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Rezension zu
Dopesick

Ein Buch mit einer erschreckendes Message

Von: LeseBlick
28.09.2019

„Medikamentenüberdosen hatten in den letzten fünfzehn Jahren bereits 300 000 Amerikanern das Leben gekostet, und Experten sagen inzwischen weitere 300 000 Opfer in den nächsten fünf Jahren voraus. Bei Amerikanern unter fünfzig sind Überdosen inzwischen die häufigste Todesursache.“ (S.15f.) Dieses Buch hat mich damals in der Verlagsvorschau des Heyne Hardcore Verlages sofort angesprochen. Zum einen weil ich ganz der Meinung des Klappentextes bin, dass dieses Thema heruntergespielt wird. Zum anderen arbeite ich im therapeutischen Bereich und bekomme leider mit, wie leichtsinnig einige Patientin mit ihren Medikamenten umgehen. Die ersten 100 Seiten nutzt die Autorin, um den Leser einen Überblick zu verschaffen. Heißt sehr viele Zahlen und sehr viele Fakten und dadurch erschien mir der erste Abschnitt stellenweise sehr trocken. Spannend hingegen die Entwicklungs- bzw. Entstehungsgeschichte von Medikamenten wie Morphin und Heroin. Andererseits erschreckend war zu lesen, wie die Zusammenarbeit von Ärzten und der Pharmaindustrie erklärt wird. „In den 1870er –Jahren war es in den höheren Schichten Europas und der USA bereits derart üblich, Morphin zu spritzen, dass Ärzte es bei allen möglichen Leiden verordneten, von Menstruationsbeschwerden bis zu Augenentzündungen.“ (S. 36) Für mich vollkommen neu war, dass zum Beispiel Heroin bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine Rolle spielte. Ich hätte das viel mehr in die Neuzeit gesteckt. 1899 wurden sogar Hustentropfen für Babys mit Heroin versetzt. Und das der deutsche Pharmakonzern BAUER eine große Rolle spielte, im Vertrieb, ebenfalls eine neue Information für mich. Die Mitte des Buches ließ sich dann deutlich leichter und flüssiger lesen. Dies mag auch daran liegen, dass die Autorin hier einige Fallbeispiele nennt, in denen Angehörige von Suchterkrankten mit der Autorin sprachen. Die Berichtenden sind hier meist die Mütter, welche die Sucht ihres Kindes zu spät erkannt haben und welche dann machtlos waren. „Im Jahr 2013 war Jesse einer von 8257 heroinbedingten Todesfällen in den USA, die Mehrheit davon junge Männer – ein Anstieg von schwindelerregenden 39 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“ (S. 240) Ein Fall, der auch mir berufsbedingt immer wieder auffällt ist, dass immer mehr Kinder heutzutage bereits unter dem Einfluss von Medikamenten stehen, darunter zählen vor allem ADHS-Medikamente, wie Ritalin und Medikinet. „Es ist unglaublich, bei wie vielen Menschen das genau nach diesem Muster lief: Oxy – Roxy – Heroin.“ (S. 246) Hinsichtlich dieses Zitats im Buch erklärt die Autorin anhand mehrerer Beispiele, wie die Betroffenen in den Teufelskreislauf gelangen. Ihnen wird das Medikament OxyContin vom Arzt verschrieben. Wenn dies seine Wirkung verliert, steigen viele auf Roxicodone um und sobald dieses auf dem Schwarzmarkt zu teuer wird, landen sie bei Heroin. „Ich habe nur noch gearbeitet, um Drogen nehmen zu können, und Drogen genommen, um arbeiten zu können, dazwischen gab es nichts mehr.“ (S. 258) Wirklich sehr spannend fand ich die angesprochene Thematik nach Hilfemaßnahmen. Was kann man tun, um diesen Süchtigen zu helfen? Die USA setzt auf eine medikamentengestützte Suchttherapie, das heißt, man gibt den Patienten andere Tabletten, welche die Nebenwirkungen eines Entzugs unterdrücken. Aber ist dies der richtige Weg? Diese Thematik hat mich wirklich zum Nachdenken angeregt und ich bin auch 2 Wochen nach Beenden des Buches noch auf keinen Nenner gekommen. Auch das Beispiel, dass man heroinsüchtigen kostenlos saubere Nadeln zu kommen lässt, lässt mich kritisch denken. Ist das wirklich Hilfe? „Ein berufstätiger Mann mittleren Alters war am Steuer bewusstlos geworden und hatte ihren Wagen gerammt – in seinem Arm steckte eine Heroinnadel.“ (S. 302) Besonders berührt hat mich die Geschichte von Tess. Eine junge Frau, welche den Absprung immer wieder versucht hat, von ihrer Mutter unterstützt wurde, aber dem Teufelskreis einfach nicht entkam. Im Nachwort bezieht sich die Autorin kurz auf die Situation in anderen Ländern, darunter auch Deutschland. Als mir die beiden Medikamente Tramadol und Gabapentin ins Auge fielen, schossen mir sofort einige meiner Patienten in den Kopf, welche sich einen Alltag ohne diese Medikamente gar nicht mehr vorstellen können. Ein erschreckendes Fazit. Mein Fazit Ein Buch mit einer erschreckenden Realität. Vor diesem Thema sollte niemand, wirklich niemand die Augen verschließen. Aufgrund der dominierenden Positionen der Pharmaindustrien rutscht man schneller in solche Angelegenheit hinein, als einem lieb ist. Wer sich für diese Thematik interessiert, sollte unbedingt einen Blick auf „Dopesick“ werfen, auch wenn jeden klar sein sollte, dass dies kein Roman ist, sondern ein Sachbuch, wodurch einige Stellen einfach sehr trocken sind und das Buch sich nicht durchgängig flüssig lesen lässt.

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