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Rezension zu
Alles richtig gemacht

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Midlife-Crisis in Prenzlauer Berg

Von: Fräulein Julia
22.10.2019

Erneut hat Gregor Sander mit seinem Roman „Alles richtig gemacht“: Der handelt von einer Männerfreundschaft und Prenzlauer Berg. Klar ist es eine schöne Sache, wenn ein Buch in meiner unmittelbaren Umgebung spielt und die Protagonisten vertraute Straßenzüge entlang laufen, die man beim Lesen dann lebhaft vor dem inneren Auge sehen kann. Und obwohl der Großteil von Alles richtig gemacht in Prenzlauer Berg spielt handelt es sich bei der Geschichte nicht ausschließlich um einen Berlin-Roman. Über drei Zeitebenen spannt Gregor Sander das Geflecht einer Freundschaft zwischen Thomas und Daniel, wir treffen sie als erstes in der Gegenwart: Thomas ist fünfzig und semi-erfolgreicher Strafverteidiger, er wohnt mit seiner Frau und den beiden Töchtern in einem umgebauten Botschafts-Gebäude aus DDR-Zeiten in Pankow. Eigentlich: Denn seine Frau ist klammheimlich ausgezogen, hat die Mädchen mitgenommen – Thomas hat keinen blassen Schimmer, wieso sie gegangen ist und hakt auch erstmal nicht nach. Während seine Ehefrau das Weite sucht, kehrt mit einem Knall ein anderer Protagonist in sein Leben zurück: Daniel, gleiches Alter, aber schon immer viel draufgängerischer. Mehrere Jahre hatten sie nichts voneinander gehört, Daniel war damals mit Thomas‘ Reisepass nach einer zwielichtigen Fälschungsgeschichte ins Ausland verschwunden. Plötzlich ist er wieder da und will an alte Zeiten anknüpfen. Prenzlauer Berg Denn ihre gemeinsame Geschichte reicht mehrere Jahrzehnte zurück: Die beiden wachsen in Rostock auf, da steht die Mauer noch und Thomas auf die unkonventionelle und bildhübsche Mutter seines besten Freundes. Mit den politischen Umbrüchen ziehen die beiden jungen Männer – der eine draufgängerisch und exzessiv, der andere zurückhaltend und diszipliniert – nach Berlin, in eine große Altbauwohnung auf der Schönhauser Allee. Sie eröffnen eine Bar, die nur einmal in der Woche geöffnet hat und für ihre ausufernden Parties bekannt sind, sie ver- und entlieben sich und lassen sich durch die Stadt treiben. Das führt zu sehr humorvollen Szenen, etwa wenn Thomas just in dem Moment Besuch von seiner Mutter bekommt, als er gerade eine Ecstasy-Pille eingeworfen hat. Gregor Sander, das hatte er schon mit seinem Roman Was gewesen wäre bewiesen, ist ein Meister im Formulieren zwischenmenschlicher Zwischentöne; das Beschreiben von Beziehungsstrukturen hat er einfach drauf, könnte man flapsig sagen. Auch vermeidet er jeglichen Griff in die Klischeekiste, was das Berlin der 1990er Jahre angeht: Er verklärt und idealisiert nicht, er beschreibt lediglich – aber das auf eine gleichsam nüchterne wie intensive Art und Weise, das man als Leser*in gleich mit der ersten Seite mit Haut und Haaren in die Geschichte gezogen wird. Alles richtig gemacht ist kein Roman, in dem man sich unkonventionell ausformulierte Sätze anstreicht – dieser Text funktioniert vielmehr in seiner Gesamtheit: als Mischung aus watteweicher Coming-of-Age-Geschichte und lebenslanger Männerfreundschaft, verfeinert mit einer Prise Midlife-Crisis und einem Löffel Berlin-Nostalgie. Haben die Hauptfiguren „alles richtig gemacht“? Ziemlich sicher nicht – aber das wäre letztendlich wohl auch kein Stoff für einen Roman.

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