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Rezension zu
Nachts sind das Tiere

Lanzarote, Politik, Selbstbestimmung & mehr: Essays 2005 - 2014

Von: Inas Bücherkiste
13.12.2019

Bei diesem Buch habe ich schon beim Lesen des ersten Textes unwillkürlich zustimmend genickt. Es handelt sich um das Vorwort zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in einer 2005 von der Büchergilde Gutenberg herausgegebenen Edition. In 'Auf der anderen Straßenseite' beschäftigt sich Juli Zeh mit dem schleichenden Verlust der Menschenrechte. Nicht nur in Staaten, die hier schon länger in Generalverdacht stehen wie z. B. China oder die Türkei, sondern auch in Deutschland und anderen westlichen Ländern. Der Text ist ein guter Auftakt zu der Essay-Sammlung "Nachts sind das Tiere" der Schriftstellerin und Juristin, in der einige ihrer Reden und Essays aus den Jahren 2005 bis 2014 vorgestellt werden. Es geht dort um die Gefahren, die die Rasterfahndung, die Registrierung bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getretener Bürger per Fingerabdruck oder die sich ausweitenden Abhörbefugnisse von Behörden für die Gesellschaft und den einzelnen Bürger mit sich bringen. Dieser Faden wird in weiteren Texten aufgegriffen und das Thema um einige Facetten erweitert. Zeh markiert den zeitlichen "Startschuss" für die Maßnahmen, die die Politik für nötig hält, um die Bürger vor dem Terrorismus zu schützen. Sie zeigt auf, welchen Risiken wir tatsächlich ausgesetzt sind und was von Ankündigungen islamistischer Terroristen, zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Anschlag zu verüben, zu halten ist. Die Autorin schafft es, mit ihrer klaren und eindringlichen Sprache auch diejenigen Leser zu sensibilisieren, die sich bislang über die Datensicherheit, die Sinnhaftigkeit der derzeitigen Terrorismusprävention und den Umgang mit ihren persönlichen Daten keine Gedanken gemacht haben. Juli Zeh ist eine leidenschaftliche Verfechterin des Erhalts der freiheitlichen Grundsätze und der Demokratie. Sie stemmt sich gegen den schon seit Jahren währenden Trend, Menschenrechte als etwas anzusehen, dass man sich nur in guten Zeiten leisten kann, nicht aber "in Zeiten wie diesen", wie es Politiker und Lobbyisten immer wieder gern betonen. Und sie gibt ihrer Sorge Ausdruck, dass die Menschenrechte, die über mehrere hundert Jahre hinweg gewachsen sind, für als besonders schwerwiegend proklamierte Probleme geopfert werden. Zeh zitiert Benjamin Franklin, einen der Gründerväter der USA, mit einer etwa 200 Jahre alten Äußerung: "They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety deserve neither liberty nor safety."* Also: "Wer die grundlegende Freiheit aufgeben kann, um ein wenig vorübergehende Sicherheit zu erlangen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit." Auch mit ihrer Kritik an Kanzlerin Angela Merkel hält Zeh nicht hinterm Berg. Merkel ist für sie die Vertreterin eines Schlingerkurses, die nichts tut, um dem deutschen Bildungsnotstand ernsthaft etwas entgegenzusetzen und das Thema Datenschutz konsequent ignoriert. Man muss sich klar machen, dass die vorgestellten Reden und Essays zwischen fünf und 14 Jahren alt sind. Bei den meisten von ihnen wäre es problemlos möglich, klammheimlich das Datum ihres Entstehens zu löschen und das heutige einzusetzen. Dass sich so wenig in so langer Zeit bewegt hat, sollte uns wirklich Sorgen machen. Empfehlung: auf jeden Fall lesen!

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