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Rezension zu
Schuldig

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Freundschaft, Loyalität und Schuld

Von: FrauSchafski
10.06.2019

Kanae Minato hat mich mit ihrem ersten in Deutschland erschienen Buch „Geständnisse“ begeistert. Besonders fasziniert hat mich die ungewöhnliche Erzählweise, die unterschiedliche Texttypen so zusammenfügt, dass daraus aus verschiedenen Perspektiven auf ein und denselben Vorfall geblickt wird und so am Ende die Wahrheit ans Licht kommt. Insofern hatte ich recht hohe Erwartungen, als ich mich ihrem zweiten Buch „Schuldig“ widmete. Auch in diesem steht der Tod eines Menschen in Vordergrund. Hirosawa verunglückt tödlich mit dem Auto, als er auf dem Weg ist, einen Freund vom Bahnhof abzuholen. Das allein ist tragisch genug, jedoch werden seine Freunde, die mit ihm ein langes Wochenende auf einer Berghütte verbringen wollten, von Schuldgefühlen heimgesucht, weil sie Hirosawa losgeschickt haben, obwohl er zuvor Alkohol getrunken hatte. Als sie Jahre später in anonymen Briefen des Mordes bezichtigt werden, macht sich Fukase auf, um die Wahrheit hinter dem Unfall herauszufinden. Die Figur des Fukase ist für westliche Gemüter nur sehr schwer nachzuvollziehen. Er verkörpert gesellschaftliche Umstände Japans, die für uns fremd sind, weil er mit nur geringem Selbstbewusstsein gesegnet wurde und sich allein deswegen innerhalb seines Umfeldes, das auf Leistung und Status getrimmt ist, minderwertig fühlt. In seinem Empfinden ist er es kaum wert, gesehen zu werden, geschweige denn Freundschaft oder Liebe zu verdienen. Diese Gefühle ziehen sich durch die gesamte Handlung, da Fukase unser Erzähler ist, und das andauernde Nachdenken über seine Minderwertigkeitskomplexe ist kaum zu ertragen. Allein das macht „Schuldig“ zu einer eher anstrengenden Lektüre. Hinzu kommt, dass die Aufklärung des Falls vom sozialen Geflechts Hirosawas geprägt ist. Wer - wie ich - einen mysteriösen Komplott erwartet, wird am Ende vielleicht enttäuscht sein. Dennoch spiegelt dieser Roman erneut für mich faszinierende Besonderheiten japanischen Zusammenlebens wieder und nicht zuletzt eine große Liebe für Kaffee - und Honig. Fazit: Die gesellschaftlichen Gepflogenheiten sind gut eingefangen, jedoch für uns schwer nachzuvollziehen. Sich in Fukases Figur hineinzuversetzen, erweist sich als schier unmöglich. Der Spannungsaufbau wird von diesen beiden Faktoren dermaßen überlagert, dass der Roman streckenweise eher zähflüssig wie Honig ist. Aber die Lektüre tut auch nicht weh und wer sich für Japan interessiert, wird eine weitere Facette hinzufügen können. Für mich bleibt es letztlich bei drei Sternen.

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