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Rezension zu
Mittagsstunde

Sehr gelungen

Von: Tanja Jung aus Deutschland
01.07.2019

Man braucht als Autorin ein Alleinstellungsmerkmal, das ihn im Meer der Neuerscheinungen zu etwas Besonderem und Verkaufsreichem macht. Dörte Hansen hat ihre in ihrem Debüt-Roman "Altes Land" gefunden und nun erfolgreich in "Mittagstunde" entwickelt. Mit narrativen und stilistisch einfachen Mitteln schafft es eine Atmosphäre, die Hunderttausende von Lesern fasziniert, die in einer chaotischen und verwirrenden Welt nach Frieden, Heimat und Gewissheit suchen. Im Zentrum der Roma steht Brinkebüll, ein fiktiver Kaff in der schleswig-holsteinischen Pampa, der in den sechziger Jahren durch eine großflächige Flurbereinigung einem bis heute andauernden Strukturwandel unterworfen wurde. Gerade zu diesem Zeitpunkt war der geistig behinderte Marret "Übergang" Feddersen im Alter von siebzehn Jahren von einem der anwesenden Vermesser schwanger und brachte Ingwer zur Welt, den Protagonisten der "Mittagsstunde". Er dachte nicht einmal daran, die Farm seines Großvaters zu übernehmen und floh nach Kiel, um am Ende seines Abitur zu studieren. Jetzt nähert er sich den 50ern, lebt noch in einer WG, kifft, hält alles in Beziehungsfragen offen und arbeitet wenig erfolgreich an der Uni. Im Rahmen eines Sabbaticals kehrt er nach Brinkebüll zurück, um sich um seine Großeltern zu kümmern, für die er wie ein Sohn war. Ella ist jetzt wahnsinnig und aggressiv, Sönke geistig noch am Damm, aber körperlich ein Wrack. Beste Voraussetzungen also, um zu klären, was Sie wirklich vom Leben wollen. "Noon Hour" ist kein naiver ländlicher Fluchtkitsch, der das Leben im Dorf als die einzige dem Menschen angemessene Lebensweise feiert. Im Gegenteil, das Leben in Brinkebüll wird als gnadenlos brutal dargestellt: Der Lehrer schlägt, die Eltern schlagen, jeder schaut weg, jeder imprägniert jeden und jeder spielt dieses Spiel, und der normale Alkoholiker ist immer eine gute Sache. Und doch gibt es ein Gefühl der Melancholie, der Melancholie über eine Lebensform, die zum Untergang verurteilt ist, eine Lebensform, die kaum jemand zurückhaben möchte, die aber in Zeiten einer hyperbeschleunigten Gegenwart immer noch eine gewisse Ausprägung zu haben scheint Charme auf die Leserschaft. Die Atmosphäre in diesem Spannungsfeld verleiht dem Roman das gewisse Etwas, das ihn zu Recht an die Spitze der Bestsellerlisten katapultierte.

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