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Rezension zu
I'll be there for you

That's what friends are for

Von: daslesendesatzzeichen
12.02.2019

Als ich in den 90er-Jahren für vier Wochen ein Praktikum in London machte, fragte mich dort eine Kollegin: „Are you a Friends-person?“ Hä?, dachte ich. Am I WHAT?! Der damalige Hype um die amerikanische Sitcom Friends hatte mich bis dato tatsächlich nicht erreicht. Und als ich eines Abends kurz nach diesem knappen Dialog mit einer Amerikanerin und einer Kanadierin kochte und wir dabei Friends schauten, war ich diejenige, die immer nur aus Verlegenheit mitkicherte, weil ich die eine Hälfte der Gags nicht verstand und die andere Hälfte nicht witzig fand, da ich die ganzen Zusammenhänge nicht kannte. Definitiv, dachte ich mir, ich bin keine Friends-person! Doch die Zeit ging ins Land, ich zog im Jahr 2000 nach London, mein Englisch wurde besser und ich rutschte abends zufällig mal in die Wiederholung einer älteren Friends-Staffel. Und siehe da! Hurra, irgendwie war es passiert! Ich war infiziert, eine Sicherung brannte bei mir durch, und ich kaufte mir nach und nach sämtliche Staffeln auf DVD. Ähnlich ging (und geht) es offensichtlich sehr, sehr vielen Menschen und so ist es kein Wunder, dass 25 Jahre, nachdem der erste Pilotfilm zu Friends ausgestrahlt wurde, noch immer Wiederholungen der Serie in den verschiedensten Fernsehsendern der Welt gezeigt werden und nun sogar passend zum Jubiläum ein (inoffizielles) Fanbuch herauskam. Die Medienwissenschaftlerin Kelsey Miller hat „I’ll be there for you – Friends – Alles über die beste Serie aller Zeiten“ verfasst und ihr ist es tatsächlich gelungen, ein gutes Fanbuch zu schreiben! Das finde ich umso erstaunlicher, da ich bislang selten gute Fanbücher zu egal welchen Themen gefunden habe. Nicht abschrecken lassen darf man sich allerdings vom furchtbar amerikanisch-langatmig-langweiligen Vorwort, in dem wir erfahren dürfen, dass Frau Miller regelmäßig ins Fitness-Studio geht und dabei, während sie am Crosstrainer Kalorien verbrennt, Friends guckt. Das finde ich zwar total cool, dass Frau Miller so diszipliniert ist und ich wäre froh, ich wäre es auch, schlussendlich interessiert es mich aber überhaupt gar nicht, was Frau Miller so tut und lässt, denn ich lese ja ein Buch über FRIENDS ;-). Man kann also getrost und ohne Informationsverluste bei Kapitel 1 starten, denn ab da wird das Buch gut! Miller lässt uns eintauchen in den Kosmos rund um Friends. Begonnen wird korrekterweise mit den Drehbuchautoren der Serie: Marta Kauffman und David Crane. Die beiden waren über all die Jahre das schreibende Herz der Sitcom. Unterstützt natürlich von einem kreativen Team, doch das war am Anfang nicht so. Zuerst waren es nur die beiden und ein sieben Seiten langes Konzept mit dem Arbeitstitel „Insomnia Café“ – und NBC war angetan. Nicht nur das Konzept wurde gekauft, sondern der Pilotfilm gleich mit dazu. Somit konnten die beiden Kreativlinge loslegen und die Idee mit Leben füllen. Doch so erfolgreich die Serie am Ende war, allzu euphorisch reagierte die Presse nicht auf die erste Episode. Zu vieles war noch unausgegoren, Witze zu platt, das Schauspielerische ein wenig zu steif und ungelenk. Doch es gab schlechtere Starts und so konnte sich die Serie entwickeln und steigern, denn sie durfte „weiterleben“. Spannend sind Einblicke, die man so nie geahnt hätte. Wer sich, wie ich zum Beispiel, schon immer gefragt hatte, warum Phoebe eigentlich unbedingt eine Zwillingsschwester haben muss – ein kleiner Abzweig der Haupthandlung -, die weder besonders sympathisch ist, noch zwingend für die Handlung erforderlich, der bekommt hier die äußerst pragmatische und lustige Antwort: Lisa Kudrow, die Schauspielerin, die Phoebe (und logischerweise die Zwillingsschwester Ursula) darstellt, hatte bereits ein Engagement in der Serie Verrückt nach dir als Kellnerin in einer New Yorker Bar namens „Riff’s“. Nun sollten aber sowohl Friends als auch Verrückt nach dir auf dem selben Sender, am selben Abend gezeigt werden – und man wollte eben unter allen Umständen Lisa Kudrow