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Rezension zu
Ich bin China

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Den Bann brechen

Von: Angelika liest
20.04.2015

Klappentext In einem Land, in dem die Freiheit ein rares Gut ist, sind die beiden Liebenden Mu und Jian Teil einer subversiven jungen Künstlerszene. Mit Musik und Literatur kämpfen sie gegen die politische Unterdrückung und für das Recht ihrer Generation, frei zu leben. Bis sie die zerstörerische Kraft der chinesischen Staatsmacht zu spüren bekommen und Jian nach Europa fliehen muss. Dort beginnt für ihn eine Odyssee, beschrieben in seinen Briefen an Mu. Die Übersetzerin Ilona, der die Briefe in die Hände fallen, wird von der Geschichte der beiden in den Bann gezogen und beschließt ihnen zu helfen – doch die Zeit arbeitet gegen sie. „Ich habe mich immer mehr mit diesen beiden Menschen und ihrer Geschichte identifiziert, mich ganz auf sie eingelassen. Sie haben sich mir geöffnet, als wollten sie der ganzen Welt ihr Innerstes Offenbaren. Und ich bin Teil dieser Offenbarung geworden.“ (Seite 404) Iona Kirpatrick lebt allein in London und ist Übersetzerin. Vor einiger Zeit ist ein Verlag an sie herangetreten und bat sie eine Sammlung chinesischer Briefe und Tagebücher zu übersetzen. Die Sammlung ist ein ungeordneter Papierstapel. Und so beginnt sie einfach. Doch die Texte sind schwierig und ohne Hintergrundinformationen kommt sie nur schwerlich voran. Doch Tag für Tag erfährt sie mehr. Sie lernt Mu und Jian durch ihre Briefe und Tagebucheinträge kennen. Recherchiert im Internet und fragt beim Verlag nach. Und je mehr sie sie sich mit dem Leben der beiden beschäftigt, desto tiefer taucht sie in deren Leben ein und verfällt ihrer Geschichte. „Schließlich begreift Jian, was Brandon ihm erklären will: Weil sein Visum er wieder gültig ist, wenn er als Flüchtling anerkannt wird, hat er gar keinen Status mehr. Er ist eine „Unperson“. Eine „Unperson“? „Sie gehören zu keinem Land mehr“, hatte der Einwanderungsbeamte gesagt. Unperson. Das Wort klingt so absurd, dass es fast chinesisch sein könnte.“ (Seite 66) Jian und Mu sind ein chinesisches Liebespaar. Sie lernen sich in der Künstlerszene kennen. Mu schreibt literarische Texte und Jian ist Sänger und Texter einer PunkRock Band. Beide kämpfen für Meinungsfreiheit und gegen politische Unterdrückung. Jian schreibt ein Manifest und verbreitet es auf einem seiner Gigs. Das führt dazu, dass er in Haft genommen wird. Jian wird gefoltert und verhört. „In Amerika geben sie dir das Gefühl, dass du wichtig und mächtig werden kannst, wenn du nur dein Ziel fest im Auge behältst und dein ganzes Leben darauf ausrichtest. Das ist vielleicht der größte Unterschied zu China: Wir ackern unser Leben lang wie die Büffel, und es wird trotzdem nichts aus uns.“ (Seite 167) Mu sucht ihren Geliebten und kann ihn nicht finden. Es ist so, als habe Jian nie existiert. Allein, schließt sie sich einer Gruppe an und tritt fortan mit anderen Künstlern auf. Sie reist durch Amerika und ist immer auf der Suche nach Jian. Endlich erreichen sie eines Tages Briefe von ihm. Briefe, die traurig klingen und hoffnungslos. „Wenn ich Woody Guthrie wäre, würde ich singen: „This land is not my land, this land is not for you or me.“ China ist weit weg. Du bist weit weg. Und mein Manifest sagt den Menschen in diesem Land nichts.(…) Ich vermisse meine Heimat. Es gibt für mich keinen Grund, hier Wurzeln zu schlagen, der Boden unter meinen Füßen ist mir fremd. Meine Wurzeln wurden ausgerissen und sind vertrocknet.“ (Seite 307) Jian flieht schließlich von China nach England ins Exil. Dort sitze er zunächst in einer Psychiatrischen Klinik. Später kann er dann in das Schutzzentrum für Asylsuchende in die Schweiz einreisen. Aber egal wo Jian ist, er fühlt sich leer, allein und Heimatlos. Seine Sehnsucht nach Mu und seiner Heimat wir immer größer. „Erinnerst Du Dich an den Satz aus „Frankenstein“, den wir immer zitiert haben? „Mein Mut ist groß und mein Entschluss steht fest; aber mein Selbstvertrauen hat oft gegen tiefste Entmutigung anzukämpfen.“ Damit ist meine Stimmung perfekt beschrieben.“ (Seite 88) Dieses Buch ist etwas ganz besonders. Zuerst muss ich diesmal auch etwas zur Aufmachung sagen. Jedes Kapitel fängt mit chinesischen Schrift- und Lautzeichen an … https://www.facebook.com/angelikaliest/photos/a.525365204272751.1073741829.519956368146968/556145904528014/?type=1 … und immer wieder kommen Schriftstücke wie dieses darin vor … https://www.facebook.com/angelikaliest/photos/a.525365204272751.1073741829.519956368146968/556146897861248/?type=1 Für mich machen solche „Kleinigkeiten“ in einem Buch das Ganze zu etwas besonderem. Gerade in dieser Geschichte, in der Briefe und Tagebucheinträge übersetzt werden, finde ich es besonders schön. Das gibt mir als Leserin ein Gefühl von „nahe dran“ sein. Im Verlauf des Buches erfahre ich, dass das übersetzen von Texten gar nicht so einfach ist. Das es Fingerspitzengefühl braucht, um gerade aus dem chinesischen die richtigen Worte zu finden. Denn allein die Satzstellung ergibt unter Umständen einen vollkommen anderen Inhalt wieder. Für mich als Lai war das sehr faszinieren. Dieses Buch lässt sich nicht sehr leicht lesen, will man die Komplexität der Geschichte verstehen. Will man Jian verstehen. Auf der einen Seite sprechen die jungen Menschen in China von Revolution und von der Freiheit auf Meinungsäußerung. Sie sind gegen die Regierung, deren Macht und Machtmissbrauch die diese ausübt. Und dann ist da aber auch Liebe zu einem Land, zur Heimat, die mich die innere Zerrissenheit von Mu und Jian spüren lässt. Mir ergeht es ähnlich wie Iona. Auch ich werde von dieser Geschichte in den Bann gezogen. Mich berührt es, wie sehr die beiden für eine bessere Zukunft kämpfen, dabei ihr Leben und ihre Liebe riskieren. Jians Einsamkeit im Exil und seine Sehnsucht nach China, seiner Heimat gehen mir unter die Haut. „Den Bann brechen Ich bin China. Wir sind China. Das Volk. Nicht der Staat.“ (Seite 417) Wer sich nicht scheut ein Buch zu lesen, dass einem ein Einblick in die Politik Chinas gibt und den Leser fordert, das Gelesene zu reflektieren, der sollte dieses Buch unbedingt lesen! Sage es mir, und ich werde vergessen. Zeige es mir, und ich werde mich erinnern. Lass mich teilhaben, und ich werde verstehen. Xun Zi (Philosoph, Zeit der Streitenden Reiche, 475-221 v. Chr.)

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