Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Sleeping Beauties

für einen King zu simpel

Von: der Michi
19.11.2018

Stephen King ist vor allem dafür bekannt, die finsteren Seiten ganz normaler Leute eindrucksvoll zu enthüllen. "Sleeping Beauties" zeichnet ein besonders düsteres Bild, das fast ganz ohne "echten" Horror auskommt. Denn kaum ist die Damenwelt mehrheitlich weggepennt und eingesponnen werden die Männer mehrheitlich zu wilden Tieren. Die einen zünden schlafende Frauen an, andere begeben sich auf Plünderungsfeldzüge oder töten, um ein Heilmittel für die mysteriöse Krankheit zu finden. Wenn es in Kings Amerika, sicher nicht erst seit Donald Trumps Amstübernahme, mittlerweile tatsächlich so aussieht, dann besteht wenig Hoffnung. Als an permanente gesellschaftliche Selbsterziehung gewöhnter Mitteleuropäer wirkt die meist simple schwarz-weiße Charakterzeichnung der Figuren allerdings sehr viel weniger anspruchsvoll, als man es von King senior bisher gewohnt war. Schwer zu sagen, welcher der beiden Autoren welchen Teil zu verantworten hatte, aber das Schreckensszenario ist zu perfekt konstruiert, um permanent zu überzeugen. Kaum ist das kleine Appalachen-Städtchen Dooling, in dem der Großteil der Handlung stattfindet, erst einmal im frauenlosen Chaos versunken, entwickelt sich vieles, wie man es ahnt: Der an sich zweifelnde, feinsinnige Psychiater Dr. Norcross wird zum Beschützer, der schon immer irgendwie gewalttätige Tierfänger Frank Geary wird noch kompromissloser, ein Junge verliebt sich in ein Mädchen und ältere Jugendliche schikanieren planmäßig die Jüngeren. Und natürlich treiben sich in den Wäldern ein paar Psychopathen herum, die das Chaos dankbar für noch mehr Terror ausnutzen. Da ist es schon fast eine Erleichterung, wenn nach knapp der Hälfte erst einmal erklärt wird, was mit den Frauen eigentlich passiert ist. Zauberbann, Krankheit oder doch etwas anderes? Diese Frage halten King und Sohn nicht zu lange unter Verschluss und legen die Entscheidung über die Zukunft der Welt schließlich den entschlafenen Frauen in die Hände. Denn die Männer kriegen alleine nichts hin, soviel ist mal klar. Irgendwo taucht noch der übliche Satz auf, dass es mehrheitlich Männer sind, die Kriege beginnen, Gewaltverbrechen begehen und sonstige Risiken eingehen, unter denen die Frauen gefälligst zu leiden haben. Statistisch stimmt das. Dennoch ist es eine simple These, die selbst in der Unterhaltungsliteratur schon längst vielseitiger diskutiert wird. Hier hat man es sich zu einfach gemacht, vor allem wenn sich kaum eine der Figuren durch die Geschehnisse wirklich verändert, sondern einfach noch ein bisschen mehr die Sau rauslässt als vorher eh schon. Fast keiner der Männer trägt etwas Gutes in sich und wenn doch führt genau diese Fürsorge zu weiteren Gewaltakten, denn man(n) will ja nur helfen. Immerhin werden gegen Ende versöhnlichere Töne angeschlagen und hinsichtlich der Nachwirkungen des Ereignisses gibt es manche Überraschungen. Für einen Stephen-King-Roman ist "Sleeping Beauties" damit leider höchstens Durchschnitt. Selbst sein Spätwerk hat viele bessere Romane hervorgebracht als diesen, etwa "Revival". Seinem (offenbar auch weitervererbten) schwerelosen Schreibstil ist es zu verdanken, dass sich die knapp tausend Seiten trotzdem spannend lesen, auch wenn es diesmal mehr Thriller als Horror ist. Die guten alten Gruselmomente gibt es höchstens dann, wenn die die Männer attackierenden schlafenden Frauen Gesichter zerfetzen und Schädel zerschmettern. Aber auch das kennt man irgendwie schon.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.