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Rezension zu
Entwicklungskrieg

Eine haarige Angelegenheit

Von: ralfreitze
14.04.2015

“Die meisten Erdenmenschen aber waren ein humorloses, stumpfsinniges, sauertöpfisches Volk. Sie versuchten, in jenen Momenten bierernst zu sein, wo etwas mehr Humor eher über eine prekäre Situation hinweggeholfen hätte.” Jaja die Erdenmenschen von den Galaktikern auch Wolflinge genannt, da sie sich einer zweideutigen Sprache bedienen und auch sonst eher eine rüde und unzivilisierte Rasse sind. Auf dem Planeten Garth, der in einem einzigen rauschartigen Suizid von den Bururallern von allen größeren Tieren ‘bereinigt’ wurde, ist nun ein Aussenposten der Menschheit. Dieser wird von den Gubrus – eine den Menschen feindselige Vogelrasse – besetzt, da sie sich über diese indirekte Aktion, Wissen über das Verbleiben der Streaker und dessen Fund erhoffen. Die Streaker hatte im vorherigen, großartigen, Band Sternenflut eine Flotte der längst als verschollen gegangenen Progenitoren entdeckt. Was sich hier wie eine Fortsetzung liest, ist dennoch ein eigenständiger Band. Nur vereinzelt wird auf die Streaker, das Schiff im vorherigen Buch, eingegangen, die Reihenfolge in der “Serie” muß nicht eingehalten werden. Durch den Einfall der Gubrus werden die Bewohner des Planeten, die hauptsächlich aus den Schimpansen bestehen, die Klienten der Menschen, in alle Winde verstreut. Die Schimpansen sind durch das ‘Upliften’ intelligent geworden, haben aber ihre Eigenschaften behalten, sind nicht vermenschlicht. David Brin erzählt wie in den Bänden vorher, in den verschiedenen Kapiteln aus der Sicht des jeweiligen Charakters. Es zeigt sich auch hier die große Kunst, die nicht-menschlichen ‘Personen’ und deren Gefühls-und Gedankenwelt dem Leser auszubreiten. Und das gelingt ihm meisterhaft, noch besser als in ‘Sternenflut’. Da ist das Volk der Tymbrier, vertreten durch Uthacalting den Botschafter, der sich mit dem grantigen Thennaninischen Botschafter nach dem Absturz seines Raumschiffes durch den Dschungel kämpft und mit der Humorlosigkeit seines Mitstreiters hadert. “Ach hätte ich nur einen anständigen Sinn für Humor. Nun ja. Wenn wir nicht weiterwissen müssen wir uns mit Tortenschlachten helfen.” Die Tochter von Uthacalting, Athaclena, schlägt sich mit Robert, dem Sohn der menschlichen Botschafterin auf die Seite der Partisanen. Beide finden auf eine emphathische Weise zueinander, Athaclena ändert sogar ihr Äußeres für ihn. Tymbrier können in Ausnahmesituationen ihr Äußeres den Begebenheiten anpassen, ein weiteres Merkmal sind die verschiedenen Glyphen. Glyphen sind stark geäußerte Gefühle die sich, nur für emphatische Geschöpfe, auch sichtbar manifestieren, dabei lernt auch Robert sich dadurch auszudrücken. Weitere Mitwirkende sind hauptsächlich die Schimpansen, Fiben der dandyhafte Pilot der als Genträger interessant wird für die weiblichen Schimpansen Sylvie und Gailet. Es ist teilweise ein köstlicher Spass wie humor- und liebevoll Brin mit seinen verschiedenen Rassen und Figuren umgeht. Auch die ‘bösen’ Gubrus die von drei verschiedenen Vögeln regiert werden, die verschiedene Bereiche innehalten (Kosten und Vorsicht, oder gute Sitten) und in einem komplizierten Prozeß zu einem Konsens kommen müssen, wobei nicht klar ist, wer am Schluss der drei sich zur Königin entwickelt, bekommen ihr Fett weg. Die Kämpfe der Invasoren und der Partisanengruppe, angeführt von Robert und Athaclena erreichen ihren Höhepunkt, derweil Fiben sich, undercover, in der besetzten Stadt mit zu den Vögeln abgewanderten Neoschimpansen herumschlägt. Da darf man als Leser bei 940 Seiten, die allerdings sehr kurzweilig ablaufen, nicht den Überblick verlieren. Ob jetzt Utacalthings ausgeheckter Schabernack sich durchsetzt, oder der Suzerain von Balken und Klaue, der eine neuartige Waffe entwickelt hat, sei natürlich nicht verraten. Die Beschreibung der Charaktere ist treffend und besser als in Sternenflut, aber der Handlungsfluss ist nicht so straff. Dadurch gibt es gewisse Längen, auch wenn man Brin zu gute halten muss, dass es nie langweilig wird. Gerade die Darstellung der Welt Garth ist faszinierend und stimmig, man spürt dass Brin im Herzen ein Umweltschützer ist, so läßt er den menschlichen Major ausrufen: “Bei Darwin Himmel und Greenpeace” Seine liebevolle Klammer liest sich auch im Abspann und im Dank schliesst er die Schimpansen mit ein. “Dank auch an unsere haarigen Vettern, ich bitte sie um Verzeihung. Hier habt ihr eine Banane und ein Bier.” Prost! Für einen gelungenen, epochalen SF, der bei mir nur knapp an der Höchstwertung vorbeischrammt. 1988 gewann das Buch den Hugo Award, der wichtigste Leserpreis in der SF. Bei Heyne wurde der Band zum Glück am 8.September 2014 neu aufgelegt.

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