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Rezension zu
Sofia trägt immer Schwarz

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Mosaikteilchen

Von: Frau Lehmann
18.10.2018

Paolo Cognettis Roman "Acht Berge" über eine Männerfreundschaft war im letzten Jahr gefühlt eines der meisterwähnten Bücher in den digitalen Medien. Nun bringt der Penguin Verlag seinen 2012 erschienenen, laut Klappentext "vielfach ausgezeichneten", Debütroman heraus, erstmals auf Deutsch. Warum erst jetzt, fragt man sich, wenn der Roman doch schon vor sechs Jahren eine so gute Aufnahme erfahren hat? Meine Antwort darauf ist leider die Vermutung, dass man ihn damals, als der Bestsellerautor Cognetti noch der Erstlingsautor Cognetti war, übersehen haben muss oder ihn , oh Frevel, vielleicht gar nicht so spannend fand. So ging es nämlich mir mit diesem Roman, der sich gar nicht wie einer anfühlt, eher wie eine Kurzgeschichtensammlung, die um das Thema "Sofia Muratore" kreiselt. Selbige ist erst ein junges Mädchen, später eine junge Frau aus schwierigen Verhältnissen. Unglückliche Mutter, fremdgehender Vater, im Teenageralter versucht Sofia einen Selbstmord, wird nach dessen Mißlingen dann aber lieber Schauspielerin. Verschiedene Stimmen bekommen je ein Kapitel Zeit, eine Façette aus Sofias Leben und Umfeld zu erzählen, dabei springt der Text munter in der Zeit. Jedes Mal ist eine Neuorientierung auf seiten des Lesers erforderlich, näher kommt man Sofias Wesen dabei aber keinen Zentimeter. Die junge Frau bleibt, nein, nicht geheimnisvoll, sondern blass, und irgendwo in ihren Dreißigern bricht der Roman dann auch ab. Alternde Frauen sind scheinbar weniger interessant als junge magersüchtige vagabundierende Schönheiten. Vielleicht wollte Cognetti auch nicht schreiben über Altersarmut und Magengeschwüre, Falten und Gesichtsverlust. Nun ist es nicht so, dass dieser Roman nicht lesenswert wäre, Bestsellerautoren kommen ja im Allgemeinen nicht talentlos daher und schon dieses Debüt zeigt, dass Cognetti mit Worten wunderschöne Bilder erschaffen kann. Und auch, wenn Sofia selbst blass bleibt, treten andere Gestalten in den Vordergrund: ihr Vater oder ihre Tante Marta zum Beispiel. Das schönste Kapitel ist für mich das, welches eine Kinderfreundschaft mit dem Sohn eines Arbeitskollegen von Sofias Vater zum Thema hat. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass der Autor sich in "Männerwelten" wohler fühlt. Sei es nun der Junge, dessen Mutter im Sterben liegt oder Sofias Vater, dessen Fremdgehen mehr Verständnis erfährt als die Probleme der eher als nervig beschriebenen lebensunfähigen Mutter. Und Tante Marta, die Terroristin und Alleinlebende wäre auch als Onkel Eduardo durchgegangen. Der Hauptgrund aber, weshalb ich mit diesem Roman so gar nicht warm geworden bin, ist ein Gefühl der Beliebigkeit, das sich recht schnell beim Lesen einstellte. Große Worte, schöne Formulierungen, feinsinnige Bilder, unausgesprochene Gefühle, Lug und Trug, Drama, Tragödie, alles vorhanden; kein Zweifel, das hier soll Kunst sein, soll besonders sein, und die dazugehörigen alten Fabrikhallen und der kunstbesessene ältere Liebhaber sind auch an Bord. Kein Klischee, das nicht Aufnahme gefunden hätte in diesem Strom ausgewogener Formulierungen. Nur echtes Gefühl, das habe ich persönlich vergebens gesucht.

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