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Rezension zu
Die Wilden - Familientreffen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Stimmiges Gesellschaftsbarometer

Von: Ümit Dogdu
27.03.2019

Bereits auf der ersten Seite des Buches „Die WildEN“ werden alle in dem Roman handelnden Personen dem Leser vorgestellt. Die Beteiligten erscheinen wie zu einem -Familientreffen-. Der Autor Sabri Louatah nennt gleich einem Theaterstück die Darsteller in ihren Rollen mit ihren Charakteren. Die Geschichte nimmt schnell ihren Lauf im Frankreich der Jetzt-Zeit, in der auf den fiktiven französischen Präsidenten Chaouch ein Anschlag verübt wird. Mitglieder der Familie Nerrouche sind in den Anschlag verwickelt. Dass ausgerechnet Fouad Nerrouche mit der Tochter des Präsidenten befreundet ist, macht es nicht leichter. Die Aufklärung des Anschlags steht im Vordergrund der Geschichte. Konsequent nimmt Herr Louatah den Betrachter in seinem dritten Band mit und bündelt vorab die vorherigen zwei Teile des Romans. Wie sehr sich eine Familie in Individuen verzweigt, wird zum Leitmotiv. Die Brüder Nerrouche teilen nicht dieselben Anschauungen und nicht denselben Lebensweg. Sie unterscheiden sich voneinander, wie die gesamte französische Nation welche auch von unterschiedlichen Nationalitäten, Ideen, Strömungen geprägt ist. Was sie verbindet, ist der kulturelle Rahmen, in dem sie aufgewachsen sind. Das Wirken der Kräfte in der Familie lässt den Autor Parallelen ziehen auf die politisch gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Verhältnisse in der französischen Politik scheinen durchzogen von Gegenspielern, die sich nicht damit abfinden wollen, dass ein Bürger arabischer Abstammung Präsident geworden ist. Zudem ist auch noch absehbar, dass es sich dabei um eine progressive Persönlichkeit handelt, die auf das Gute in der Gesellschaft baut. Die konservativen Gegner formieren sich. Da, wo extreme Kräfte in der Gesellschaft wirken und zum Populismus führen, lässt Herr Louatah den Schauspieler Fouad mit den Idealen des Präsidenten entgegnen: „Eure Identität? Definiert sie lieber über eure Pläne als über euer Erbe. Lasst euch nicht dadurch entmutigen, dass eure Väter in ihren Träumen enttäuscht wurden. Vertraut auf die Zukunft, Eure Zukunft.“ Herr Louatah macht Mut, er bietet richtungweisende Versöhnung an, die nicht ausgedacht wirkt. Insgesamt lassen einen die Darsteller jedoch seltsam unberührt. Trotz extremer Situationen wirkt die Handlung abgeklärt, fast wie fotografiert. Die Handlungsebene provoziert weder extreme Gefühle noch lassen sich allzu prätentiöse Gedanken darin finden. Den Geist der Familie in ihren alltäglichen Erscheinungsformen und den Geist der französisch-algerischen Kultur vermittelt er jedoch gekonnt. In der Atmosphäre atmet Tradition und Zukunft in ihrer berechtigtsten Form. Trotz des ausgeklügelten Plots wird der Krimiliebhaber nicht auf seine Kosten kommen. Der Verlauf der Geschichte kommt ohne Spannung aus. Wer jedoch auf der Suche ist nach tragfähigen Anschauungen der Gesellschaft, der wird in diesem Buch Einsichten in gut beleuchtete Hintergründe finden, die sonst zu Stolpersteinen werden könnten.

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