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Rezension zu
Kill 'em all

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Kill 'Em All - John Niven

Von: Thursdaynext
22.01.2019

Steven Stelfox ist ein verdammtes Arschloch! Ich darf das so rüde schreiben, denn ich kenne John Nivens Protagonist aus „KILL EM ALL„, schon seit etlichen Jahren. Und er blieb in Erinnerung. In „KILL YOUR FRIENDS“ erschien er gedruckt zum ersten Mal und war derart unerfreulich, dass ich das Buch, obwohl hochgelobt, nur bis zur Hälfte gelesen habe. Nivens Satire auf die Musikindustrie war mir zu hart, zu brutal. Zu Hardcore. Dabei hat der aus Schottland stammende Autor englische Literatur studiert, bevor er als A&R Manager bei einer Plattenfirma arbeitete, um dann seine Erfahrungen in „KILL YOUR FRIENDS“ zu verarbeiten. Stelfox die zweite zeigt einen gealterten, reicheren, und dadurch noch widerwärtigen Protagonisten. Mit siebenundvierzig Jahren Erfahrung in asozialem Handeln und Benehmen und der Gewissheit, alles damit erreichen zu können, nimmt das gealterte Ego noch überdimensionalere Ausmaße an als vor zwanzig Jahren unter Drogen stehend. Davon zu lesen wäre nicht interessant, wenn unsympathische Misanthropen und Zyniker von seiner Sorte nicht zuhauf unseren Planeten bevölkern und zerstören würden. Typen, die so viel Kohle haben, dass sie nicht wissen, wie sie sie verprassen sollen. Macker. die Frauen in Kategorien einteilen, wobei „fickbar“ das Einzige ist, was für sie zählt. Für Geld würde Stelfox Hundewelpen foltern. Für viel Geld macht er alles. Moral, Ethik, Skrupel, Gewissen, sind Begriffe, die er kennt und sich darüber amüsiert, wenn er sie bei den schwachen „Gutmenschen“ ausmacht. Wie ticken diese Abarten der Gattung Homo Sapiens? Niven lässt sie erzählen. Liefert eine Zustandsbeschreibung der Gesellschaft, skizziert sie, lässt sie all den Dreck und die Machenschaften der Drahtzieher herauskotzen. Sorry, für meine Wortwahl, wenn euch das schon zuviel ist, Finger weg! Es ist Hardcore, denn es geht um Profit! Immer wieder und nur, um maximalen Profit. Das entmenschlicht. Humanismus, Altruismus, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, all das ist überholt. Spalten, Gräben ziehen, Macchiavelli im technischen Zeitalter anwenden, Populismus, Egomanen, Narzissten – das ist ihre Welt, denn sie haben das Geld und wollen mehr davon. Stelfox ist nur einer von vielen. Exemplarisch für alle anderen. Die Demokratie und alle mit ihr einhergehenden Errungenschaften sind am Arsch. Wer das Geld hat, bezahlt die Meinung der Masse und erhält ihr Voting. Wahrheit wird, was oft genug lauthals in den Medien herausgestellt wird. Stelfox ist 300 Millionen Dollar schwer, sein Leben ein einziges Fest der Langeweile, sinnstiftend ist es. zu versuchen die magische Marke zu knacken, die ihn von den Superreichen trennt, die Yacht von David Geffen zu toppen. Der Weg dahin scheint klar, nur die kleineren Probleme, die zu lösen er angetreten ist, weiten sich zu größeren aus und Stelfox agiert zunehmend reaktiv und unter Zugzwang, umso wahnwitziger seine Strategien, doch in Zeiten, die einen regredierten Narren an die Spitze der „freien Welt“ gesetzt haben, scheint nichts unlösbar. Am stärksten ist der Roman, wenn Steven Stelfox sich über die Entwicklung der US-amerikanischen Gesellschaft auslässt. John Niven ist einer der unbequemsten Spiegelvorhalter der schreibenden Zunft. Seine Themen sind böse und faszinierend zugleich. Er wertet nicht, er macht Kriegsberichterstattung. In „Gott Bewahre“ zerlegt er die Auswüchse der Religion, in „Straight white male“ zeichnet er ein grandioses Bild toxischer Männlichkeit. Niven schreibt mit Testosteron. Unverfälscht und ungeschönt zeichnet er Bilder der unangenehmsten Seiten unserer Welt. Das müssen Leser*innen aushalten, wenn sie die eine Seite der nackten Wahrheit sehen möchten. Ich denke, man sollte sich damit befassen und sich bemühen, ein komplettes Bild der menschlichen Welt mit ihren vielen Facetten zu erstellen. Einer muss den Job machen und John Niven macht das mit Verve, rüder Eloquenz und einer großen Portion Freude an der dunklen Seite der Macht. So „come to the dark side, we’ve got cookies“.

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