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Rezension zu
Widerworte

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Aufklärer der Zweifelnden

Von: Softeis
01.04.2019

Alexander Kissler hat sich in seinem neuen Buch vorgenommen, hohle Phrasen zu entlarven und Wortakrobaten, die der Begriffe Bedeutung verbiegen, bloßzustellen. Er bedient sich eines blumigen Repertoires neuer Satzschöpfungen, knackiger Ellipsen und aufgewärmter Floskeln deutscher Politiker und zerpflückt diese mit großer Freude. Innerhalb der ersten Sätze offenbart sich denjenigen, denen Alexander Kisslers Arbeit bisher nicht geläufig ist, sein Scharfzünigkeit. Anhand des Sprichworts "Geschäft ist Geschäft" nimmt er den Leser an die Hand, erläutert er die Universalität großer Phrasen, tänzelt sich über vielerlei geschichtliche und aktuelle Referenzen geschickt von hinten an und bringt die Wortblase pointiert zum platzen. Damit leitet er die eigentlichen 15 Kapitel ein, in denen jeweils eine bedeutungsschwangere Phrase von "Vielfalt ist unsere Stärke" über "Wir schaffen das" bis zu "Gewalt ist keine Lösung" wortgewandt zu Boden streckt. Gleich im ersten Kapitel greift er eine Zeile von Frank Walter Steinmeier auf und zerpflückt diese unter Zuhilfenahme vieler Persönlichkeiten, einschließlich Laotse und Purple Schultz. Dies führt sich in den anderen 14 Kapiteln sehr unterhaltsam fort, teilweise stellt sich für mich eine gewisse Polemik ein, manchmal verrennt sich der Autor in Referenzen und der Versuch, die Phrase zu entwirren, wirkt etwas gekünstelt. Nichts desto trotz kommt er am Schluss jedes Kapitels zum Punkt und beendet seine Sektion sauber. Was jedoch außer Acht gelassen wird, ist der Blick hinter die Phrasenmaschine, der Versuch einer glaubhaften Erklärung, warum Redewendungen überhaupt gebraucht werden. Politische Reden sind für einen Großteil der Gesellschaft Makulatur. Was sich im Gedächtnis der Wähler verankert sind knackige Parolen. Das Entwirren dieser Statements obliegt dem mündigen Bürger. Alexander Kissler übernimmt somit die Rolle eines Aufklärers, ohne die Zielgruppe zu analysieren. Für diejenigen, die die Bedeutung von Phrasen sowieso anzweifeln ist "Widerworte" ein hilfreiches Tool. Diejenigen aber, die Phrasen ungefiltert verinnerlichen, werden - wie so oft - wohl nie dieses Buch lesen. Vielleicht hätte sich durch die Klarstellung dessen ein leichterer Umgang mit den Aussprüchen ergeben können, die die zu Beginn des Buches in Aussicht gestellte schelmenhafte Erörterung leichter, weniger "anti" gemacht hätte.

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