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SPECIAL zu James Pattersons Krimireihe »Club der Ermittlerinnen«

Atemlose Jagd

Rezension von Bianca Reineke

Ein ganz normaler Tag, an dem alles seinen vermeintlich gewohnten Gang geht, kann innerhalb eines Augenblicks zum Beginn eines nicht enden wollenden Alptraums werden. Wir wiegen uns in Sicherheit, doch die bietet nicht einmal unser eigenes Zuhause. Ein winziger Moment, ein Wimpernschlag nur, kann genügen, um alles zu vernichten, was uns jemals Geborgenheit und Schutz versprach.

Be(un)ruhigende Erkenntnisse
So fragil, so unendlich verletzlich ist unsere Existenz, dass wir gut daran tun, diese Tatsache nach Kräften zu verdrängen. Lesern von James Patterson ist dies jedoch nicht immer vergönnt. Der internationale Bestsellerautor, dessen Bücher regelmäßig von einer riesigen Fangemeinde begeistert verschlungen werden, beschreibt in seinen Thrillern das Unfassbare: den plötzlichen Einbruch der Gewalt in den normalen Alltag, Menschen, die Opfer brutaler Verbrechen werden und hilflos vor der sinnlosen Brutalität in die Knie gehen.

Doch der US-Amerikaner Patterson (Jahrgang 1947) beherrscht nicht nur die Kunst, mit seinen ausgefeilten und hoch spannenden Romanen Gänsehaut zu erzeugen, er schickt auch wunderbar menschliche Ermittler auf die Spuren der Täter und rückt so ein wenig das kaputte Weltbild zurecht. Denn dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird und die Schuldigen gefasst und bestraft werden, das ist Hauptziel seiner Protagonisten, und dieser Umstand sorgt dafür, dass wir Leser dann trotzdem ein bisschen beruhigter schlafen können.

Geballte Frauenpower
Zu verdanken ist dies vor allem dem „Club der Ermittlerinnen“, einem außergewöhnlichen Quartett faszinierender Frauen, die allesamt auf irgendeine Art und Weise in die Ergreifung von Schwerverbrechern involviert sind. Ihr strahlender Mittelpunkt ist Lindsay Boxer. Seit nunmehr sechs Fällen geht die charmante und schöne Blondine auf Mörderjagd. Sie ist der einzige weibliche Lieutenant bei der Mordkommission San Franciscos, baut auf ihren Instinkt und ihren durchtrainierten Körper und setzt sich mit Bravour bei ihren chauvinistischen Kollegen vom Police Department durch. Ihre zur Schau getragene harte Schale birgt einen weichen Kern. Im Kreis ihrer besten Freundinnen kann sie loslassen, Emotionen zulassen, Fehler eingestehen und Schwächen offenbaren, die sie nur umso sympathischer machen. Zusammen mit der Staatsanwältin Yuki Castellano, der Pathologin Claire Washburn und der Journalistin Cindy Thomas rollt Lindsay so manchen Fall in privater Runde auf. Jede der Frauen steuert spezielles Insiderwissen bei, Tätertheorien werden diskutiert, Ermittlungsergebnisse durchleuchtet und hinterfragt, und häufig führt dies erst auf die richtige Spur.

„Die 6. Geisel“
In diesem spannenden Thriller bekommen es die Damen gleich mit drei schweren Fällen zu tun. In der ein oder anderen Weise ist jede von ihnen persönlich darin verstrickt, was ihnen die Arbeit nicht gerade erleichtert.

Als auf einer Fähre ein Amokläufer wahllos um sich schießt und fünf Menschen tötet, ist auch Claire Washburn an Bord und wird schwer verletzt. Tief erschüttert und aufgewühlt macht sich Lindsay auf die Suche nach dem flüchtigen Killer und taucht dabei tief in dessen gestörte Seele ein. Doch noch ein weiterer komplizierter Fall macht der jungen Polizistin Kopfzerbrechen: Ein kleines Mädchen wird gemeinsam mit seiner Nanny entführt und verschwindet scheinbar spurlos. Als die Leiche des Kindermädchens auftaucht, kein Bekennerschreiben und keinerlei Lösegeldforderung an die reichen Eltern geht und Tag für Tag ohne ein Lebenszeichen verrinnt, müssen alle das Schlimmste befürchten. Und obwohl die Mitarbeiter der Mordkommission fieberhaft ermitteln und allen spärlichen Spuren sorgfältig nachgehen, treten sie auf der Stelle. Und dann verschwindet auch noch ein weiteres Kind.

