann finden. Eines Tages werden Vater und Tochter zum Anwesen ihres Herrn, Lord Dakon, gerufen. Dort finden sie einen grausam zugerichteten, bewusstlosen Mann. Er ist ein Sklave des skrupellosen Magiers Takado, der über das Volk der Sachakaner herrscht und sich auf seine eigene Art Respekt verschafft hat: „Für einen habgierigen, grausamen Mann mit zu viel Macht und zu wenig Selbstbeherrschung kann Takado beunruhigend scharfsinnig sein“. Er ist dreist genug, Tessias Vater anzubieten, ihm seine Tochter abzukaufen. Als Tessia bei der Versorgung des Verwundeten von einer gewaltigen Magie angegriffen wird, entdeckt sie ihre besondere Gabe: die magische Selbstverteidigung.

Die Unterweisung
Um ihr natürliches Talent zu vervollkommnen, lässt sie sich von Lord Dakon unterweisen – auch weil ihr Vater es ablehnt, sie als Heilerin auszubilden. Bei Lord Dakon muss sie sich im direkten Vergleich zu dessen Meisterschüler Jayan beweisen. Dieser hat eine genaue Vorstellung davon, wie er mit seinen Fähigkeiten zu Reichtum gelangen und das Erbe Lord Dakons antreten kann. Tessias lange Lehrstunden tragen indes Früchte, ihre angeborene Gabe reift immer weiter. So entwickelt sie auch die Fähigkeit, Gedanken anderer Menschen zu lesen – und so ihren Gegnern immer einen Schritt voraus zu sein. Zusammen mit Tessia erobert der Leser immer neue Horizonte magischer Begabungen. Doch wird ihre Ausbildung jäh unterbrochen, als Sachakaner Tessias Heimatort Mandryn angreifen. Lord Dakon und seine Getreuen brechen auf, um das Land zu verteidigen, und auch Tessias Fähigkeiten sind jetzt mehr denn je gefragt, um im uralten Kampf Gut gegen Böse zu bestehen. Auf Tessias Schultern lastet eine enorme Verantwortung…

Nicht das übliche Setting
Hierzulande erscheinende Fantasy-Romane folgen häufig ähnlichen Strickmustern: Man bedient sich im europäischen Mittelalter, nimmt ein wenig schwarze Magie hinzu, baut nach Bedarf Trolle und Dämonen ein – und fertig ist die Geschichte. Trudi Canavans Romane sind anders. Natürlich finden sich auch in ihnen Anklänge an vormoderne Zeiten, doch siedelt die Autorin ihre Sonea-Welt irgendwo zwischen dem Spätmittelalter und der viktorianischen Epoche an – also deutlich näher an unserer Zeit –, wobei die Autorin Architektur, Essen und Dekor wiederum der japanischen Kultur entlehnt. Wahrlich ein eigenes Universum, das Trudi Canavan da erschafft. Ihre spürbare Leidenschaft für Reiseberichte, Illustrationen und kreatives Kartenzeichen tut ihr Übriges dafür, dass sich ihre Bücher wie packende „Reiseführer für eine andere Welt“ lesen – und damit genau das sind, was gute Fantasy-Romane sein sollten. Trudi Canavan ist zugleich Erzählerin, Reisebegleiterin, Fährtensucherin und Visionärin. Man gibt sich ihrer Imagination gerne hin, lässt die Konturen der realen Welt verschwimmen und taucht ab in die Abenteuer von Tessia, Veran, Dakon und all der anderen Bewohner ihres magischen Universums.
Carsten Hansen
(Literaturtest)
Berlin, Mai 2009

GENRE