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Header zu Attlee, Nordsee

SPECIAL zu James Attlee - Nordsee

Der Autor James Attlee lebt in Oxford als Essayist und Sachbuchautor mit dem Schwerpunkt auf Kultur- und Kunstthemen, die der Autor meisterlich mit historischen und philosophischen Elementen verknüpft. Zu seinen bekanntesten Büchern gehören Nocturne. A Journey in Search of Moonlight, sowie Station to Station. Sein Reisebuch Station to Station wurde dieses Jahr für den Stanford Dolman Travel Book of the Year Award nominiert.

"The Beach is Back" - Interview James Attlee

„The beach is back - endlich haben die Leute hier wieder Spaß“ schreiben Sie in Ihrem einleitenden Essay nach einem Besuch in Margate, ein englischen Küstenstädtchen mit wechselvoller Vergangenheit. Gibt es ein Nordsee-Revival?

Zu William Turners Zeiten war Margate war ein mondäner Badeort. 1920 wurde dort der berühmte Vergnügungspark Dreamland eröffnet, mit einer hölzernen Achterbahn, inspiriert von Coney Island. Im Laufe des folgenden halben Jahrhunderts wurde Margate zum Inbegriff eines britischen Badeorts: bunt, vulgär, mit Pubs und Spielhallen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren die Attraktionen hoffnungslos veraltet, selbst die berühmte Achterbahn war irgendwann defekt und brannte schließlich sogar ab. Und doch hat der Ort in jüngster Zeit ein bemerkenswertes Revival erlebt.
Seit 2011 gibt es dort die vom Architekten David Chipperfield entworfene Kunstgalerie Turner Contemporary. Wiederbelebt wurde das Städtchen nicht zuletzt durch den Zustrom von Künstlern und angehenden Unternehmern, die hier von den günstigen Mieten profitieren. Noch ist nicht klar, ob und wie weit die gesamte Gemeinde von dieser Wiederbelebung profitieren kann. Doch immerhin gibt es hier neues Leben, genau wie in vielen anderen Küstenstädten an der Nordsee, die noch vor kurzem fast brach lagen.

Warum zieht es die Menschen wieder in die Nordsee-Badeorte?

Heutzutage, wo uns die Welt jenseits unserer eigenen Landesgrenzen immer öfter Angst macht und feindlich erscheint, wecken die einfachen Freuden, die wir auch in den Fotos dieses Bandes finden, eine nostalgische Sehnsucht in uns. Ein Urlaub an der Nordsee fühlt sich vertraut und sicher und an und befriedigt unsere Sehnsucht, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen.

Viele der Fotografien in diesem Buch sind Schnappschüsse am Strand, möglicherweise mit einer extra für den Urlaub angeschafften Kompaktkamera aufgenommen. Waren diese Fotos die Vorläufer der Selfie-Kultur von heute?

Die Technik war immer ein wichtiger Faktor, auch und gerade am Strand hat man damals die neuesten Kompaktkameras verwendet, so wie heute das allgegenwärtige Smartphone.
Das bisherige, „offizielle“ Verständnis von Fotografie sah allerdings ganz anders aus, Walker Evans zum Beispiel meinte: Niemals, unter keinen Umständen, sollte sie auch nur in der Nähe eines Strandes stattfinden! Evans sah zwischen den Horden von Familien, die in Coney Island ihre Schnappschüsse machten, und ernsthaften Fotografen wie ihm selbst einen unüberwindbaren Ozean. Seiner Meinung nach passten Fotografie und Strand überhaupt nicht zusammen. Aber ist nicht vielleicht gerade das Gegenteil der Fall?

Viele der Fotografien in „Nordsee“ sind Vorboten des Zeitalters der Selfies und der aktuell so verbreiteten Schnappschussästhetik. Heute wird auch diese Art informeller Fotografie von Anfang bis Mitte des letzten Jahrhunderts gesucht und geschätzt. In gewisser Weise hat dazu auch der Fotograf Wolfgang Tilmanns dazu beigetragen: Die informellen Porträts von Freunden, die er in den frühen Neunzigerjahren machte, waren damals stilbildend.

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