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Blacky Fuchsberger: Zielgerade

Man muss das Buch ganz lesen ... unbedingt. Aber für ganz Eilige, haben wir hier ein paar besondere Stellen der »Zielgeraden« zusammengefasst:

Ich bin kein Betroffener, nur ein Beobachter am Rand des Geschehens, aber mit der Erfahrung des eigenen Erlebens durch bald neun Jahrzehnte.



Meine Regierung und ich trennen uns höchst ungern, es könnte einen von uns plötzlich erwischen. Dann nicht die helfende Hand reichen zu können, ist und bleibt bis zu diesem Augenblick unvorstellbar. Das ist unsere Schwachstelle. Die Angst: Wer verlässt wen zuerst?
Gundel spricht nicht gern darüber, doch ich weiß, dass sie alles so geordnet hat, dass ich mich ohne sie zurechtfinde. Aber ich glaube, ich würde es nicht lange ohne sie aushalten, würde alles tun, um ihr so schnell wie möglich zu folgen.



[2. Mai 1945:] Wir waren am Ende unserer Kräfte, am Ende jeder Moral. Die hatte man uns in den vergangenen Jahren ausgetrieben, und zwar gründlich. Aber wenigstens war dieser Scheißkrieg zu Ende. Doch hieß das auch, dass wir ihn überleben würden?
[...heute:] Wir sind zu alt und zu zittrig, um uns ihnen entgegenzustellen. Aber ihr Jungen, passt auf, dass nicht irgendwann wieder ein »starker Mann« auftaucht und kaputt macht, was wir in siebzig Jahren aufgebaut haben! Lasst nicht zu, dass Schläger in Springerstiefeln unsere Demokratie zertrampeln! Lasst aber auch nicht zu, dass unsere Politiker heftig weiter an ihrer eigenen
Demontage arbeiten und den Bundestag zu einer Quasselbude verkommen lassen!



Nur langsam begreifen wir, was wir im Lauf unserer kurzen Existenz auf Erden angerichtet haben. Große Konferenzen mit kleinen oder gar keinen Ergebnissen. Vertagungen und Vetos, und es sieht nicht so aus, als ob die Mächtigen der Welt endlich aufhören würden, wider besseres Wissen kommerzielle Interessen vor die Bedrohung der Erdenbewohner zu stellen. Tornados, die normalerweise in bestimmten Gebieten der Vereinigten Staaten von Amerika ihr Unwesen treiben, schaffen das jetzt auch bei uns in Schwaben. Hagelbomben zerstören Dächer, schlagen Fenster in Häusern, Hallen und Autos ein, Stürme fällen die größten Bäume, Fluten überschwemmen Dörfer, reißen Brücken weg. Auf Autobahnen bersten Betonplatten in glühender Hitze, Klimaanlagen versagen den Dienst. Vulkane melden sich wieder, machen uns darauf aufmerksam, dass wir auf einer im Inneren der Erde brodelnden, flüssigen Glut sitzen, die ungefähr der Oberflächentemperatur der Sonne nahe kommt. Das wären so um die sechstausend Grad Celsius.
Könnte es sein, dass unsere gute alte Erde auch bald auf der Zielgeraden ist, wenn wir sie weiter so malträtieren?



Ist unser Leben von Anfang bis Ende vorbestimmt? Oder ist es eine Aneinanderreihung von Zufällen? Ich glaube nicht, dass die Geschicke jedes einzelnen Menschen auf der Erde nach einem festgelegten Plan verlaufen. Wer soll den erstellt haben? Der Allmächtige? Der Allwissende? Eher denke ich, dass sich der Lebenslauf eines Menschen logisch aus dem Umfeld ergibt, in dem er aufwächst. «Denn erstens kommt es anders!« ist einer meiner Lieblingssprüche, er hat es auch auf den Titel eines meiner früheren Bücher geschafft. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass unser Leben eben nicht von einem Plan, sondern von einer Reihe von Zufällen bestimmt wird.



Meine endgültigen Zweifel begannen beim ersten Feldgottesdienst als Fallschirmjäger. Der Regimentspfarrer erteilte uns Gottes Segen für unseren ersten Einsatz. Also gegebenenfalls, um zu töten. Auf der Gegenseite geschah sicher das Gleiche. Was sollte das für ein Gott sein, in dessen Namen gesegnet wurde, sich gegenseitig umzubringen? [...]
Ich bekenne offen, dass ich Agnostiker bin, also der Meinung: Was nicht zu beweisen ist, ist auch nicht zu widerlegen. Ich kann nicht anerkennen, dass da ein gütiger alter Herr auf einem goldenen Thron sitzt, der uns nach seinem Ebenbild erschaffen haben soll. Denn wenn, dann hätte er von Anfang an mindestens zwei Drittel seiner Produktion wegschmeißen müssen.



