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Rezension zu
Mittagsstunde

Ich tanze mit dir in den Himmel hinein

Von: ulistuttgart
08.03.2019

Ingwer Feddersen, Archäologe und Hochschullehrer, lebt mit seinen fast 50 Jahren noch immer, wie vor 25 Jahren, in einer Kieler Wohngemeinschaft. Er beschließt eine Auszeit zu nehmen um seine Großeltern Ella und Sönke, die ihn wie einen Sohn aufgezogen haben, zu betreuen. Die beiden leben in dem fiktiven nordfriesischen Örtchen Brinkebüll. Ella vergisst langsam aber sicher ihr komplettes Leben und Sönke, der mit über 90 Jahren immer noch seinen Gasthof für einzelne Stammgäste bewirtschaftet, hat wohl ebenfalls seine besten Zeiten hinter sich. Ingwer erkennt die alte Heimat kaum wieder. Alles hat sich verändert. Es gibt keine Schule mehr, keinen Tante-Emma-Laden, keine Störche, keine Kühe … Selbst die heilige Mittagsstunde der Dorfbewohner wird nicht mehr wie früher eingehalten. Dörte Hansen hat nach ihrem Debüt „Altes Land“ wieder einen sehr gefühlvollen und berührenden Roman verfasst, der noch lange nachklingt. Die wenigen Worte, die unter den Brinkebüllern fallen schreibt die Autorin in Plattdeutsch. Anfangs habe ich mich damit etwas schwer getan und mein Lesen war etwas holprig, aber irgendwie macht das diese Geschichte sehr authentisch und lässt uns in das Dasein dieser Menschen regelrecht versinken. Außer dem Leben der Familie Feddersen werden uns von der Autorin die Schicksale einiger anderen Dorfbewohner sehr anschaulich und herzergreifend erzählt. Der Protagonist Ingwer war mir ungemein sympathisch. Er kümmert sich liebevoll um seine Großeltern, sorgt in seiner Kieler Wohngemeinschaft für Sauberkeit und Ordnung, hat Verständnis für seine Schüler an der Uni, denkt in vielen Lebenssituationen an bestimmte Schlagerlieder, die seine Mutter Marret immer vor sich hingesungen hat und zur Entspannung gönnt er sich ab und an etwas beruhigendes zum Rauchen. Er nennt sich selbst „die Hitparade auf zwei Beinen“, weil er ständig Lieder wie „Einsamkeit hat viele Namen“ … in seinem Kopf hat. Auch das Ehepaar Ella und Sönke hat mein Herz berührt. Nicht immer lief alles glatt in ihren gemeinsamen Jahren und auch die Vergesslichkeit von Ella macht ein Zusammenleben nicht leicht. Doch trotz ihrer Träumereien von alten Zeiten und trotz den blauen Flecken, die sie Sönke immer wieder zufügt, steht dieser zu ihr und plant ihre Gnadenhochzeit. 70 Jahre verheiratet. Ingwer kann durch sein Dasein Mudder und Vadder, wie er seine Großeltern nannte, etwas von der Liebe zurückgeben, die sie ihm all die Jahre geschenkt haben. „Dat is min Jung“ „Minsch warmt Minsch“ … Marret war selbst noch ein hilfloses junges Ding, als sie ihren Sohn Ingwer zur Welt brachte aber Sönke hat ihn stolz durchs alte Dorf getragen und Ella hat ihn behütet wie ihr eigenes Kind. Nun war das Vater-Mutter-Kind-Spiel umgedreht. Die Rollen wurden getauscht und Ingwer sorgt sich um seine alten, gebrechlichen Großeltern. Ein wundervoller, berührender Roman, den ich am liebsten gleich noch mal lesen würde, weil er einfach das ganz normale Leben mit Höhen und Tiefen, den Verlauf der Zeit und des Älterwerdens beschreibt. Alle Emotionen schleichen sich im Laufe des Lesens hoch. Schmunzeln, Lachen, Erschütterung und Traurigkeit …Erinnerungen an die eigene Kindheit und die Frage, was wird uns im Laufe der Jahre noch erwarten … alles gehört zur Mittagsstunde von Dörte Hansen. Ganz großes Gefühlskino! 5 Sterne

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