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Rezension zu
Dreck am Stecken

"Dreck am Stecken" von ALexandra Fröhlich

Von: Fraggle
07.10.2019

Fazit: Ich gebe zu, als ich die Lektüre von „Dreck am Stecken“ begann und mich damit auseinandersetzte, welche Bücher Alexandra Fröhlich bislang geschrieben hat und was sie sonst so tut, war ich skeptisch, ob mir ihr Buch tatsächlich gefallen würde -, was vollkommen wertfrei hinsichtlich ihres literarischen Schaffens gemeint ist. Nur bin ich halt nicht unbedingt – Ausnahmen bestätigen die Regel – ein Anhänger humorvoller Literatur, noch lese ich Frauenzeitschriften. Glücklicherweise war die Skepsis im vorliegenden Fall grundlos, denn „Dreck am Stecken“ war ein auf vergleichsweise vielen Ebenen schönes Leseerlebnis. Alexandra Fröhlich erzählt ihre Geschichte rund um die vier Halbbrüder Johannes, Philipp, Jakob und Simon sowie ihren Opa in drei verschiedenen Zeitebenen, indem sie einerseits die Kindheit und Jugend der Halbbrüder beleuchtet, andererseits die Entwicklung im Hier und Heute schildert sowie aus Opas Tagebucheinträgen zitiert. Insgesamt klingt das bei weitem komplizierter, als es letztlich ist. Als Erzähler fungiert dabei Johannes als der älteste der Brüder. Schon zu Beginn des Buches wird deutlich, dass Fröhlich eine Reihe ernster Themen anspricht. Der Leser wird vergleichsweise früh mit dem Alkoholismus, der Depression und dem letzlichen Suizid der Mutter konfrontiert. Klar, dass das nicht spurlos an den vier Jungen, vier Söhnen von vier verschiedenen Vätern, die sich alle nicht bis kaum und sie kümmern, vorbeigeht. Dazu später mehr. Und letztlich gehört auch der namensgebende „Dreck am Stecken“ zu diesen ernsten Themen, auch wenn für den Leser relativ schnell klar ist, welcher Art dieser Dreck bei einem Opa von in den 70ern aufgewachsenen Enkeln denn wohl nur sein kann. Der Autorin gelingt es dabei, ihren Roman nie wirklich schwermütig wirken zu lassen. Erzählt wird dagegen sogar oft in einem humorvoll-trockenen Ton, der mir gut gefiel, zumal er nie wirklich unpassend wirkt. Kritiker mögen einwerfen, dass Fröhlich bei keinem der angesprochenen Bereiche, wie Alkoholismus oder Depression, in die Tiefe, ins Detail geht, aber einerseits stimmt das nicht, denn sie beleuchtet in erster Linie die Auswirkungen, die diese Dinge auf die Folgegeneration haben – und das gut, aber dazu wieder später mehr – und darüber hinaus gelingt es ihr eben nur so, den eben angesprochenen Schwermut zu vermeiden, den Roman auf dem schmalen Grat der Tragikkomödie entlangzubalancieren, ohne ihn in eine der möglichen Richtungen kippen zu lassen. Gleiches gilt auch für die Charaktere. Werden die Brüder in ihrer Kindheit und Jugend auch mit sehr harten Schicksalsschlägen konfrontiert, und geraten sie ob dieser Schicksalsschläge auch ins Schlingern, so bilden sie doch eine gemeinsame Familienfront, an der viele Dinge – vermeintlich – abprallen. Erst später, in ihrem Erwachsenenleben, wird deutlich, welche Spuren das alles hinterlassen hat: Einer der Brüder hat deutliche Bindungsängste und definiert sich größtenteils über seinen Reichtum, der für ihn Macht bedeutet, ein weiterer hat den Alkoholismus der Mutter übernommen, Johannes, der Erzähler, hat ein Stottern ausgebildet und der Jüngste hat immer einen Lorazepam-Vorrat in seiner Umgebung. Man mag diese Charakterentwicklung – am deutlichsten auszumachen an der Figur des alkoholkranken Chirurgen – vielleicht als klischeehaft empfinden, ich empfinde sie als absolut folgerichtig. Die Charaktere wirken nachvollziehbar und authentisch und funktionieren auch im Zusammenspiel sehr gut. Stilistisch kann man der Autorin ebenfalls nichts vorwerfen. Der trockene Humor überzeugt, der Ton ist ebenso authentisch wie die Charaktere und die Dialoge wirken lebensnah. Hinsichtlich der Handlung mag man kritisieren, dass diese teilweise vorhersehbar wirkt und wenig Überraschung bietet. Und im Grunde stimmt das auch. Es tut dem Lesevergnügen nur wenig Abbruch, denn im Kern handelt es sich bei „Dreck am Stecken“ um eine herzerfrischend erzählte Familiengeschichte, die einfach keinen atemberaubenden Spannungsbogen braucht, um zu überzeugen. Lediglich ein kleiner, nennen wir es in Ermangelung eines besseren Wortes Logikfehler, fiel ins Auge, als an einer Stelle niemand Heinrich Himmler auf einem Foto erkennt. Ich mag nicht unbedingt von mir auf andere schließen, aber: Ich würde ihn erkennen! :-) Wer also gerne tragikomische Familiengeschichten mit überzeugenden Familiengeschichten liest, liegt mit „Dreck am Stecken“ absolut richtig.

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