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Horst Hrubesch. Die Biografie.

Horst Hrubesch. Die Biografie

Ein Gespräch mit Franz Beckenbauer

»Ich verstehe nicht, warum der HSV nie darauf gekommen ist, Horst als Trainer zu verpflichten. Er ist eine HSV-Ikone, die Fans und alle anderen hätten nicht nur hinter der Mannschaft, sondern auch hinter ihrem Trainer gestanden!«, sagt der »Kaiser« gleich zu Beginn unseres Gesprächs. »Ich habe Horst ein paar Mal darauf angesprochen: Warum übernimmst du den HSV nicht? Und jedes Mal hat er geantwortet: Du, mich hat keiner gefragt.«

Wir sitzen in tiefen Ledersesseln des bei Salzburg gelegenen Hotels Friesacher. Er habe Horst Hrubesch so richtig kennengelernt, erzählt Franz Beckenbauer, als er mit ihm zwei Saisons beim HSV spielte: »Horst war im Ausdruck stark, man hat auf ihn gehört, weil er ein richtiger Kapitän war. Er hat sich für seine Mitspieler ebenso eingesetzt, wie er auf dem Fußballplatz gespielt hat: mit voller Hingabe.«

Horst Hrubesch nachzusagen, er sei kein guter Fußballer gewesen, sei Unsinn. Bei groß gewachsenen Spielern schaue es halt manchmal etwas ungelenk aus. Der Mittelstürmer Hrubesch sei zwar nicht der Beweglichste gewesen, weil er körperlich so wuchtig war. Aber so sei eben auch seine Spielweise gewesen: wuchtig!

»Der Ernstl«, kommt Franz Beckenbauer auf den legendären Ernst Happel zu sprechen, »war ein großartiger Trainer, aber nicht einfach, denn er redete kaum. Und nicht mit jedem. Mit Horst hat er geredet, den mochte er, weil er gemerkt hat: Das ist ein Geradliniger. Nicht nur als Spieler, sondern auch charakterlich.«

Offenbar hat Franz Beckenbauer Bilder aus den erfolgreichen Jahren beim HSV vor Augen, als er plötzlich mit lauterer Stimme sagt: »Horst hat mich mal für zehn Tage ins Krankenhaus geschickt!« Er rutscht auf die Sesselkante vor, die Gelassenheit ist verschwunden: »Ich weiß noch, es war der 31. März 1982. Wir spielten zu Hause unter Flutlicht gegen den VfB Stuttgart. Manni Kaltz trat eine Ecke von rechts. Ich bin nach vorne zum Strafraum. Hansi Müller stand neben mir, und ich witzelte noch: Pass auf, jetzt mach ich ein Kopfballtor!«

Franz Beckenbauer lief in Richtung erster Pfosten, der Ball kam rein, er sprang hoch wie noch nie in seinem Leben, wollte gerade den Kopfball machen – da bekam er einen Schlag und prallte gegen den Pfosten. Horst Hrubesch war, begleitet von seinem Gegenspieler Karl-Heinz Förster, der ihn hautnah deckte, mit angezogenen Knien gegen den gestreckten Körper des vermeintlichen Torschützen gesprungen. Trotz Schmerzen spielte Franz Beckenbauer weiter, wurde aber nach dem Spiel in die Klinik eingeliefert. Es war fast Mitternacht. Bei der Erinnerung lächelt er: »In der urologischen Abteilung wurde vorher angekündigt: ›Beckenbauer kommt zur Untersuchung‹. Aber das hat keiner ernst genommen, alle dachten: ein Aprilscherz.«

Doch von wegen ... Franz Beckenbauer litt, bis er endlich mit schmerzstillenden Mitteln versorgt war. Am nächsten Tag teilte ihm Professor Herbert Klosterhalfen, eine Kapazität in der Urologie, mit, er habe trotz großen Glücks einen Nierenriss und müsse mindestens zehn Tage im Krankenhaus bleiben.

Nun kamen nach und nach die HSV-Spieler zu Besuch, erzählt Franz Beckenbauer weiter, »auch eine Gruppe mit Hrubesch, Kaltz und Magath. Zu Horst sagte ich vorwurfsvoll: Langer, spinnst du? Wegen dir liege ich jetzt im Krankenhaus! « Er unterbricht kurz, weil er lachen muss: »Und was antwortet Horst? Er sagt ganz entrüstet: Was hätte ich denn machen sollen? Ich musste dich doch aus dem Weg räumen!« Wieder lacht er und fügt dann mit Bewunderung in der Stimme hinzu: »So war er, der Horst Hrubesch! Noch heute begrüßen wir uns gerne mit einem Flachs. Ich gehe immer gleich in die Offensive und werfe ihm vor: Deinetwegen musste ich damals meine Karriere beenden! Und Horst kontert scheinbar ungerührt: Du hattest da vorne überhaupt nichts zu suchen!«

Die Verletzung ist unvergessen, aber schon lange vergeben, das wird überdeutlich. Noch einmal betont Franz Beckenbauer, dass er Horst Hrubesch immer wieder als Trainer empfohlen habe, weil er einfach von ihm überzeugt sei: »von Horsts klarem Konzept, seinem zuverlässigen Charakter und seiner starken Persönlichkeit«.

Der Fußball-Kaiser beendet das Gespräch mit der Bemerkung: »Horst ist einfach ein sympathischer Kerl. Ich freue mich immer, wenn ich ihn sehe.«