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Rezension zu
Die Schokoladenvilla

Toller Auftakt einer Familiensaga rund um die Schokoladenmanufaktur

Von: Martinas Buchwelten
03.12.2018

Berwertung: 4 1/2 Sterne Die Schokoladenmanufaktur Rothmann ist in Stuttgart des Jahres 1903 eine der führenden Arbeitgeber der Stadt. Tochter Judith interessiert sich selbst sehr für die Schokoladenherstellung und probiert immer wieder neue Ideen aus, doch ihr Vater sieht die Firma in den Händen ihrer jüngeren Zwillingsbrüder Karl und Anton. Judith möchte er hingegen gewinnbringend verheiraten und hat auch schon - ohne ihr Wissen - einen potentiellen jungen Mann im Auge. Zur selben Zeit wird Victor Rheinberger aus der Gefangenschaft auf Burg Ehrenbreitstein entlassen. Der Weg zurück in seine Heimatstadt Berlin ist ihm verwehrt und so sucht er sein Glück in der auftrebenden schwäbischen Stadt Stuttgart. Seine Liebe zu Maschinen und seine Fertigkeiten sind schnell gefragt. Als er Karl bei einem ihren vielen Dummenjungen-Streiche, die die Zwillinge aushecken, das Leben rettet, lernt er Wilhelm Rothmann kennen. Als Belohnung wünscht er sich kein Geld, sondern einen Job in seiner Schokoladenfabrik und entdeckt bald, dass die Manufaktor nicht mehr auf den neuersten Stand ist. Doch Rothmann will nicht investieren. Außerdem macht er sich Sorgen um seine Frau Hélène, die schon viel zu lange auf Kur am Gardasee weilt.... Gleich vornweg eine Warnung an alle Leser: Ohne Schokolade in unmittelbarer Nähe kann man dieses Buch einfach nicht lesen! Es läuft einem bei der Beschreibung all der schokoladigen Köstlichkeiten immer wieder das Wasser im Mund zusammen. Judiths Begeisterung für die Schokoladenherstellung ist aus jeder Zeile zu spüren, wenn sie in der Manufaktur neue Rezepte ausprobiert. Ihr Vater ist jedoch ein alter Patriarch, der Frauen keinerlei Rechte zugesteht. Seine Frau Hélène leidet unter der lieblosen Ehe und unter Depressionen. Sie flüchtet an den Gardasee, in ein zur damaligen Zeit beliebtes Kurhaus, welches Treffpunkt von Künstlern und Adeligen ist. Judith hat seitdem die Aufgabe auf ihre jüngeren Brüder aufzupassen, die genauso lieblos vom Vater behandelt werden, wie sie selbst. Beide Frauen lieben ihre Unabhängigkeit und möchten sich nicht in das enge Korsett der damaligen Zeit pressen lassen, vorallem wo diese gerade im Wandel ist und Frauen beginnen für ihre Rechte zu kämpfen. In ihrer Zofe Dora hat Judith eine Freundin gefunden, die obwohl als Dienstbote im Herrenhaus arbeitet, zu ihrer Herrin steht. Judith ist auch eine der seltenen hochgestellten Töchter, die sich für ihre Arbeiter und Dienstboten interessiert und sie in der Manufaktur miteinbezieht. Sie ist wissbegierig, liebenswürdig und hartnäckig. Judith verfolgt ihre Ziele mit einer Vehemenz und lebt für die Schokolade. Die Autorin lässt uns auch einen Blick auf das Leben der Dienstboten werfen. Der beginnende Wirtschaftsumschwung und die Politik sind immer wieder Thema bei den Dienstboten. Während Fabriksarbeiter mehr Lohn und Freizeit bekommen, haben die Hausangestellten der Herrenhäuser kaum einen freien Tag und oft nur Kost und Logis. Auch Hausknecht Robert möchte nicht mehr unter den Arbeitsbedingungen arbeiten, die bei den Rothmanns herrscht. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten wird sehr deutlich angesprochen. Aber auch die Aufbruchsstimmung ins kommende neue Zeitalter ist spürbar. Victor kämpft ebenfalls gegen die ihm auferlegte Zukunft. Sein Vater ist in der Armeé und erwartet sich von seinem Sohn denselben Aufstieg, den er gemacht hat. Victor ist jedoch kein Offizier. Er liebt es zu tüfteln und mit seinen Händen zu arbeiten. Bald schon weiß man, dass Judith und Victor das ideale Paar wären, jedoch steht dem nicht nur Victors Vergangenheit im Wege, sondern auch die Pläne von Wilhelm Rothmann, der unter keinen Umständen von seinem Plan abweicht. Die Charaktere sind lebendig und wunderbar ausgearbeitet - und das bis in den kleinsten Nebencharakter. Besonders ans Herz gewachsen sind mir Karl und Anton. Die Streiche der Zwillinge haben immer wieder ein Lächeln in mein Gesicht gezaubert. Auf welche Ideen die beiden Lausbuben kommen, ist einfach nur genial. So kommt auch der Humor im Roman nicht zu kurz. Einzig die Handlung am Gardasee hat der Geschichte ein bisschen an Schwung genommen. Als Nebenschauplatz nahm mir dieser Strang etwa zu viel Raum ein. Die Schokoladenvilla wird weitergehen und ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung. Und jetzt mache ich mir eine leckere Gewürz-Schokolade... Schreibstil: Der Schreibstil von Maria Nikolai ist flüssig und lässt sich wunderbar lesen. Er ist leicht und trotzdem hat die Autorin die Sprache dieser Zeit perfekt eingefangen. Man fühlt sich, als befände man sich selbst im letzten Jahrhundert und versuche gegen den Strom zu schwimmen. Maria Nikolai hat großartig recherchiert, erzählt lebendig und hat sich liebevoll ihren Charakteren angenommen. Am Anfang jedes Kapitels sind Zeit und Ort des Geschehens angegeben. Auf den beiden Innenseiten des Covers gibt es ein leckeres Rezept. Am Ende des Romans gibt es ein Personenregister, ein Glossar und einige Erklärungen zum historischen Hintergrund. Fazit: Ein toller Auftakt einer Trilogie rund um die Schokoladenmanufaktor Rothmann in Stuttgart, die man nicht ohne Schokolade in Griffnähe lesen sollte. Der Autorin gelingt ein faszinierendes Bild der verschiedenen Gesellschaftschichten, sowie die Aufbruchstimmung in ein neues Zeitalter. Gerne gebe ich eine Leseempfehlung und warte sehnsüchtig auf den nächsten Teil.

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