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Rezension zu
Kill 'em all

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Fundamentaler Rundumschlag

Von: Thomas Lawall
10.04.2019

Nachdem uns Altmeister Niven mit "Alte Freunde" in enttäuschenden Tiefschlaf, garniert mit gelegentlichen Sekundenwachphasen, versetzt hatte, erscheint er mit seinem aktuellen Roman wie runderneuert, einer Inspektion unterzogen und frisch über den TÜV gefahren. So als ob er sich beim Vorgänger schreibtechnisch ein wenig locker gemacht hätte, um seine Finger auf das vorzubereiten, was sie dann ausgeruht und mit aller Kraft in "Kill 'em all" zu Papier bringen würden. Die schwache Story und sein vor allem erwartetes lockeres Mundwerk erschöpfte sich bereits auf wenigen Seiten und klang wenig mehr als ein laues Echo seiner selbst. Nunmehr hat er (nicht nur) in der Abteilung Sarkasmus und anderen Unverschämtheiten kräftig ausgemistet und ordentlich durchgewischt. Dergestalt defragmentiert erstrahlt er in neuem, alten Glanz und weiß seine ihm treu ergebene Fangemeinde, also jene "Idioten, die nichts Besseres zu tun haben, als auf ihrem dämlichen Arsch zu sitzen und ein beschissenes Buch zu lesen", Seite für Seite zu begeistern. Steven Stelfox, einst ebenso erfolgreicher wie skrupelloser "A&R-Manager" in der Musikindustrie, befindet sich im Ruhestand. Seine Dienste werden jedoch mehr denn je gebraucht, denn der erfolgreichste Popstar aller Zeiten und sein Gefolge befinden sich in allergrößten Schwierigkeiten. Stelfox muss zurück an Bord, denn nur er scheint in der Lage zu sein, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Leider ist es so, dass der "Dreck" inzwischen ungeahnte Dimensionen angenommen hat, so dass es für alle Beteiligten fast aussichtslos erscheint, sich hier jemals wieder herauszuwinden. Millionenschwere Verbindlichkeiten sind schon Last genug, doch wenn sich zwei "traurige Witzfiguren" und deren abgehalfterter Anwalt dazu entschließen, den "Kaiser des Pop" mit eindeutigem Material zu erpressen, dann kann dies nur zur absoluten Eskalation führen. An jeder verfügbaren Ecke lauert immer derselbe destruktive Geist dieser Welt: Geld. Etwas an der Szenerie hat sich geändert. Das Bühnenbild ist anders. Moderner. Aktualisiert um die "Ära von Trump, Brexit und Fake-News" konzentrieren sich die immer gigantischer gestalteten Geldströme auf einen immer geringer werdenden Personenkreis. Dies zu erhalten ist erklärtes Ziel. Schließlich muss der Rubel rollen, aber bitteschön an die richtigen Stellen. Um diese Thematik gestaltet John Niven eine Geschichte, die einen fast dazu verleitet, einem irgendwie bekannt vorzukommen. Es ist vor allem jener unglückselige "Lucius Du Pre", der weltbekannteste Popstar, "ein etwas zu groß geratenes Kleinkind mit einem Gotteskomplex", der auf einer gigantischen Ranch namens "Narnia" lebt. Dort wimmelt es von Bediensteten, die sich beileibe nicht nur um die erlesene Auswahl von Luxuskarossen aus aller Welt kümmern, sondern u.a. auch um den angrenzenden Vergnügungspark. Auch für seine sprichwörtliche Kinderliebe ist Du Pres bekannt. "Kill 'em all" ist ein fundamentaler Rundumschlag quer durch die gesellschaftlichen und politischen Strukturen des "neuen Amerika". Nivens rotzfreche Tiraden attackieren alles und jeden, der sich nicht sofort in die hintersten Ecken seiner erbärmlichen Existenz zurückzieht, um das infame Spiel des Lebens und ihrer Dirigenten aus einer feigen, aber sicheren Position heraus zu beobachten. Die sich daraus ergebende Erkenntnis, dass Geld die Welt regiert, ist wahrlich nicht neu, doch wie Niven dies zu unterstreichen weiß, lässt sich mit Adjektiven wie "drastisch" nur unzulänglich beschreiben. Klar, die Geschichte ist fiktiv, aber das Gesicht des wahren Kerns ist unzweideutig erkennbar und wieder um einige Facetten hässlicher geworden.

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