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Rezension zu
Gott wohnt im Wedding

Mosaik der Erinnerung

Von: Frank Heckert
18.04.2019

Was in Büchern doch alles möglich ist! In diesem hier erzählt gleich zu Beginn (und in der Folge noch mehrfach) ein Haus aus seinem „Leben“, es stecken ja auch ohne Zweifel viele Erinnerungen zwischen vier (oder mehr) Wänden. Besagtes Haus steht im Berliner Wedding und ist sozusagen die Bühne für den neuen Roman von Regina Scheer, die schon vor fünf Jahren mit ihrem Debüt „Machandel“ Vergangenes (von den dreißiger Jahren über den Zweiten Weltkrieg bis zum Fall der Mauer und in die Jetztzeit) wieder lebendig werden ließ. „Gott wohnt im Wedding“ folgt demselben Muster: Verschiedene Lebensläufe kreuzen sich hier und ergeben schließlich ein funkelndes Mosaik, in dem sich Gestern und Heute spiegeln. Regina Scheer weiß sehr genau, wie man ein gutes Buch „baut“. Sie erzählt detail- und kenntnisreich … schon nach wenigen Seiten hat man einiges dazugelernt. Oder wussten Sie, dass Kinos früher als Flohkisten bezeichnet wurden? Die Autorin kann da viele Überraschungen aus ihrer Schatztruhe ziehen und profiliert sich so gekonnt als Hüterin der Erinnerung und Anwältin der Heimatlosen. Die Reibung zwischen dem, was war, und dem, was ist, hält diesen Roman unter Strom und macht ihn zum sympathischen Pageturner, der gar nicht den Anspruch hat, mit ambitionierten Formulierungen zu glänzen. Stattdessen werfen sich hier die Protagonisten Leo Lehmann, Laila Fidler und Gertrud Romberg (um die wichtigsten zu nennen) verlässlich die Bälle zu und tragen so ihren Teil dazu bei, in die Geschichte Berlins einzutauchen, ohne die Gegenwart zu vergessen. „Gott wohnt im Wedding“ ist ein Roman mit hohem Unterhaltungswert, den ich gerne gelesen habe und der übrigens sehr gut lektoriert ist. Einzig über die Bezeichnung „ein paar alte, verarbeitete Männer“ auf Seite 61 unten bin ich gestolpert … „verarbeitete“? Ansonsten aber kann ich das Buch nur jedem empfehlen, der gerne nicht nur nach vorn, sondern auch zurückblickt – und der spüren will, was es bedeutet, wenn man im Leben nach Halt sucht und zum Spielball von Veränderungen wird. Die Lektüre wird übrigens (wie schon bei „Machandel“) durch ein Register der wichtigsten Personen am Ende erleichtert. Es versteht sich von selbst, dass zu diesen „Personen“ auch das eingangs erwähnte Haus zählt.

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