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Rezension zu
Queer London

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Informatives Sachbuch mit kleinen Schwächen

Von: Koriko
29.10.2019

Inhalt: Die Geschichte Londons ist schon seit der Antike geprägt von Queerness, was die Stadt in diesem Bereich zu einer der wichtigsten in Europa macht. Peter Ackroyd nimmt den Leser im vorliegenden Sachbuch auf eine Zeitreise que(e)r durch die Jahrhunderte mit und zeigt, wie in Homosexualität und Queerness in den jeweiligen Epochen ausgelebt wurde – von der römischen Antike, in der Knabenliebe vollkommen normal war über die schrittweise Christianisierung und die damit verbundene Ächtung im Mittelalter bis hin zu den brutalen und Bestrafungen im 18. und 19. Jahrhundert, bis er schließen einen kurzen Abriss des 20. Jahrhundert und die heutige Zeit liefert. Eigene Meinung: „Queer London“ ist ein knapp 300-seitiges Sachbuch und stammt von Peter Ackroyd. Das Buch erschien in Deutschland im November 2018 im Penguin Verlag und erhielt gemischte Kritiken. Es ist in 18 Kapitel unterteilt und enthält einige Farbseiten mit gesammelten Bildmaterial und Fotografien. Der Autor steigt mit einer Erklärung der queeren Begrifflichkeiten ins Buch ein und weist ganz am Anfang darauf hin, dass sie die heutigen, in den letzten Jahrzehnten geprägten Begriffe (und das waren eine Menge) nicht auf die Geschichte der vergangenen Epochen anwenden lassen – was gut und richtig ist. Erst danach steigt er in der Antike ein, als London gerade im Entstehen und in römischer Hand war und führt durch die Geschichte der Stadt. Dabei nutzt er vor allem Briefe, Tagebucheinträge, schriftliche Überlieferung, teils halbwahre Gerüchte und Legenden, die er in die jeweiligen Beschreibungen der Zeit einbettet, später auch Zeitungsartikel und Gerichtsakten. Er berichtet von vielen queeren Männern und Frauen, letztere machen einen verhältnismäßig geringen Anteil an „Queer London“ aus, was nicht verwundert, wurden ihre Belange doch zumeist unter den Tisch gekehrt und kamen auch sonst kaum zur Sprache. So ist es schön, dass sich der Autor zumindest in zwei Kapiteln mit der weiblichen Homosexualität auseinandersetzt und dazu Fallbeispiele und Geschichten zusammengetragen hat. Ansonsten geht es vorwiegend um männliche Homosexualität in all ihren Facetten, der Auslebung der Homosexualität – mal im stillen Kämmerlein, mal im öffentlichen Raum. Transsexualität kommt erst in den letzten Abschnitten vor, da dieses Thema erst in den letzten Jahrzehnten wirklich an Bedeutung gewonnen hat. Der Autor liefert lediglich viele Beispiele für „Crossdressing“, in der sich Frauen als Männer und Männer als Frauen verkleideten, um eine gleichgeschlechtliche Beziehung zu führen oder mehr Chancen im Leben zu haben. So spannend und informativ die vielen Geschichten, Anekdoten und Geschichtseinträge sind, so wenig reflektiert sind sie seitens des Autors – man sollte sich auf jeden Fall selbst weiterbilden, wenn man an den geschichtlichen Hintergründen und weitere queer-historische Sachbücher lesen, wenn man an dem Thema interessiert ist. Ebenso wenig kann man von den teils stark polarisierenden Beispielen wirklich auf die jeweilige Epoche schließen – vieles lässt sich heute wahrscheinlich nur noch schwer rekonstruieren, da man kaum passendes Quellenmaterial finden dürfte (von den Ereignissen des 19./20. Jahrhunderts einmal abgesehen). Wer ein umfangreicheres, differenzierteres Bild haben möchte, müsste sich nach weiteren Sachbüchern dieser Art umsehen – vielleicht sogar solche, die sich ausführlich mit den verschiedenen Epochen auseinandersetzen. Nichtsdestotrotz ist „Queer London“ spannend und informativ, gibt zumindest rudimentär Einblicke in einige düstere Zeiten der Menschheitsgeschichte und liefert eine gute Grundlage queerer Geschichte. Peter Ackroyd hat einen tollen, fesselnden Stil, der dafür sorgt, dass es nie zu trocken wird, ganz gleich wie viele Ereignisse er aneinanderreiht und wie viele queere Persönlichkeiten er kurz vorstellt. Er bleibt stets sachlich, nutzt das (teils deftige und degradierende) Vokabular der jeweiligen Zeit (meist finden sich diese Begriffe in den Zitaten und Einträgen der jeweiligen Epoche) und beschränkt sich auf die Wiedergabe der Ereignisse, ohne meinungsbildend zu sein – was bei einem Sachbuch meiner Meinung nach ungeheuer wichtig ist. Der Autor überlässt es dem Leser, die Informationen, die er zusammengetragen hat, selbst zu analysieren und für sich zu bewerten. Fazit: „Queer London“ ist ein gelungenes, informatives Sachbuch, das einen guten Überblick über die verschiedenen Epochen und das Leben queerer Menschen in London gibt. Peter Ackroyd gibt auf knapp 300 Seiten einen guten Einstieg ins Thema, bleibt jedoch weitestgehend oberflächlich und an manchen Stellen auch unreflektiert. Wer sich für queere Geschichte interessiert und wenig Lust hat, sich durch Unmengen an Sachbüchern zu lesen, sollte dem Buch eine Chance geben – es ist informativ und spannend umgesetzt. Historiker und Leser, die auf eine detailliertere Ausarbeitung der Epochen hoffen, sollten sich andere Sachbücher zu Gemüte führen. Am Besten einen Blick ins Buch werfen …

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