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Rezension zu
Willkommen in Lake Success

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Willkommen in Lake Success: Roman von Gary Shteyngart

Von: Balalaika
31.05.2019

Barry Cohen, New Yorker Hegdefond-Manager, erlebt gerade den größten Misserfolg seines Lebens. Sein Fond „This Side of Capital“ fährt durch falsche Investitionen riesige Verluste ein, die Börsenaufsicht ist hinter ihm wegen dubioser Geschäfte her, seine junge Frau liebt ihn nicht mehr und sein bis dahin einziges Kind erfüllt ihm seine Träume von der perfekten Familie auch nicht – er ist Autist oder wie es im Buch so schön heißt „im Schema“. Also was macht Barry in dieser für ihn alles andere als erfreulichen Position? Er schnappt sich in höchster Eile eine Rollkoffer, stopft 4 seiner teuren Lieblingsuhren hinein, wirft Handy und Kreditkarte weg, um seine Spuren zu verwischen und macht sich mit dem Greyhoundbus auf den Weg zu seiner Jugendliebe, wo er sich wahres Glück erhofft. Unterwegs begegnen ihm jede Menge mehr oder weniger verkrachte Existenzen, alte Freunde, die keine sind, neue Freunde(innen), mit denen er sich nicht lang genug beschäftigt, um sie wirklich kennenzulernen und jede Menge Amerika in verschieden Bundesstaaten mit den unterschiedlichsten Meinungen und Vorstellungen des eigenen Landes. Während Barry vor seinem Leben flieht, versucht seine Frau mit der neuen Situation klar zu kommen, hüpft mit ihrem Nachbarn bei anscheinend jeder sich bietenden Gelegenheit ins Bett, ist meist mit ihrem Kind überfordert, bringt es nicht über sich, wenigstens die eigene Familie mit ins Boot zu holen und ist derweil aber wieder schwanger. Und möglicherweise wird auch der zweite Sohn autistisch sein. Das Buch zählte 2018 zu den besten 100. In meinem Bücherschrank wird es wohl leider nicht ganz weit vorn stehen. Ich mag keinen, wirklich keinen der Charaktere im Buch. Der selbstmitleidige Poolreinigersohn Barry, der, nachdem er Millionen gescheffelt hat, sich großartig vorkommt, weil er mit der Unterschicht der USA reist, obwohl er eigentlich nur Angst hat, wegen seiner Geschäfte ins Gefängnis zu kommen und weil er zu feige ist, sich mit der Krankheit seines Sohnes auseinanderzusetzen. Seine Frau, die ihren autistischen Sohn versteckt vor anderen Menschen, ihn rund um die Uhr von Angestellten umsorgen lässt, kaum ist der eigenen Mann weg, mit dem Mann der Nachbarin ins Bett geht. Der verlogene Nachbar, dessen Frau als Ärztin kaum Zeit für etwas anderes als Arbeit hat. Die Ärztin, die schon an ihren 3jährigen Anforderungen stellt, wo ich mir an den Kopf greife und mich frage, wann und ob das Kind denn auch Kind sein darf. Und so geht es für mich durch das ganze Buch. Großherzigkeit und Witz wie in der Buchbeschreibung angekündigt finde ich nur in ganz seltenen Momenten, z. B. als Barry ein Frühstück spediert bekommt, als er nichts mehr hat. Vielleicht verstehe ich aber den Humor der Amerikaner nicht. Und vielleicht verstehe ich auch einfach die Gesellschaft in den USA nicht. Deshalb möchte ich das Buch nicht schlechter schreiben, als es ist. Es lässt sich leicht lesen und man hat schon irgendwie das Gefühl, mit im Greyhoundbus zu sitzen. Dennoch, mich hat das Buch eher deprimiert und aufgeregt als unterhalten und erheitert. Und noch einen Kritikpunkt muss ich unbedingt loswerden. Ich weiß ja nicht, wie es im amerikanischen Original ist: aber müssen wir Studenten jetzt wirklich als Studierende bezeichnen? Das erste Mal ist mir das auf Seite 301 aufgefallen und leider zieht sich das auch über die nächsten Seiten weiter so. Keine Studenten mehr, nur Studierende. Tut mir leid, aber wenn in Zukunft in allen neuen Büchern dieser Neusprech angewendet wird, werde ich wohl keine tollen neuen Geschichten mehr lesen. Denn ich liebe meine Landessprache so wie sie ist. (Man mag mich jetzt verbal steinigen, ist aber so.)

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