Ein Fall jagt den anderen
Während Lindsay sich zwischen beiden Fällen zerreißt und versucht, ihr Bestes zu geben, erleidet ihr Privatleben einen herben Rückschlag. Ihre Fernbeziehung zu Joe Molinari, der im entfernten Washington lebt und arbeitet, steht auf der Kippe, denn die erschöpfte Lindsay will mehr als nur einen seltenen Gast und Teilzeit-Lover. Doch obwohl Joe seine Freundin aufrichtig liebt und eine Zukunft mit ihr plant, kann er ihr weder Nähe noch seine ständige Gegenwart bieten. Als Lindsay daraufhin eine schwierige Entscheidung trifft und sich bei ihrer Freundin Cindy ausheulen will, passiert in Cindys Appartementhaus ein abscheulicher Mord, dem schon bald ein weiterer folgt. Lindsay stürzt sich auch in diesen Fall und droht, den Überblick zu verlieren, als sich plötzlich der Amokläufer freiwillig stellt und neue Erkenntnisse im Entführungsdrama eine überraschende Wende versprechen.

Während sich der „Club der Ermittlerinnen“ an Claires Krankenbett trifft und Informationen austauscht, überschlagen sich die Ereignisse. Staatsanwältin Yuki bekommt den Auftrag, den Amokläufer hinter Gitter oder auf den elektrischen Stuhl zu bringen, Cindy zieht aus dem Mordhaus zu Lindsay und Claire verblüfft alle mit einer erstaunlichen Mitteilung …

Der brennende Wunsch nach Gerechtigkeit
Lindsay schließlich macht eine alles entscheidende Entdeckung, die sie gefährlich nahe an skrupellose Menschen bringt, die des Geldes wegen einfach alles tun und unbarmherzig ihre perversen Ziele verfolgen.

Am Ende wird es aber mehr als einen Täter geben, mehr als eine gestörte Persönlichkeit, die aus obskuren und egoistischen Gründen eiskalt getötet hat und deren Verbrechen vielleicht sogar ungesühnt bleiben. Denn die gnadenlosen Killer versuchen, durch die Maschen der Justiz zu schlüpfen, um ihrer Bestrafung zu entgehen.

Doch auch wenn das Rechtssystem brüchig oder sogar willkürlich erscheint, der Wille der vier Frauen, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, bleibt ungebrochen. Jede von ihnen kämpft auf ihre Weise dafür, dass die Verbrechen gesühnt werden und die Täter hinter Schloss und Riegel kommen.

Ein starkes Team
James Patterson hat mit „Die 6. Geisel“ einen atemberaubend schnellen, prall gefüllten Thriller geschrieben, der in seiner Intensität und Spannung seinesgleichen sucht. Mit geübter Hand durchschneidet er fein säuberlich die hauchdünne Schicht aus Sicherheit und Stabilität, die das alltägliche Leben vom unerträglichen Grauen trennt und zeichnet ein Szenario der Gewalt, dessen verstörende Wucht gerade in der scheinbaren Willkür und Zufälligkeit der Verbrechen liegt.

Es könnte jeden von uns treffen, das ist das Einzige, dessen wir uns sicher sein können – gäbe es da nicht den „Club der Ermittlerinnen“, allen voran die großartige Lindsay Boxer: knallhart, zielstrebig und erfolgreich, aber auch erfreulich feminin, voller Mitgefühl und herzerfrischend unvollkommen. Eine Heldin sondergleichen, erschaffen von einem männlichen Autor. Was für eine Zusammenarbeit!
Bianca Reineke
Cuxhaven, Mai 2008

Die 6. Geisel - Women's Murder Club

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