für die Rolle der Phoebe, da sie einfach perfekt passte. Also hatten Kauffman und Crane die schräge Idee, der Masseurin Phoebe aus Friends eine Zwillingsschwester namens Ursula hinzuzuschreiben, die im „Riff’s“ als Kellnerin arbeitete und ganz ab und zu auch mal in dieser Rolle bei Friends in Erscheinung trat. Ansonsten hatte Ursula sozusagen „ihr Leben in Verrückt nach dir“ und Phoebe ihres in Friends. Somit war für das Publikum, das beide Serien verfolgte, die Tatsache schlüssig erklärt, warum ein und dieselbe Schauspielerin in zwei verschiedenen Serien auftauchte, die direkt hintereinander liefen … 😉 Dies sei exemplarisch genannt für viele Aha-Momente, die durch das Fanbuch entstehen. Miller bringt viele Informationen, lässt den Fan hinter die Kulissen schauen. Sie hat selbst Interviews geführt, bestehende Interviews ausgewertet, hat recherchiert und im vorliegenden Buch alles zusammengetragen. Ob man, wie auf dem Buchrückentext behauptet, mit Fug und Recht sagen kann, sie habe mit den „Machern“ der Serie gesprochen, sei dahingestellt. Auf Seite 367 listet sie die von ihr geführten Interviews auf, dabei fehlen jedoch explizit die Namen Crane, Bright und Kauffman, die Producer (also Macher) der Serie. Für meine Bedürfnisse schmälert dies den Spaß, den ich mit diesem Buch hatte, nicht. Es erscheint mir nur unnötig, die Fakten aufzublasen, um auf der Buchrückseite werbewirksam zu klingen … Miller versucht, nicht nur Hintergrundinfos über die mittlerweile weltberühmten, damals aber wenig gefragten Schauspieler zu liefern, sie bringt auch Deutungsversuche in ihrem Buch unter. So spekuliert sie über den Grund, warum gerade Friends so unglaublich erfolgreich wurde, darüber, wie man nach 9/11 weitermachen konnte und darüber, warum – anders als bei Sex and the city – hier kein Kinofilm klappen würde. Sie spart die teilweise absurd hohen Löhne der Friends-Stars ebenso wenig aus, wie kleinere Skandale im Dunstkreis des Sets. Amaani Lyle, eine nach vier Monaten Arbeitszeit als Assistenz des Drehbuchteams gefeuerte Dame, prozessierte beispielsweise, weil sie sich bei ihrer Arbeit sexuell belästigt gefühlt habe, durch die permanent anstößigen Bemerkungen, die die Autorenrunde beim Brainstorming für nächste Episoden geäußert habe. Miller versucht auch, ihrem Buch einen etwas wissenschaftlicheren Touch zu geben, indem sie über unpassende Schwulen- und Lesbenwitze spricht, die in Friends im Laufe der Staffeln vorkamen, und über den „Mangel an ethnischer Diversität“. Diese Kapitel, ich gestehe es, habe ich sehr schnell überblättert, da ich schlichtweg kein Interesse an diesen Themen habe. Ich schaue Friends nicht aufgrund ihres (nicht vorhandenen!) Realitätsbezugs, sondern weil ich die (natürlich überzeichneten) Charakter mag, weil sie mir in all den Jahren ans Herz gewachsen sind, als gäbe es wirklich Monica, Chandler, Phoebe, Joey, Ross und Rachel. In die Episoden reinzuschauen ist, wie alte Bekannte wiederzutreffen. Dass die Schauspieler und ich mittlerweile bald doppelt so alt sind wie Monica und Co. zu Beginn der Serie, ist irgendwie egal. Klicke ich in Friends rein, bin ich wieder 25 und desorientiert, aber glücklich :-). So wie viele in diesem Alter. Noch ungebunden, die Fühler ausstreckend in den ersten Jobs, doch noch mal umsatteln, viel Neues kennenlernen … cool :-). Und genau dieses Gefühl bekomme ich, wenn ich die DVDs einlege … und wisst Ihr was? Genau das werde ich jetzt gleich heute Abend tun: Weinchen einschenken, DVD rein, entspannen! Das kostengünstigste Spa der Welt – leider mit Katereffekt, wenn man danach wieder dem aktuellen Spiegelbild begegnet … Fazit: Ein wirklich lohnenswertes Buch für alle, die die Serie mehr als nur „irgendwie gut“ finden. Allen anderen wird wahrscheinlich die Liebe zum Detail gehörig auf den Wecker gehen. „I’ll be there for you – Friends – Alles über die beste Serie aller Zeiten“ ist am 26. November 2018 im Heyne Verlag erschienen. Weitere Informationen zum Buch über Klick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder auf der Verlagsseite.

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