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Rezension zu
Robo sapiens

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Darf ein Mensch ein anderes Bewusstsein besitzen - auch wenn er selbst letzteres erschaffen hat?

Von: Barbaras Bücherbox
24.07.2019

Brittle ist eine Überlebende. Mit nichts als ihrem Rucksack und ihrem Buggy reist sie durch das Rostmeer, immer auf der Suche nach Ersatzteilen, mit denen sie ihre Sammlung erweitern kann. Sie ist allein – seit dem großen Krieg gegen die Menschheit und deren absoluter Auslöschung, gibt es keine Produktion mehr, keine neuen Teile und keine Reparaturen. Und so sind Kannibalen wie Brittle essentiell für die noch funktionierenden Roboter – auch wenn manch einer wohl nicht damit einverstanden wäre, wie Brittle an die Teile kommt. Als sie dann jedoch in einer Stadt mitten in einen Anschlag einer der großen KIs gerät und sich entgegen ihrer Überzeugung dazu entscheidet nicht zu fliehen, begibt sie sich auf eine Reise, an deren Ende sie mehr als nur Antworten auf Fragen findet, die sie und viele andere Roboter begleiten. Brittle ist keine Sympathieträgerin. Sie ist eine Kannibalin und lebt von Teilen, die sie fast toten, aber noch einigermaßen funktionierenden Robotern abluchst, indem sie sie überredet sich abzuschalten und ihnen dann die Teile ausbaut, die noch zu gebrauchen sind. Dass sie sich dabei ausschließlich an Roboter hält, die kurz vorm Exitus stehen, ist wohl der einzige, wenn auch geringe Sympathiepunkt. Sie und viele andere Roboter sind verzweifelt, denn zwar aus der Knechtschaft befreit haben sie sich selbst offenbar keine „Industrie“ aufgebaut, um sich selbst am Leben zu erhalten. Ausschließlich die Teile anderer Roboter sind es, die zur Reparatur verwendet werden können. Eine äußerst deprimierende Vorstellung, denn obwohl man meinen könnte, eine künstliche Intelligenz wäre der unseren soweit überlegen, ist dies hier in einem ganz sicher nicht der Fall: Menschlichkeit. Die Roboter agieren zwar äußerst „human“ – Brittle hat ein Bewusstsein wie ein Mensch, jedoch auch eine große Gefühlskälte, die den Leser immer wieder daran erinnert, dass sie das eben nicht ist: ein Mensch. Sie erzählt uns von der Welt, in der die Roboter leben – einer Endzeit, man schmeckt förmlich das Ende der Welt nahen, es gibt keine Menschen, keine Lebewesen mehr, alles wurde vernichtet – und in vielen Rückblicken auch davon, wie es dazu kommen konnte. Zitat (S. 70): „Welchen Sinn hätte es denn überhaupt eine KI zu erschaffen, wenn wir sie anschließend wie eine Person behandeln müssen? Warum nehmen wir dann nicht gleich eine Person? Wir haben die KIs geschaffen, um Dinge zu tun, die Menschen nicht tun können oder wollen. Sie sind keine Leute, sie sind Maschinen. Sie sind zu einem bestimmten Zweck gebaut worden und bestimmen nicht über ihr Schicksal, wie wir es tun.“ Und das ist die größte Stärke des Romans. Mit den Rückblicken verfolgen wir einer Rassenunruhe, die hier nicht zwischen Mensch und Mensch stattfindet, sondern zwischen Mensch und Roboter. Denn darf ein Roboter, sobald er ein Bewusstsein hat, noch der Sklave eines Menschen sein – ganz gleich, ob dieser ihn geschaffen hat? Mit dieser Frage beschäftigt sich dieses Buch; zwar nicht immer, aber doch zu einem großen Teil. Wir kennen das schon ein bisschen aus Blade Runner bzw. Träumen Androiden von elektrischen Schafen? (sehr empfehlenswert!), Westworld oder iRobot, die Prämisse selbst ist somit ganz sicher nicht neu, aber die Umsetzung in Form einer Rassenbewegung ist großartig gelungen. Dies ist jedoch nur der Hintergrund der eigentlichen Geschichte, in der Brittle in einen Krieg zwischen KIs gerät, sogenannten EWIs, die das Bewusstsein der Roboter „vereinen“ will und dadurch die Individualität und die Freiheit, für die im Aufstand gegen die Menschen gekämpft wurde, vernichtet werden soll. Und diese Geschichte ist äußerst actionreich – hier hätte mir sogar ein bisschen weniger besser gefallen. Vor allem gegen Ende stolpern wir von einer Explosion zur nächsten, wodurch die großartige Idee ein wenig ins Hintertreffen gerät. Trotzdem ... trotzdem! Ist dieses Buch großartig. Es ist wunderbar geschrieben und vermittelt diese grausame Welt so plastisch, dass ich eine absolute Leseempfehlung aussprechen muss. Auch für Menschen, die – wie ich – kaum oder gar nicht zu Science-Fiction greifen. Doch sollte der geneigte Leser gewarnt sein: es ist keine schöne Zukunft, die uns C. Robert Cargill hier zeichnet - sie ist traurig und erschütternd, auch wenn man die Auslöschung der kompletten Menschheit dabei unberücksichtigt lässt.

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