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Rezension zu
Bad Feminist

Starke Stimme

Von: Sabrinas Blogwelt
20.06.2019

Warum bad feminist? Warum gibt jemand einen feministischen Essayband heraus und nennt ihn dann ausgerechnet Bad Feminist? Als wäre es positiv, eine schlechte Feministin zu sein. Aber das ist es genau, was Roxane Gay für sich selbst entschieden hat und uns allen mit auf den Weg gibt: Es ist besser, eine schlechte Feministin zu sein, als keine zu sein. Feminismus ist komplex und es ist ok, nicht allen (vermeintlichen) Erwartungen an eine Feministin gerecht zu werden. Denn wir sind alle nur Menschen und kein Mensch ist perfekt. "Ich bin davon überzeugt, dass Feminismus grundsätzlich dafür kämpfen muss, dass Frauen Entscheidungen frei treffen können, auch wenn ich selbst mit ihren Entscheidungen nicht übereinstimme. Ich glaube, dass Frauen […] überall auf der Welt Gleichheit und Freiheit verdienen, aber ich weiß auch, dass ich nicht dazu befugt bin, Frauen aus anderen Kulturen zu sagen, wie diese Gleichheit und diese Freiheit aussehen sollen." (Roxane Gay: Bad Feminist. btb Verlag 2019, S. 10) Für mich sind die Kapitel, in denen Gay ganz grundsätzlich über Feminismus spricht, die stärksten des Bandes. Sie fordert mehr Inklusion und Toleranz und räumt mit Klischees auf, die angeblich eine ‚echte‘ Feministin ausmachen. Ja, wir dürfen Pink mögen, unser Frausein feiern und die ‚falschen‘ Filme gut finden, obwohl wir es eigentlich besser wissen. Feministinnen sind keine männerhassenden Schreckschrauben und sie müssen nicht perfekt sein. Dieser Essayband macht jedem Mut, sich stolz als Feministin zu identifizieren. Also egal, ob man in der Hinsicht noch einen kleinen Schubs braucht, oder einfach mal wieder gerne daran erinnert wird: Die Botschaft von Bad Feminist ist wichtig und für jeden eine absolute Leseempfehlung. Unsere Gesellschaft: Gay hinterfragt in ihren Essays permanent unsere Gesellschaft und fordert die längst überfällige Veränderung. Viele der Dinge, die sie anspricht, sind weitegehend bekannt, andere haben sich so in unseren Alltag und unser Weltbild eingeschlichen, dass sie kaum hinterfragt werden. Gays Ausführungen reichen von den Erwartungen an Frauen bezüglich des Aussehens und Verhaltens, über die fragwürdige Existenz des Genres Frauenliteratur bis hin zu Rape Culture und Abtreibungsgesetzen. Dabei kommt sie immer wieder auf die Popkultur zu sprechen. Viele ihrer Argumente verdeutlicht sie an Büchern, Filmen oder Serien. Aber auch den Sonderstatus, den Prominente in unserer Gesellschaft einnehmen, hat sie auf dem Schirm. So prangert sie beispielsweise an, wie Stars durch ihren Status weniger Konsequenzen für schlechtes Verhalten erfahren. Erkenntnismomente: In vielerlei Hinsicht haben Gays Essays mir die Augen geöffnet. Insbesondere, was Rassismus angeht. Durch den persönlichen Bezug, den Gay immer wieder herstellt, ist es extrem leicht, einen Zugang zu finden. Sie spricht ganz allgemein über die Repräsentation von Schwarzen Menschen im TV und die Polizeigewalt, die sie immer wieder erfahren. An diese Themen kann man nicht oft genug erinnert werden. Doch darüber hinaus geht Gay ganz speziell auf die Problematik verschiedener Filme ein, darunter gehypte Blockbuster wie The Help (dt.: Gute Geister), 12 Years a Slave oder Django Unchained. Besonders das Kapitel zu The Help hat mich persönlich sehr beschäftigt, da ich Buch und Film sehr mochte. Mir wäre nie aufgefallen, was an diesem Film alles problematisch ist. Wenn Gay die Dinge anspricht, wirken sie derart offensichtlich, dass ich richtig beschämt bin über meine bisherige Blindheit. Aber ich wage zu glauben, dass ich durch Gays Ausführungen eine neue Perspektive kennengelernt habe, die mich in Zukunft sensibler für rassistische Darstellungen in Literatur und Film macht. Sehr persönlich: Gays Texte sind sehr persönlich. Sie behauptet auch nicht, allgemeingültige Wahrheiten zu präsentieren, sondern schreibt frei ihre Meinung. Meist mit einer gehörigen Portion Sarkasmus, der selbst ernsten Themen einen Unterhaltungswert gibt. Doch persönlich heißt auch, dass sich ein ganzes Kapitel den Scrabble-Meisterschaften widmet, an denen Gay teilgenommen hat, oder ein anderes ihrer Arbeit am College. Es ist zwar ganz nett, etwas über die Autorin zu erfahren und ich weiß jetzt mehr über Scrabble, als ich je für möglich gehalten hätte, aber so richtig mitnehmen konnte ich aus diesen Kapiteln Nichts. Außerdem stimme ich mit Gays persönlichen Ansichten nicht immer überein. Doch manchmal braucht man auch genau diese Reibungen mit Ansichten anderer, um sich über seinen eigenen Standpunkt klar(er) zu werden. Starke Stimme: Bad Feminist ist ein Buch, das unangenehme Themen anspricht und seine Leser*innen wachrüttelt. Gut gesetzter Sarkasmus und Gays Treffsicherheit, die Dinge auf den Punkt zu bringen, machen diese wichtige Lektüre sogar zum Lesevergnügen. Ich habe selten so viele Stellen in einem Text markiert, nur um mich dann kaum für ein Zitat für die Rezension entscheiden zu können. Dennoch sollte man beim Lesen eine gewisse Toleranz für ein etwas loses Gesamtkonzept mitbringen und scheinbar wahllos eingestreute Kapitel verzeihen können.

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