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Tim Mälzer über DIE KÜCHE, seine Quintessenz des Kochens

„Das Kochbuch, das da vor Ihnen liegt, das bin ich“

In Ihrem neuesten Kochbuch besinnen Sie sich auf Ihre Anfänge und Ihren beruflichen Werdegang. Wo zeigen sich heute in Ihrer Küche die entscheidenden Einflüsse Ihrer Lehrmeister?
Ich habe mein Handwerk wirklich gelernt, das ist die Basis. Auf die klassische handwerkliche Ausbildung bei meinem alten Lehrherrn Helmut Helwig greife ich immer wieder zurück. Ganz deutlich spürt man aber auch den Einfluss von Gennaro Contaldo, die italienische Sichtweise auf Lebensmittel und die Art zu kochen. Ich versuche nicht zu kompliziert an Dinge heranzugehen. Dazu kommen das Reduzierte von Jean-Georges Vongerichten und die Erfahrungen meiner Reisen. Aus all dem hat sich ein Stil entwickelt, der vielleicht nicht einzigartig, aber auf jeden Fall meiner ist.

In welcher Hinsicht haben Sie sich von Vorbildern und Einflüssen losgesagt und einen ganz persönlichen Stil entwickelt, der auch in DIE KÜCHE zu erkennen ist?
Von der klassisch-französischen Richtung in der Ausbildung habe ich mich klar losgesagt. Mit ihren langen Garmethoden und den vielen unterschiedlichen Elementen auf dem Teller ist sie recht komplex. Mich hat das Japanische beeinflusst, das Klare, Reduzierte, wo die Natur die Form vorgibt, wo sich der Mensch, der das Produkt verarbeitet, sehr stark zurückhält.

Sie ermuntern dazu, zu experimentieren und sich nicht an Rezepte zu klammern. Wie bekomme ich als Hobbykoch die Sicherheit, intuitiv arbeiten und loslassen zu können?
Ich brauche als Fundament Kochtechniken. Sie sind relativ einfach. Wer jemals Gemüse blanchiert hat, muss dem jeweiligen Produkt nur die Garzeit anpassen. Wer jemals geschmort hat, wird das Prinzip verstehen. Hat man das einige Male gemacht, kann man aus dieser Sicherheit heraus experimentieren und beobachten, wann und warum eine Kochtechnik funktioniert. Das vertieft sich immer weiter, wie Fahrradfahren. Am Anfang sind wir alle mit Stützrädern gefahren.

Wie wichtig ist Ihnen die Alltagstauglichkeit der Rezepte und speziell auch die Verfügbarkeit der Zutaten?
Die meisten Menschen verfügen über begrenzte Möglichkeiten. In Deutschland ist es in manchen Regionen schon eine Herausforderung, frischen Koriander zu besorgen. Das ändert sich zwar, aber nicht in dem Tempo, in dem sich die Rezepte verändern. Deshalb versuche ich mich möglichst in den heimischen Regionen und unserem Essverständnis zu bewegen.

Erkennen Sie in der Konzentration auf das Wesentliche einen Trend?
Es entspricht auf jeden Fall meiner Einstellung – unabhängig von Trends –, und zwar schon seit meinem ersten Kochbuch. Kochen ist kein Buch mit sieben Siegeln, es handelt sich um fünf Grundtechniken. Gerade lernen wir Profiköche wieder ganz viel von den Menschen auf der Straße, und ich glaube, dass wir jetzt erst einen guten Küchentrend entwickeln – und zwar einen Megatrend, der sich in diesem Jahrzehnt vertiefen wird. Es geht dabei um die Besinnung auf das Verlässliche, das Bekannte und zugleich um dessen Weiterentwicklung. Wenn meine Oma früher einen Schweinsbraten mit Sauerkraut, Klößen und Soße gekocht hat, dann waren das locker mal 1.600 Kalorien. Wir gehen weiter und passen diese Gerichte unserem heutigen Leben an.

Sie möchten die Menschen mit Ihrer Küche emotional berühren. Woran erkennen Sie, dass Ihnen das geglückt ist?
Dabei denke ich immer an mich als Koch zu Hause. Wenn ich zehn Gäste eingeladen habe, das Hühnerfrikassee auf den Tisch stelle, einen Glanz in den Augen der Gäste wahrnehme und sehe, wie sie schon wieder auf die Schüssel gucken, weil sie Angst haben, dass sie keinen Nachschlag kriegen, dann weiß ich: Ich habe alles richtig gemacht. Wir reden doch immer so gerne von irgendwelchen Eintöpfen von früher. Ich wünsche mir, dass unser Heute später einmal ein Früher wird.

Sie bezeichnen DIE KÜCHE als Ihr bisher persönlichstes Kochbuch. Was macht das Buch für Sie zu etwas Besonderem?
Das Besondere ist die Schlichtheit, die Simplizität der Darstellung. Man findet das, was ich zu Hause koche, und ich mag die Gerichte genauso, wie sie im Buch präsentiert werden. So entsprechen sie meiner persönlichen Ästhetik, dem Kern meiner persönlichen Entwicklung derzeit. Ich merke, dass ich langsam meine Mitte finde und dass ich in vielen Bereichen immer klarer werde. DIE KÜCHE ist meine Quintessenz des Kochens.

Könnte man DIE KÜCHE als Rückkehr zu den Wurzeln mit neuer Freiheit und großem Selbstbewusstsein bezeichnen?
Wenn das so ist, freut es mich. Ich habe wirklich versucht, in diesem Kochbuch auf kreative Eitelkeit gänzlich zu verzichten. DIE KÜCHE enthält ausschließlich Gerichte, die ich selbst gern zubereite und esse. Für den Leser geht es darum, sich inspirieren zu lassen. Wenn jemand diese Rezepte kocht, mit seinen Händen und seiner Sichtweise, dann werden sie seine Handschrift bekommen. Das erfordert für mich Zurückhaltung, die nicht immer leicht ist. Denn in manchen Momenten kommt auch in mir der Wunsch auf: „Die Leute sollen denken, ich bin der geilste Koch der Welt und hyperkreativ.“ Aber was bin ich wirklich? Das Buch, das da vor ihnen liegt, das bin ich. So koche ich, so denke ich, so fühle ich.

© Mosaik Verlag, Interview: Elke Kreil

Die Küche

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