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Rezension zu
Gespräche mit Freunden

Gespräche mit Freunden

Von: Miss.mesmerized
26.07.2019

Mit einundzwanzig liegt die große Welt noch vor einem. So auch vor Frances, Litersturstudentin und angehende Schriftstellerin aus Dublin. Gemeinsam mit ihrer Freundin Bobbi tritt sie bei Poetry Slams auf, sie werden bewundert, bejubelt. Aber das ist nur wegen Bobbi, die sofort jeden verzaubert mit ihrer Schönheit und Offenheit. Neben ihr bleibt Frances blass, denkt sie. Als die Fotografin Melissa ihnen anbietet, ein Porträt über sie zu machen, öffnet sich eine neue Welt für die junge Frau aus bescheidenen Verhältnissen. Während die Uni in die Sommerpause geht, bewegen sich Bobbi und Frances sich plötzlich in der Welt der im Kunst- und Literaturbetrieb bereits Arrivierten. Scheu bewundert Frances diese Menschen, die sie um ihr Leben beneidet. Zurückhaltend und kühl erscheint sie, um ihre Unsicherheit und Selbstzweifel zu verdecken und doch interessiert man sich für sie, vor allem Nick, Melissas gutaussehender Ehemann, und völlig unvorbereitet wird Frances von ihren Gefühlen überrannt. Die irische Autorin Sally Rooney gilt als der neue Star am Literaturhimmel, das Feuilleton bejubelt sie und ihr Debutroman war gleich für mehrere Preise nominiert. Man kann nur spekulieren, wie viel von ihrer Protagonistin Frances selbst in ihr steckt, viele Parallelen liegen auf der Hand und eines lässt sich ganz sicher sagen: sie ist eine der stärksten Stimmen ihrer Generation, und das, was sie mit ihrem Debut abliefert, schraubt die Erwartungen an die folgenden Werke hoch. Einen Sommer und den Anfang des Herbstes begleitet die Geschichte Frances. Auch wenn die weiteren Figuren, Bobbi und vor allem auch das komplizierte Verhältnis von Melissa und Nick, durchaus auch viele interessante Aspekte liefern, so dreht sich doch allen nur um die Gedankenwelt der jungen Studentin. Viele Bücher gibt es, die die Unsicherheit einer jungen Frau, vor allem auch gegenüber älteren und selbstbewussteren Frauen, thematisieren. Rooney gelingt es aber insbesondere Frances‘ Gedankenstrudel einzufangen und dabei den Leser mitzunehmen. Man betrachtet sie nicht nur von außen, das Mädchen, das erst erwachsen werden und lernen muss, ihre Wirkung auf andere richtig einzuschätzen. Viel mehr hat man das Gefühl direkt in ihr zu stecken und die widersprüchlichen Emotionen mit ihr zu durchleben. Es ist ein besonderer coming-of-age Roman, der insbesondere durch das Milieu ein ganz eigenes Flair entwickelt. Frances‘ Reflektiertheit steht ihr bisweilen im Weg, alles zu analysieren und zu hinterfragen, hält sie bisweilen vom Leben ab und treibt sie in einen gefährlichen Strudel. An dieser Stelle hat mich die junge Autorin ganz besonders überzeugt: ihr ist es gelungen, psychische Ausnahmezustände und auch manifeste Erkrankungen in einer ausgesprochen unaufgeregten Weise in die Handlung einzubauen, so dass diese nicht als Determinante der Figur erscheinen und diese dadurch nicht als bemitleidenswertes Opfer gezeichnet wird. Charakter und Persönlichkeit treten nicht hinter diese zurück, sondern nehmen sie als eine Facette auf. Es genügen wenige Seiten und man wird von dem Sog, den der Roman entfaltet, mitgezogen. Ihr Stil ist ironisch bis metaphorisch und vor allem sehr reflektiert. Dazu bietet sie neben der Haupthandlung unzählige Themen und Denkanstöße, die die Breite ihres Repertoires nur noch weiter unterstreichen. Zweifelsfrei einer DER Romane 2019.

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