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Interview mit Inga Erchova zu »Jede Mutter kann glücklich sein« (Integral)

Der Schlüssel zum erfüllten Muttersein und zu einer glücklichen Mutter-Kind-Beziehung ist, sich an seine eigene Kindheit zu erinnern und den frühen Verletzungen bewusst zu werden, diese zu lindern und so Übertragungen auf die nächste Generation zu verhindern. Inga Erchova hilft Müttern, eine gesunde, glückliche Mutter-Kind-Beziehung zu entwickeln.



Warum ist es heute so schwer, Mutter zu sein? Hat das etwas mit unserer Zeit, unserer Gesellschaft zu tun?

Unsere patriarchale westliche Gesellschaft pflegt vor allem die maskulinen Werte wie Zielstrebigkeit oder rationales Denken. Das Mutterwerden wendet dagegen unseren Blick nach innen in die Welt der Gefühle. Es ist von der Natur so eingerichtet, damit wir mit dem Baby auf einer Wellenlänge sein können, um mit ihm mitzufühlen. Viele Mütter versuchen jedoch aus Gewohnheit das Neugeborene „mit dem Kopf“ zu versorgen und scheitern daran.

Worauf sind Frauen, die ihr Muttersein bereuen, nicht vorbereitet gewesen?

Mit ihrer eigenen Kindheit konfrontiert zu werden. Sie denken, das Kind hat sie ihrer Freiheiten beraubt. Doch das Unwohlsein kommt nicht nur vom Gefühl gefangen zu werden. Kinder beleben alte Wunden aus unserer eigenen Kindheit wieder, die uns bis dato oft nicht bewusst waren. Das macht das Muttersein so schwer.

Was sind die wahren Krisen im Wochenbett und in der Zeit danach?

Wenn sich junge Mütter an die rationale Welt klammern und sich ihren Gefühlen versperren, dann kann dieser innere Kampf sie an den Rand des Zusammenbruchs führen. Erschwerend kommt die Tatsache hinzu, dass junge Familien heutzutage isoliert leben und von ihren Herkunftsfamilien keine Hilfe bekommen. Junge Mütter verbringen lange Tage alleine mit ihrem Neugeborenen und müssen noch den Haushalt erledigen. Das ist unerträglich. Die Redewendung „Es braucht ein Dorf, um ein Kind groß zu ziehen“ kann ich nur unterschreiben.

Warum ist die eigene Kindheit so prägend für das Elternsein weit mehr als die Erziehung, Bildung oder die Kultur, in der man lebt?

Wenn wir während unserer ersten Lebensjahre mit Liebe und Zuwendung versorgt werden, dann bildet sich so etwas wie ein emotionales Polster, das uns lebenslang trägt. Wenn wir später Kinder kriegen, spendet uns dieses Polster die nötige Energie und die Liebe fließt in Fülle. Im konträren Fall sind unsere emotionalen Reserven leer und wir haben nichts, woraus wir schöpfen können. Die Abwesenheit der Muttergefühle verrät, wie ausgehungert nach Liebe wir selbst in Wirklichkeit sind.

Hat das Verstehen der eigenen Gefühle – deren Ursprung und Sinn – eine magische Kraft?

Viele Mütter verstehen die Welt nicht, wenn das lang ersehnte Kind sie plötzlich unglücklich macht. Das Problem liegt aber nicht im heute, sondern in der Vergangenheit. Wenn wir zurück in der Zeit gehen und die wahren Ursachen für das Unwohlsein herausfinden, dann ergibt sich plötzlich ein Sinn für das ganze bisherige Leben der Mutter, wie die Puzzlestücke, an der richtigen Stelle zusammengesetzt, ein größeres Bild ergeben. Das erleichtert und befreit.

Jeder trägt sein inneres Kind in sich? Wird dieses je erwachsen?

Das innere Kind ist die Summe der Erfahrungen aus früher Kindheit. Das Kind in uns ist ständig auf der Suche nach Trost und Liebe, falls diese in der Kindheit ausgeblieben sind. Wir können als Menschen nur reifen, wenn wir den alten Verletzungen Rechnung tragen, sonst bleiben wir seelisch bedürftige Kinder in der Gestalt erwachsener Menschen. Wir agieren dementsprechend wie trotzige, beleidigte Kinder, die ihre Bedürfnisse über die der anderen Menschen (und der eigenen Kinder) stellen.

Warum ist es nur möglich, dass geborene Kind zu lieben, wenn man sein eigenes inneres Kind angenommen und umarmt hat?

Bedürfnisse des inneren Kindes stehen in Konkurrenz mit Bedürfnissen des neugeborenen Kindes. Das schreiende neugeborene Kind wird als Bedrohung unseres Wohlseins empfunden und sein Verlangen nach Liebe erscheint uns übermäßig groß, weil unser Fass der Liebe leer ist. Ein geheiltes Herz ist ein offenes Herz. Ein verletztes Herz ist kalt und hart wie ein Stein.

Wie sieht die Arbeit mit dem inneren Kind aus?

Es ist wichtig an die Gefühle heranzukommen, die wir als Kind tatsächlich erlebt haben. Viel davon, was wir über uns wissen, ist durch die Erzählungen unserer Eltern verzerrt worden. Durch die therapeutische Arbeit werden reale Verletzungen bewusst. Danach geben wir dem inneren Kind den ihm ausstehenden Trost und Zuwendung. Zum Glück kennt die Seele keine Zeit.

Welche praktischen Übungen zur Selbstreflexion machen eigene Kindheitsverletzungen bewusst und verhindern ihre Übertragung auf die nächste Generation?

Es können Meditationen sein, die Arbeit mit dem Tagebuch oder Fotoalbum. In meinem Buch sind viele solche Übungen angeboten und beschrieben. Am effektivsten ist jedoch die Arbeit mit einem Therapeuten.

Können Mütter Vorsorge treffen, dass sie nach der Geburt nicht verzweifeln und wenn ja, wie?

Estens: Im Vorfeld die praktische Unterstützung im Haushalt sicherstellen, damit man im Wochenbett die Ruhe und die Zeit hat, sich auf das Kind und die neue emotionale Wellenfrequenz einzulassen, die das Wochenbett mit sich bringt. Und zweitens: Die eigene Lebensgeschichte einem neuen ehrlichen Blick unterwerfen und sich fragen: „Ist mein Liebesfass voll? Kann ich mich auf mein emotionales Polster verlassen?“

Haben insbesondere Erstmütter ambivalente Gefühle? Schützt die Erfahrung, bereits Kinder zu haben?

Das erste Kind bringt die größte Veränderung im Vergleich zum Leben davor und das erste Wochenbett ist am intensivsten. Wenn die Mutter sich ihren Gefühlen stellt, diese anschaut und aufarbeitet, wird jedes weitere Kind mit mehr Harmonie und Freude empfangen. Wenn die erste Krise jedoch mit geschlossenen Augen „ausgesessen“ wurde, kann sie bei jedem weiteren Kind aufs Neue auftreten.

Die Krise der Mutterschaft ist eine einzigartige Entwicklungschance im Leben einer Frau, sagen Sie. Warum?

Weil wir durch sie eine einzigartige Möglichkeit bekommen, uns selbst besser kennen zu lernen und die alten Verletzungen zu heilen. Es werden Energien freigesetzt, die sonst zum „behandeln“ alter Wunden ständig beansprucht werden. Wir kämpfen stets um die Liebe, die das Kind in uns verlangt, statt uns sinnvolleren Aufgaben zu widmen und die uns nah stehenden Menschen zu lieben, sei es unser Partner oder unsere Kinder.

Jede Mutter kann glücklich sein

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