Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Mein Name ist Judith

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Eine ganz besondere Geschichte

Von: Lesemademoiselle
22.04.2019

„Ich, der als Kind von einem Ort zum nächsten geschleppt wurde und keine Wurzeln schlagen konnte, brauche meine Trauer nicht an einem Ort, einem Grab, einem Stein festzumachen. Ich trage einen Friedhof in mir.“ Martin Horváth hat es mir nicht leicht gemacht mit seinem Roman „Mein Name ist Judith“. Es ist eine Geschichte, die in Ruhe gelesen werden will. Jedes Wort, jeder Satz, jeder Abschnitt ist fein komponiert, aufeinander abgestimmt und so unendlich wichtig. Ich musste öfters Sätze noch einmal lesen um ganz sicher zu sein, dass ich sie auch richtig erfasst habe. Horváth lässt sich Zeit für seine Figuren. Es dauerte bei mir bis León und Judith Gestalt annahmen und für mich greifbar wurden. Aber dann haben beide mich sehr berührt. Der Roman ist aus mehreren Erzählungen zusammengesetzt. Manchmal weiß man nicht genau, ob sie nun real oder nur geträumt sind. Manche Erzählungen erscheinen zusammenhanglos, manche erzählen eine fortlaufende Geschichte. Erst am Ende verweben sich alle Stränge zu einem großen Ganzen. Das Ende selbst versöhnt und schenkt Hoffnung. Leóns Familie wurde bei einem Bombenattentat ausgelöscht, die Familie Klein verlor Judith in der NS-Zeit. Die Trauer und Verzweiflung darüber ist die Verbindung zwischen den beiden Geschichten. Sehr sensibel beschreibt Horváth wie Geschichte sich immer wieder wiederholt. Er erzählt von Verfolgung und Flucht, damals wie heute, und er schreibt über das Vergessen-Wollen und Nicht-vergessen-Können. „Auschwitz blieb in seinen Erzählungen – auch Judith gegenüber – bis zum Schluss eine Lücke, die durch Worte nicht zu füllen war.“ Mit ganz großer Sensibilität schreibt Martin Horváth über Leóns Begegnung mit sich selbst, über seine Vergangenheit und über seine Erinnerungen an eine glücklichere Zeit. Und Horváth erzählt von der Familie Klein, die überlebt hat und die ihren Platz nach der Zeit der Shoa auch wieder finden musste. Ein Roman, der in mir noch immer nachhallt. Erst mit Abstand beginne ich zu begreifen, was für eine besondere Geschichte ich gelesen habe. Es mag ein Buch sein, das nicht für jeden geeignet ist, aber wen es erreicht, dem wird dieses Buch unvergesslich bleiben.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.