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Rezension zu
Reset

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Neustart

Von: daslesendesatzzeichen
05.12.2018

„Reset“ von Thomas Hohensee ist ein kleiner feiner Ratgeber, an dem ich fast vorbeigelaufen wäre, da mich drastische Sprache auf einem Buchcover eher abstößt. Der Untertitel von „Reset“ lautet: „Bei dir ist nichts kaputt, du bist nur scheiße programmiert“. „Scheiße“ und „Scheißprogramm“ sind dann auch im Buchinnern die Lieblingswörter des Autors, die sich konsequent auf jeder Seite mehrmals wiederfinden. Das mögen manche witzig finden, hielt sich bei mir aber in Grenzen. Was sich am Anfang noch frisch und unangepasst liest, wirkt ab Seite 20 dann doch etwas bemüht witzig. ABER, und es ist wirklich ein großes Aber: Das Buch ist gut! Und zwar richtig, richtig gut! Herr Hohensee hat nämlich ein großes Talent – er lässt den Leser erst mal so, wie er ist (Oder Neudeutsch: Er holt den Leser da ab, wo er gerade steht.) und verschreckt ihn nicht bereits zu Beginn mit allzu vielen Forderungen à la „Du musst a, b, c … tun, um glücklich zu werden“. Er geht anders vor. Er schreibt bis über die Mitte des Buches hinaus darüber, was es für Scheißprogramme gibt und wie sie sich auswirken. Am Ende eines jeden Kapitels ist ein kurzer Absatz, der das „Gegen-Update“ zum schadhaften Programm zusammenfasst. Das ist wirklich komprimiert und man muss es sich so vorstellen: Beim Kapitel „Die Vergangenheit bestimmt meine Zukunft“ steht da am Ende: "Empfohlenes Update: Gestern ist vorbei, morgen ist noch weit, nur heute bist du frei, zu tun, was dir wichtig ist." Mhhh, dachte ich da beim Lesen, … mhhh. Das ist ja jetzt nicht wirklich ein Ratgeber, denn DAS wusste ich auch schon vorher. Ich hatte große Befürchtungen, das Buch könne so weitergehen bis zum Schluss – und dann hätte ich es in der Tat schnell aus der Hand gelegt. Doch zum Glück kam dann endlich, ab Seite 104, das Kapitel „Reset“, also das Thema, das laut Titel eigentlich der Gegenstand des Buches ist. Ein langer Weg, aber er hat sich gelohnt, denn ab hier entpuppt sich das Buch als Kleinod. Herr Hohensee geht liebevoll mit seinem Leser um, er gibt ihm nicht das Gefühl, komplett unfähig oder gaga zu sein, weil er dieses Buch in der Hand hält und somit Rat oder Hilfe sucht, sondern er zeigt ruhig und sachlich, was zu tun ist. Nämlich erst mal nix. Nüscht. Nich ma n büschen. Da bin ich hellhörig geworden, denn nichts tun ist schon mal gut! Viel besser als tausend Listen anlegen, extra Kladden für Problem- und Stressbewältigung anlegen etc. Hohensee beginnt mit einem Thema, das derzeit in aller Munde ist, aber dennoch seine Berechtigung hat: Achtsamkeit. Er schlägt vor, dass man erst mal in sich hineinhorcht, sich tatsächlich hinlegt und nachspürt, wo denn der Schuh drückt. Hohensee wählt dabei die Bildsprache der Computerwelt, deshalb redet er auch von Programmen, Reset und Update. Das funktioniert erstaunlich gut, auch wenn wir uns ja immer gerne dagegen wehren, eine Maschine zu sein – beim bildlichen und sprachlichen Vergleich passt es 😉 Scheißprogramme, so Hohensee, müssen aufgespürt werden, denn sie laufen oft im Hintergund, wie das auch Viren und schädliche Software am PC tun. Sie blockieren, verfälschen und verlangsamen den PC – und im echten Leben uns! Wenn man merkt, wo es hakt, kann man ansetzen, daran zu arbeiten. Das funktioniert nicht durch Löschen der vorhandenen Programme, sondern durch langsames, stetes und andauerndes Überschreiben. Je mehr positive Programme wir draufladen, umso weniger können die Scheißprogramme noch durchdringen zu uns. Das heißt im Klartext, wir müssen, je nach ursächlichem Problem, mit großer liebevoller Zugewandtheit in uns hineinhorchen, was in genau DEN Momenten passiert, wo es scheiße läuft. Wann fühlen wir uns schlecht? Wenn wir uns wieder mal einreden „Scheiße, ich kann das nicht, ich bin zu doof!