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Rezension zu
Altes Land

Ein sehr lesenswertes Buch über Heimat - Flucht - Ersatzheimat -Akzeptanz

Von: Annette Traks
01.04.2015

1945, nach der Flucht aus Ostpreußen, findet Hildegard von Kamcke mit ihrer 5 Jahre alten Tochter Vera Unterkunft auf Ida Eckhoffs Hof im Alten Land bei Hamburg. Es ist kalt und ungastlich dort. Doch die Opferrolle liegt Hildegard nicht. Sie weiß sich durchzusetzen, sorgt für sich und ihr Kind und heiratet schließlich den aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrten Hoferben. Als Vera 14 Jahre alt ist, wird ihre Mutter von einem Hamburger Architekten schwanger. Sie verlässt den Hof, um mit dem neuen Mann und der gemeinsamen Tochter Marlene nach Blankenese zu ziehen. Vera jedoch bleibt ihr Leben lang auf dem Altländer Hof, schlägt aber nicht wirklich Wurzeln. Eines Tages taucht dort ihre Nichte Anne, Marlenes Tochter, samt kleinem Sohn auf: Sie und der Vater des Jungen haben sich getrennt und Anne ist aus dem noblen Hamburg-Ottensen zur Halbtante ins Alte Land geflüchtet. Es sind ganz unterschiedlich motivierte Flüchtlingsschicksale über Frauen verschiedener Generationen, die geschildert werden. Resümee: In diesem Roman geht es um den Themenkomplex Heimat – Flucht – neues Zuhause – Fremdbleiben. Gezeigt werden vor allem 2 Flüchtlingsschicksale: Die 5-jährige Vera floh mit ihrer Mutter kriegsbedingt aus Ostpreußen und fand im Alten Land eine neue Bleibe; Anne ist mit ihrem kleinen Sohn aus privaten Gründen aus Ottensen weggegangen und bei ihrer Halbtante untergekommen. So unterschiedlich ihre Lebensläufe sind, so weisen sie doch Parallelen auf und verschmelzen letztlich miteinander in einem jahrhundertealten Reetdachhaus. Dort haben beide eine Ersatz-Heimat gefunden und bilden eine passabel funktionierende Zweckgemeinschaft. Der Leser bekommt auch Einblicke in das Leben rund um diese „Insel“: In der Nachbarschaft leben alteingesessene Obstbauern, die einen in der Tradition verhaftet, andere mit der Zeit gehend. Aber auch von zugezogenen, oft romantisierenden Aussteigern ist die Rede – auch sie in gewisser Weise Flüchtlinge. Die Neuen und alles Moderne wird hier generell misstrauisch beäugt und bleibt fremd. Als Kontrast dazu wird das Leben der so perfekt sein wollenden Familien im modernen Hamburg-Ottensen skizziert. Der Titel des Buches ist mehrdeutig: Einmal ist damit natürlich das Obst-anbaugebiet vor den Toren Hamburgs gemeint, in dem Vera und Anne eine Ersatz-Heimat suchen, als sie in ihrem „alten Land“, ihrem einstigen Zuhause, nicht mehr leben können oder wollen. Und es ist ein Landstrich, der von alten Traditionen geprägt wird. Die Sprache ist dem Inhalt und dem Wesen der handelnden Personen angemessen: Teilweise op Platt, aufs Notwendige reduziert und dennoch ausdrucksstark, spiegelt sie den wortkargen, knorrigen Menschenschlag wieder – viel Reden bringt halt nichts. Die Autorin lässt in ihrer Darstellung der verschiedenen Lebensgeschichten und Charaktere viel Einfühlungsvermögen und eine gute Portion Humor walten. Schwer fand ich es allerdings manchmal, bei den generell sehr kurzen Absätzen innerhalb der Kapitel sofort zu realisieren, was aktuelles Geschehen, was Rückblende ist. Und auch einige Bezüge wurden erst im 2. Anlauf deutlich. Fazit: Ein sehr ausdrucksstarkes, lesenswertes Erstlingswerk der Autorin.

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