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Rezension zu
Das babylonische Wörterbuch

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Mit der Feder des Übermuts und der Tinte der Melancholie

Von: Exlibris_Jmalula
23.01.2019

“Es war einmal...” – so beginnt im Stil eines klassischen Märchens die dem Band titelgebende Erzählung “Das babylonische Wörterbuch”. Es war einmal – so könnte auch die Biografie Joaquim Maria Machado de Assis‘ (1839-1908) beginnen. Als Enkel freigelassener Sklaven, Sohn eines afro-brasilianischen Malers und einer portugiesischen Waescherin, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen in Rio de Janeiro auf. Sein Umfeld: ein bildungdfernes Milieu zu einer Zeit in der über 80 Prozent der brasilianischen Bevölkerung Analphabeten waren und klassische Bildung, erst recht Literatur, einen entsprechend niedrigen Stellenwert hatte. Machado de Assis, früh verwaist, brachte es trotz widriger Voraussetzung aus eigenem Antrieb zu großer Belesenheit in mehreren Sprachen, begann schon mit 15 erste Gedichte zu veröffentlichen und wurde zu einem einflussreichen Journalisten. 1879 war er Mitbegründer der Brasilianischen Akademie der Literatur, deren 1. Präsident er wurde – was für eine Karriere für einen “Mulatten” im Brasilien der damaligen Zeit. Sein literarisches Werk umfasst insgesamt 9 Romane und knapp 230 Contos. Dreizehn ausgewählte Erzählungen, finden sich nun in dem im Manesse Verlag erschienen – wie gewohnt optisch formidable umgesetzten- Erzählband “Das babylonische Wörterbuch”.  Formal und inhaltlich sehr unterschiedlich haben alle Erzählungen gemein, dass sie auf teils amüsante, teils surreal-grotesken Weise zum Nachdenken über die großen Sinnfragen anregen. De Assis interessierte sich für die Ideologien und Illusionen, die Menschen verfolgen – seine Figuren verkörpern dabei Idealtypen unterschiedlicher Gesinnungen und werden zu Fallbeispielen des grossen Ganzen. Staunend stellt man fest, wie sprachlich und gedanklich aktuell de Assis auch nach über hundert Jahren noch ist.  “Mit der Feder des Übermuts und der Tinte der Melancholie” so beschrieb der Autor einst sehr treffend in einem Buchvorwort seinen eigenen Schreibstil. De Assis für mich persönlich eine überragende literarische Entdeckung, die ich jedem Literaturinteressierten empfehle. Das Büchlein ist ein literarisches Kleinod, die Geschichten darin so tiefsinnig, dass man sie wieder und wieder lesen kann und stets Neues entdecken wird.

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