“? – Dann heißt es, nicht auf uns einschlagen und schimpfen, sondern freundlich und nachsichtig den Fehler erkennen und immer wieder selbst sagen „Ich probiere das. Irgendwann schaffe ich das.“ Denn: "Lange dachte ich, mit mir stimme etwas nicht. Bis ich darauf kam, dass das, was mir zu schaffen machte, nur Gedanken und Gefühle waren. Sie hatten nur so viel Macht, wie ich ihnen gab. Es war so einfach: Ich hatte Gedanken, aber die Gedanken hatten nicht mich. Ich konnte mit meinen Gefühlen tun, was ich wollte: sie ernst nehmen, ignorieren oder durch andere ersetzen, so wie es mir gefiel." Und daher ist seine These: „Du bist nicht kaputt. Dein Innerstes, dein Kern, deine Seele, egal wie du es nennen willst, ist unbeschädigt. Alles, was dir bis jetzt das Leben schwer gemacht hat, sind nur die Scheißprogramme auf deiner Festplatte. Das bist nicht du. Du bist viel mehr.“ Das hat mich doch sehr berührt und angesprochen. Denn, mir ist zwar überhaupt nichts Schlimmes widerfahren, nur der normale westeuropäische Alltagswahnsinn eben, aber dennoch habe ich meine Themen, die ich gerne ändern würde, Reaktionsmuster, die ich peinlich, ärgerlich oder alles zusammen finde, und einfach Momente, in denen ich mich nicht so toll finde – wo ich sehr gerne wüsste, wie ich sie schneller wieder loswerde. Nichtstun bedeutet in diesem Fall, dass man seine Scheißprogramme (Ich glaube, ich toppe Herrn Hohensee noch mit der „Scheiße“-Dichte in diesem Artikel!) erkennt und sie laufen lässt – es aber schafft, sie nicht mehr zu benutzen. "Das heißt, du vertraust darauf, dass du nicht untergehst, wenn du alle Gedanken und Gefühle zulässt." Irre einfach – aber logisch. Seit ein paar Tagen versuche ich, es umzusetzen und ich merke, wie schwer es ist. Aber es klappt. Bei jedem rebellischen „Meine Güte, wie mich das schon wieder alles aufregt!“, sage ich mir „Ist nur ein Gedanke. Ist nicht die unverrückbare Realität. Ich kann das einfach ignorieren.“- und siehe da: It’s magic – ich werde sofort etwas entspannter, kann kurz durchatmen, kann Abstand zur Situation gewinnen und wieder eher Herr der Lage werden. Ich fasse Euch nun nicht den gesamten Inhalt des Buches zusammen, denn bei einem Ratgeber bringt das wenig – Ihr müsst selbst lesen. Ich kann Euch nur sagen: Wenn es Momente in Eurem Leben gibt, in denen Ihr Euch über Euch ärgert, gerne anders reagieren würdet oder insgesamt einfach in Stresssituationen etwas entspannter bleiben würdet, riskiert einen Blick in dieses Buch. Wenn Ihr wenig Zeit habt und es Euch unter den Nägeln brennt, schenkt Euch die ersten 103 Seiten, startet bei „Reset“ und legt los! Für mich ist es bereits Balsam für die Seele, die Worte des Autors aufzusaugen, mir Randnotizen ins Buch zu kritzeln und mich wohlzufühlen bei dem Gedanken, einen wirklichen Ratgeber an der Seite zu haben, den ich konsultieren kann, wenn ich wieder versinke im Hamsterrad des Alltags. Solche Anstöße brauche ich, um mich im Dickicht des Lebensalltags nicht zu verlieren. Ein Glück, wenn man bei der Fülle von Ratgebern auf ein solch wohltuendes Buch stößt! Reset von Thomas Hohensee ist am 22. Oktober 2018 im Gütersloher Verlagshaus erschienen. Weitere Informationen über einen Klick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder auf der Verlagsseite.

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