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Rezension zu
Die Nanos-Mission

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Gedankenmanipulation in gar nicht ferner Zukunft - sehr gelungen!

Von: DunklesSchaf
30.01.2019

2028 – das ist gar nicht mehr so lange hin, keine 10 Jahre. Doch wie weit sind wir in 10 Jahren wirklich? Ist es möglich, dass Deutschland in 10 Jahren weitestgehend vom Rest der Welt abgeschottet ist, dass es eine Regierung gleich einer Götterverehrung gibt, dass alle die gleiche Meinung haben? Und (fast) keiner beschwert sich darüber? Na klar geht das – allerdings nur mit den Nanos. Durch Zufall findet der Forscher Carl Oskar Fossey heraus, wie sich Nanopartikel dazu benutzen lassen, Menschen zu beeinflussen. Nicht sofort, aber nach und nach können die Gedanken der Menschen manipuliert werden. Sein findiger Kollege Johannes Kehlis weiß dies zu nutzen, verteilt über seinen Lebensmittelkonzern die Nanos in der Nahrung, wird Bundeskanzler und mächtigster Mann in Deutschland. Die Menschen sind glühende Kehlis-Anhänger, andere Länder sind ihnen egal, Deutschland geht es gut, alle sind glücklich. Alle? Nein, natürlich nicht. Einige wenige sind resistent gegen die Nanos und versuchen den Kreislauf zu durchbrechen. Malek, seit Jahren im Gefängnis und von Kehlis-Produkten unbelastet ist, bricht, gemeinsam mit seinem Kumpel Tymon, der allerdings kurz darauf stirbt, aus und landet in dieser veränderten Welt. Durch eine zufällige Begegnung trifft Malek auf die Rebellen und schließt sich – nach einigen Querelen – dieser, zumindest vorübergehend, an. Er wird gebeten, beim nächsten Coup der Gruppe mitzuhelfen: der Entführung von Carl Oskar Fossey. Malek hat allerdings noch eine andere Aufgabe: Tymon hat ihm das Versprechen abgerungen, sich um seine Schwester Maria zu kümmern. Doch kann er das überhaupt – oder ist sie auch im Würgegriff der Nanos? Die Widerstandsgruppe besteht aus einem bunt gemischten Haufen Menschen, also eben einfach resistente Menschen. Keine ausgebildeten Kämpfer, keine Forscher, ein Palette an Berufen und Fertigkeiten. Nichtsdestotrotz ist die Ausgangslage gut: gesichertes Gelände, Selbstversorger, ein vierköpfiges Gremium, welches Entscheidung trifft. Doch die Frage ist, wie man die Macht der Nanos unterbricht und hier kommt der Forscher ins Gespräch. Und Malek, der zufällig gefundene Söldner passt eben wie die Faust aufs Auge. Wie bedrohlich die Atmosphäre in Deutschland ist, erfährt man hauptsächlich durch Maria, denn die Rebellen operieren ja aus dem Untergrund. Sowohl ihr Sohn als auch Maria selbst sind resistent gegen die Nanos, ihr Mann und Millionen weitere Menschen nicht. Da Kehlis-Anhänger restlos von der Ideologie überzeugt sind, ist die Gefahr groß, dass Marias Mann sie und ihren Sohn zur „Beichte“ schickt. Und noch ist niemand von einer Beichte je zurückgekommen. Maria muss sich verstellen, doch wie lange klappt das? Maria wandelt wie auf Kohlen, vor allem zu Hause. Es scheint eine ausweglose Situation – wohin soll man gehen, wenn alle Menschen fremdgesteuert sind? Die Einblicke in Marias Leben waren diejenigen, welche einen am meisten schlucken lassen. Die Parallelen zur NS-Zeit sind einfach zu groß, als das man sie übersehen könnte. Eine Atmosphäre der Bedrohung und Paranoia, Propaganda vom großen Führer Kehlis, kaum Kontakt ins Ausland. Selbst die SS tritt quasi auf – in Form der Konfessoren. Über allen stehende Gesetzesvertreter, die jegliche Befugnis haben und bar jeglicher Emotionen (eine Nebenwirkung der ersten Nanos). Der einzige Unterschied zur NS-Zeit besteht darin, dass die „Kehlianer“ ja nicht wissen, dass ihre Gedanken manipuliert sind, sie können keine freien Entscheidungen mehr treffen. Familienbanden sind wenig wert, die Beichte sehen Kehlianer als Hilfe für die Betroffenen. Wie so oft muss ich aber ein wenig daran herummäkeln, dass mir noch Einblicke gefehlt haben. Es wird zwar erwähnt, dass kaum Kontakt mehr zum Ausland besteht, Nachrichten weitgehend eingestellt sind, das Internet an Bedeutung verloren hat – aber wie konnte das in 10 Jahren von statten gehen? Wo ist und was macht die EU? Was sagen die anderen Länder? Gibt es da keine kritischen Stimmen? Und wenn ja – fängt Kehlis dann bald einen Krieg an oder baut er eine Mauer? Oder exportiert er seine Nahrungsmittel auch ins Ausland? Interessant wäre auch gewesen, über die Übergangsphase noch etwas zu erfahren, denn die Nanos wirken ja nicht sofort – wie haben die Reaktionen in der Bevölkerung damals ausgesehen? Ah, Fragen über Fragen…. Mal abgesehen davon, war der Thriller wirklich sehr spannend. Dadurch, dass Malek die Rebellen sofort trifft, ist man auch gleich mitten in der Geschichte. Die Hintergründe der Gegebenheiten im Deutschland des Jahres 2028 erfährt man nach und nach, weiteres Insiderwissen gibt es durch Kapitel, die aus Sicht von Konfessor Nummer Elf geschrieben sind, der Malek jagt und wieder einfangen soll. Überhaupt finde ich die Grundidee der Nanos äußerst gelungen. Im Prinzip ist damit ja alles möglich – wer die Macht über die Nanos hat, hat die Macht über die Menschen und kann jegliches Ziel verfolgen. Und nur so ist natürlich auch dieser rasante gesellschaftliche Wandel möglich – sehr clever gelöst! Denn abgesehen von den Nanos ist das Deutschland von 2028 nicht so anders wie das Deutschland heute. Am Ende gibt es einen richtig guten Showdown, der Einblick in die Organisation von Kehlis gibt, aber auch mächtig fetzt und mit viel Kawumm das Buch abschließt. Aber – und hier verrate ich nicht zu viel – der Kampf gegen die Nanos geht weiter, denn schon in wenigen Monaten erscheint der zweite Teil rund um die kleinen fiesen Gedankenmanipulierer. Fazit: Wer hat Angst vor seinem Essen? Timo Leibig gelingt ein spannender Thriller in einer erschreckenden Zukunftsvision, von dem ich hoffe, dass noch einige meiner Fragen im nächsten Teil beantwortet werden – denn den lese ich auf jeden Fall!

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