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Rezension zu
Der Verräter

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ernster Hintergrund trotz Satire

Von: Michael Lausberg aus Doveren
22.12.2018

Das neue Buch von Paul Beatty handelt von den komplexen Beziehungen zwischen Weißen und Schwarzen in den USA. Satirisch nimmt er die wieder stärker auftretenden Probleme und den Rassismus ins Visier und provoziert gegen die herrschende Realität unter Trump. Er wurde für das Werk mit dem National Book Critics Circle Award sowie dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Die selbst gewollte Wiedereinführung von Sklaverei und Rassentrennung bringt den (schwarzen) Erzähler vor Gericht und ins Gefängnis. Als er deshalb vor dem Obersten Gerichtshof der USA landet, weil er beiden Zusatzartikel der Verfassung missachtet, mit denen Sklaverei und Rassentrennung abgeschafft wurden, und wartet auf seine Verhandlung wartet, beginnt der Roman. Der Erzähler rechtfertigt sich, dass er nicht für etwas bestraft werden kann, was ohnehin höchstens auf dem Papier abgeschafft wurde. Wie konnte es zu solch einer grotesken Situation komme? Dann wird die Geschichte von Anfang an erzählt: Die Handlung spielt in Dickens, einem verarmten Vorort von Los Angeles auf, wo der Erzähler sein Leben zwischen Wassermelonen und Joints fristet. Der Vater des Ich-Erzählers, ein schwarzer Aktivist gegen Rassismus und Anhänger einer afroamerikanischen Identität, versucht seine Haltungen an seinen Sohn zu Hause unterrichtet auch durch Experimente weiterzugeben. Als dann der Vater durch vier Kugeln, die ihm von Polizisten an einer Ampel in den Rücken geschossen werden, ermordet wird, entwickelt sich der Sohn in die andere Richtung. Er will die lang erkämpften Bürgerrechte der afroamerikanischen Community rückgängig zu machen. Der groteske Grund: seiner Heimatstadt Dickens, die die Gentrifizierung von der Stadtkarte von Los Angeles gefegt hat, und das Zusammengehörigkeitsgefühl der schwarzen Bevölkerung wieder neu zu beleben. Die Apartheid in Südafrika hätte dort die Menschen zusammengeschweißt, das sollte auch in Dickens passieren. In der Folgezeit nimmt er Hominy Jenkins bei sich auf, einen afroamerikanischen Darsteller der „Kleinen Strolche“, der als Sklave bei ihm leben und regelmäßig ausgepeitscht werden will, Die beiden führen die alte Rassentrennung wieder ein, zu Hause und im Bus. Der Gangster King Cuz unterstützt die beiden bei ähnlichen entlarvenden Pointen, gesellschaftlichen banalen Erkenntnissen und der Persiflage auf angebliche nur Afroamerikanern vorbehaltene Eigenschaften. Im Laufe des Romans werden alle Ressentiments in einer meist derben und direkten Sprache durchlaufen. Dies alles passiert mit viel Hintergrundwissen, düsterem Humor, versehen mit viel Sarkasmus und treibt bisweilen die Satire auf die Spitze. Es ist das Gegenstück zu moralisierenden Beschreibungen des immer noch existenten Rassismus in den USA. Die partielle Verteidigung des Präsidenten Trump der rassistischen Ausschreitungen bei Demonstrationen in Charlottesville im August 2017 mag dafür eines von vielen offenkundigen Beispielen sein. Beatty legt hier eine andere Form von Rassismuskritik vor, die trotz ihrer vordergründigen Satire einen ernsten Hintergrund besitzt.

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