Schon vor langer Zeit habe ich mich von der Politik abgewendet und mich voll und ganz auf meinen Beruf konzentriert. Ich bin kein Ränkeschmied, kein Drahtzieher, kein Lobbyist, renne aber auch nicht mit verbundenen Augen durch die Gegend. Was ich sehe, gefällt mir nicht. Politiker versprechen alles, von dem sie glauben, es diene dem Erhalt ihrer Macht. Sie wissen, und wir wissen, dass sie ihre Versprechungen nicht erfüllen können. Auf gut Deutsch heißt das, sie belügen uns nach Strich und Faden, und wir leisten uns den Luxus, es uns gefallen zu lassen, nach dem Motto: Egal, die da oben machen eh, was sie wollen, ich kann es nicht ändern, ich mach mein Ding!



Die Zukunft wird mit zunehmendem Alter zum eher theoretischen Interesse. Schmerzen und Unzulänglichkeiten bestimmen mehr oder weniger den Tag. Aber es bleibt Zeit, darüber nachzudenken, wohin wir driften. Ich denke, wir leben zu schnell und denken zu langsam. Wir verschließen gern die Augen und verstopfen die Ohren vor den Warnungen der Wissenschaftler und der Natur, was die schnellen Veränderungen auf unserem Planeten betrifft. Aber auch unsere überhebliche westliche Vormachtstellung auf allen Gebieten beginnt zu bröckeln.
Die Wertvorstellungen entsprechen nicht mehr der Realität. Überall macht sich die Einstellung breit: Gut genug! Aber mir scheint, das ist eben nicht gut!




... der Stein der Weisen ist noch nicht gefunden. Wir werden ihn auch nicht finden, solange wir von unserem Anspruchsdenken nicht herunterkommen. Wohl oder übel, wir sollten anfangen, kleinere Brötchen zu backen, bevor uns auf der Zielgeraden der Dampf ausgeht.
»Schade«, werden Sie jetzt denken, »jetzt wird es doch ein Klugscheißerbuch.« Ich hoffe nicht. Es sind halt meine Gedanken. Altersgedanken vom Rand des Geschehens, nach vielen Gesprächen mit Industriekapitänen und Bankmanagern, mit klugen und dummen Medienmenschen und mit meiner privaten Regierung, meiner Frau.



Da ist etwas, das uns im Alter immer stärker berührt: der Begriff Heimat. Sollten Sie zu jenen Menschen zählen, die sich bei diesem Begriff ein nachsichtiges Lächeln nicht verkneifen können, kann ich Sie beruhigen: Mit »Heimat« meine ich nicht die unsägliche »Fernsehheimat«, wie sie im »Komödienstadel« zelebriert wird, oder die albernen Fernsehjodler von ergrauten Herren, die in Fantasietrachten unbeschreiblich dumme Texte trällern. [...] Zum Heimkehren gehören für mich ganz simple Dinge, die die Daheimgebliebenen wahrscheinlich nur am Rande wahrnehmen: die Gerüche der Küche, die Zwiebeltürme der Kirchen in der hügeligen Landschaft, die Geräusche der Wälder, in denen glasklare Gebirgsbäche in die Täler rauschen. Es gehören die blumengeschmückten Balkone in blank gescheuerten bayerischen Dörfern dazu, genau so wie die Mundart, die allen, die nicht von hier sind, Schwierigkeiten bereitet, so wie uns am Anfang die australische »Slanguage«.
Heimkommen ist das Gefühl von Geborgenheit. In Bayern wird es mit drei schlichten Wörtern ganz einfach definiert: »Dahoam is dahoam!«



Aber das ist nur ein Teil der Wirklichkeit. Ihr mächtigen Medien, hört auf, uns Erdenbürger zu manipulieren! Hört auf, uns ständig zu suggerieren, in was für einer beschissenen Welt wir leben. Verflixt und zugenäht, wir sind keine mutierten Trüffelschweine, denen es Spaß macht, im Dreck zu wühlen, um Edles zu finden. Wir sind mündige Bürger!
Wir sind aber auch dankbar für eure Wachsamkeit, liebe Journalisten. Dankbar für die Aufklärung über alles, was faul ist in unserem Land. Haut den Mächtigen auf die Finger, wo immer sie danebengreifen. Aber bleibt verantwortungsbewusst im Umgang mit eurer eigenen Macht.



Unsere Kräfte lassen nach, Monat für Monat. Wir beobachten uns gegenseitig mit Sorge, meine Regierung und ich. Wie lange schaffen wir beide es noch, uns über die Runden zu bringen? [...] Ich lerne immer mehr, auf meinen Körper zu hören, er sagt mir ziemlich genau, was mir bekommt und was nicht.
Wir beobachten uns permanent, um die bekannten Altersnachlässigkeiten erst gar nicht einreißen zu lassen. [...]
Immer öfter sitze ich mit Gundel, immer noch meiner Regierung, auf der Bank im Garten. Wir spielen Philemon und Baucis und warten Hand in Hand auf das, was da wohl noch kommen mag.

Zielgerade

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