Rezension zu
HERKUNFT
Witziges und berührendes Buch über Identität, Erinnerung und Verlust
Von: floskelSo schnell kann man gar nicht schauen, da ist man schon fertig mit diesem Buch – und würde sich wünschen, dass es noch ein wenig länger gewesen wäre. Fragmentarisch und episodenhaft erzählt Saša Stanišić in diesem „Selbstporträt mit Ahnen“ von seiner Migration. Von der Flucht seiner bosnisch-serbischen Familie aus Jugoslawien. Von der darauf folgenden Scham und Ausgrenzung, aber auch von der Integration und vom Ankommen in einem neuen Land, einem neuen Leben, einer neuen Sprache (und seiner Liebe zu Eichendorff!). Liebevoll porträtiert er dabei nicht nur seine Verwandten – allem voran seine demente Großmutter, die in dem Buch eine zentrale Rolle spielt – sondern auch seine FreundInnen von der ARAL-Tankstelle, seine erste Liebe, seine NachbarInnen, MitschülerInnen und LehrerInnen. Lakonisch und feinfühlig, aber nie nostalgisch, fabuliert er von Begegnungen und Ereignissen in seinen Heimaten, die ein zunehmend plastisches und fast märchenhaftes Gesamtbild ergeben. Letzteres vor allem durch den Epilog in Form eines interaktiven Fantasy-Rollenspiels, bei dem man als LeserIn selbst entscheidet, wie es weitergeht. Besonders gelungen (weil atmosphärisch sehr dicht) fand ich die Sequenzen aus Oskoruša, dem Dorf, aus dem seine Großeltern stammen und in dem heute nur noch 13 Menschen leben, und jene in denen er von seiner Jugend an der ARAL-Tankstelle erzählt. Ein witziges und berührendes Buch über Identität, Erinnerung und Verlust.
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