Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Vernichtung

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Schablonenhaft wirkender und psychologisch wie thematisch oberflächlich inszenierter Abschluss der "Millennium"-Reihe

Von: Dirk Hoffmann
04.09.2019

Als ein Obdachloser tot unter einem Baum im Stockholmer Tantolunden aufgefunden wird, nimmt die Rechtmedizinerin Fredrika Nyman Kontakt zum prominenten Journalisten Mikael Blomkvist auf, denn in der Jackentasche des Toten befand sich ein Zettel mit der Telefonnummer des „Millennium“-Autors. Interessanter als diese Tatsache erscheint Nyman allerdings die DNA-Analyse, der zufolge der Verstorbene ein sogenanntes Super-Gen besaß, das in einer bestimmten Ethnie in Nepal vorkommt. Und tatsächlich weisen das Fehlen mehrerer Finger und Zehen und andere Zeichen von Erfrierungen und arg strapazierter Muskelfasern darauf hin, dass der Tote als Sherpa Expeditionen zum Mount Everest begleitet hat. Um an weitere Informationen zu kommen, muss Blomkvist wieder auf die ganz speziellen Fähigkeiten der hochintelligenten Hackerin Lisbeth Salander zurückgreifen. Die hat gerade erst ihre Stockholmer Wohnung verkauft und ist nun in Moskau nicht nur Waldimir Kusnezow auf der Spur, der als Eigentümer mehrerer Trollfabriken, die Fake-News mit oft antisemitischem Unterton verbreiten und Wahlen beeinflussen, sondern auch ihrer verhassten Schwester Camille, mit der sie eine dunkle Vergangenheit teilt und die nun in russischen Gangsterkreisen verkehrt. Eigentlich hatte Blomkvist vor, etwas Urlaub zu machen, doch als Nyman ihm von der Menge an schmerzstillenden Stoffen im Körper des Toten erzählt, ist sein Interesse geweckt, zumal der Obdachlose offensichtlich kurz vor seinem Tod Kontakt zur erfolgreichen Kolumnistin Catrin Lindås gehabt hat. Von ihr erfährt Blomkvist, dass der Tote den Namen des schwedischen Verteidigungsministers Johannes Forsell erwähnt hat. Der hatte im Mai 2008 an einer Everest-Expedition teilgenommen, bei der Klara Engelman, die glamouröse Frau des legendären Industriemagnaten Stan Engelman, tödlich verunglückt ist. Mit Lisbeths Hilfe nimmt Blomkvist Kontakt zu einem mutmaßlichen Verwandten des Sherpas in den USA auf und kommt allmählich einem komplizierten Drama auf die Spur … „War dort oben vielleicht irgendetwas geschehen, was hatte vertuscht werden müssen? Möglich. Es mochte aber auch ganz anders gewesen sein. Dennoch spürte er, wie seine Lebensgeister zurückkehrten. Sein Urlaub war definitiv vorbei, und er würde der Geschichte auf den Grund gehen müssen. Doch zuerst schickte er eine SMS an Lisbeth: Warum musst du immer so verdammt clever sein??“ (S. 237f.) Der schwedische Autor und Journalist Stieg Larsson schuf mit der auch mehrfach erfolgreich verfilmten „Millennium“-Trilogie moderne Klassiker der skandinavischen Kriminalliteratur, ehe er 2004 unerwartet einem Herzinfarkt erlag. Stieg Larssons schwedischer Verlag und seine Familie traten schließlich 2013 an David Lagercrantz („Allein auf dem Everest“) heran, der die Reihe um die charismatischen wie unterschiedlichen Ermittler Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander fortsetzen sollte. Nach „Verschwörung“ und „Verfolgung“ legt Lagercrantz mit „Vernichtung“ nun seinen dritten und den insgesamt sechsten und wohl auch letzten Band der „Millennium“-Reihe vor. Allerdings gibt er sich wenig Mühe, der Auflösung des offensichtlichen Mordes an dem exotischen Obdachlosen die psychologische Tiefe zu erreichen, mit der Stieg Larsson das Duo Blomkvist und Salander zu so faszinierenden Figuren hat werden lassen. Stattdessen wird die Beziehung zwischen den beiden auch aufgrund der meist räumlichen Trennung zwischen ihnen nicht weiter vertieft. Blomkvist lässt sich etwas überraschend auf eine Affäre mit Catrin Lindås ein und verfolgt mehr oder weniger zielstrebig seine Nachforschungen, während Salander sich ihre gemeinsame Vergangenheit mit Camilla in Erinnerung ruft. Durch die stückweise Enthüllung der Ereignisse während der dramatischen Everest-Expedition wird zwar die Spannung aufrechterhalten, doch wirkt der Plot allzu schablonenhaft konstruiert, um wirklich packen zu können. Vor allem das unglaubwürdig zugespitzte actionreiche Finale hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack einer so famos von Stieg Larsson initiierten Krimi-Reihe, die sein Kollege David Lagercrantz nicht auf diesem hohen Niveau fortsetzen konnte. Im Gegensatz zu seinem berühmten Kollegen vermag Lagercrantz seinen Figuren leider nicht die emotionale Tiefe zu verleihen und handelt gesellschaftspolitische Themen wie hier die wachsende Zahl von Obdachlosen oder die Produktion und Verbreitung von Fake-News nur nebenbei ab.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.